Putin: „Wer ist er schon? Wenn man das gewollt hätte, dann hätte man es auch zu Ende geführt“

Wladimir Putin auf der Jahrespressekonferenz. Bild: Kreml/CC BY-SA-4.0

Auf seiner Jahrespressekonferenz nahm Wladimir Putin Stellung zum Fall Nawalny. Er stellte den Anschlag als eine Art Inszenierung dar, um Nawalny bekannt zu machen. Russische Abgeordnete fordern die Einleitung von Ermittlungen.

Gerade haben Medien im  Gefolge von Bellingcat und dem russischen Anleger The Insider angeblich aufgedeckt, welches angebliche Elite-Team des russischen Geheimdienstes FSB den Oppositionspolitiker Alexei Nawalny seit Jahren verfolgt und ihn auf Befehl von Wladimir Putin mit Nowitschok töten wollten. Das sei nicht nur zweimal misslungen, die Geheimdienstagenten sollen auch so unvorsichtig gewesen sein, dass man ihre Reisen, ihre Lokalisierungsdaten und die Metadaten ihrer Kommunikationsverbindungen nachverfolgen konnte (Neue „Enthüllungen“ über den Nowitschok-Anschlag auf Nawalny).  Die „Fehler“ der Geheimdienstagenten werden von Meduza aufgelistet

Im Grunde würde das heißen, der russische Geheimdienst mitsamt den Nowitschok-Entwicklern ist eine Versagertruppe, die das angeblich tödlichste Nervengift nicht anwenden kann, wobei die Frage überhaupt ist, warum auf solche komplizierten Mittel überhaupt zurückgegriffen wird. Seltsam ist auch, warum Putin und seine Geheimdienste derart dämonisiert werden, wenn doch nichts wirklich klappt. Aber lustig machen geht nicht, weil man dann wahrscheinlich einen benötigten Feind einbüßt.

Nawaly, der in Russland keine sonderlich  große Bedeutung hatte, aber in der Opposition eine wichtige Rolle spielte und von reichen  Exilrussen gesponsert wird, wurde als der Hauptgegner des Kreml und von Putin hochgespielt, um begreiflich zu machen, warum das Putin-System ihn beiseiteschaffen wollte. Angeblich sollen die Proteste in Belarus zur Entscheidung geführt haben, ihn zu töten, um ähnliche Proteste in Russland zu verhindern.

Putin nahm in seiner in diesem Jahr virtuellen Jahrespressekonferenz auch Stellung zum Nawalny-Fall . Er sagte, wenn man Nawalny hätte wollen, dann hätte man das „sehr wahrscheinlich“ auch getan. Das soll natürlich die Leistungsfähigkeit der Geheimdienste herausstreichen. Die Agenten wüssten genau, wann sie Handys benutzen können und dass ihre Lokalisierungsdaten verfolgt werden können. Nawalny, der „Patient von Berlin“, sei unterstützt worden von westlichen Geheimdiensten. Daher sei dies interessant, und natürlich sollten die russischen Geheimdienste ihn deswegen  beobachten: „Das bedeutet aber überhaupt nicht, dass sie ihn vergiften.“ Und er fügte an, dass er angeblich sofort, als Nawalnys Frau sich an ihn

gewandt hatte, genehmigt habe, dass er nach Deutschland ausgeflogen werden kann.

„Es ist ein Trick, die Menschen an der Spitze anzugreifen“

Auffällig ist, dass Putin nicht eindeutig die Beschuldigung zurückwies, dass der Kreml hinter dem Anschlag steht. Auffällig ist auch, dass er nicht auf die möglichen Täter hinweist, nur einmal kurz von westlichen Geheimdiensten spricht, ohne sie direkt zu beschuldigen. Daraus könnte man schließen, dass er sich eine Hintertüre offenlassen will, aber, falls die russischen Geheimdienste nicht wirklich dafür verantwortlich sind, dass deren Kenntnisse über solche Vorgänge auf russischem Territorium gering sind.

Putin unterstellt Nawalny hingegen Trickserei. Darauf würde die allgemeine Öffentlichkeit nicht achten: „Es ist ein Trick, die Menschen an der Spitze anzugreifen. Diejenigen, die das inszenieren, versetzen sich in eine gewisse Höhe, auf der sie sagen können: Schau mit wem ich spreche? Ich bin eine Person desselben Kalibers, daher behandelt mich als Person landesweiter Bedeutung. Es ist ein bekannter Trick, der im politischen Geschäft auf der ganzen Welt eingesetzt wird.“

Putin hatte Nawalny schon einmal unterstellt, den Anschlag inszeniert zu haben. Das ist wohl abwegig, aber die Erhöhungsstrategie, von der er spricht, hat zumindest die Bundesregierung schnell verwendet, um den Anschlag politisch ausschlachten zu können. Nawalny wurde nicht nur die Einreise in Deutschland gewährt, Außenminister Heiko Maas sprach von einem „Angebot“ zur Aufnahme und Behandlung  Zuvor hatte bereits Bundeskanzlerin Merkel diese Bereitschaft signalisiert und damit bekundet, dass der Fall Nawalny und damit die als humanitäre Aktion legitimierte Einmischung in russische Innenpolitik ein Top-Regierungsthema ist. Vermutlich hat Merkel über Finnlands Präsidenten Sauli Niinistö auch Druck auf Putin ausgeübt. Nach einem Telefonat mit Merkel hatte dieser mit Putin gesprochen.

Ein deutliches Zeichen, den Fall Nawaly politisch zu instrumentalieren, war auch, ihn im Krankenhaus wie einen gefährdeten Staatsgast durch BKA-Beamte zu beschützen, nach dem Befund des Bundeswehrlabors eine Regierungserklärung zu geben und Nawalny, wie dies Merkel machte, dann auch noch im Krankenhaus zu besuchen.

Bislang fanden in Russland offiziell keine Emittlungen statt

In Russland wurde wegen des Anschlags bislang keine Ermittlungen aufgenommen,  da nach Ärzten des Krankenhauses in Omsk, in dem Nawalny behandelt und wahrscheinlich durch Verabreichung von Atropin gerettet wurde, angeblich bei ihm kein Gift gefunden worden sei. Jetzt fordern  sieben Abgeordnete der Duma der Stadt Tomsk den Leiter des Untersuchungsausschusses auf, ein Strafverfahren wegen versuchten Mordes an dem Politiker Alexei Navalny und wegen der Entwicklung chemischer Waffen einzuleiten. „Wir sind besorgt darüber, dass in unserer Stadt chemische Waffen gegen einen russischen Staatsbürger eingesetzt wurden und dass dies unter direkter Beteiligung des Staates geschah.“

Abgeordneten von St. Petersburg wandten sich an den Direktor des FSB, Alexander Bortnikov, und forderten, die mögliche Beteiligung der Sonderdienste an der Vergiftung des Oppositionellen zu untersuchen.

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