Steigende Wut zeigt sich nach Inhaftierung von Rapper in Spanien

Tausende hatten sich am Dienstag zum Protest gegen Hasels Inhaftierung in Barcelona versammelt. Bild: R. Streck

In der zweiten Nacht in Folge kam es zu Zusammenstößen, die sich aus Katalonien auch in andere spanische Städte und in die Hauptstadt Madrid ausgeweitet haben

Erneut haben am späten Mittwoch im spanischen Staat zahllose Menschen gegen die Inhaftierung des Rappers Pablo „Hasel“ protestiert, bei denen mehr als 50 Menschen festgenommen und etliche verletzt wurden. Pablo Rivadulla, wie er mit bürgerlichen Namen heißt, war am frühen Dienstag aus der Universität in seiner Heimatstadt im katalanischen Lleida gezerrt worden, in der er sich mit Anhängern am vergangenen Freitag eingeschlossen hatte. An diesem Tag lief die Frist ab, an der er die gegen ihn verhängte Haftstrafe antreten sollte. Anders als sein Freund Valtònyc ging dieser Rapper nicht ins sichere belgische Exil, da Belgien Menschen wie ihn nicht an Spanien ausliefert.

Allein in Lleida gingen gestern Abend erneut mehr als 1000 Menschen auf die Straße und zogen erneut vor das Gefängnis, um sich mit dem Musiker zu solidarisieren. In dem Gefängnis ist der Rapper inhaftiert, der nun eine Strafe von mindestens 9 Monaten absitzen soll. Die kann sich auf 2,5 Jahren  ausweiten, da verhängte Geldstrafen, die er nicht bezahlt, dann vermutlich zu Haftstrafen umgewandelt werden.

Schon am späten Dienstag kam es vor allem in Katalonien zu großen Demonstrationen, die sich am Mittwoch auf das gesamte Land ausgeweitet haben. Allein in der katalanischen Metropole Barcelona hatten etliche tausend Menschen protestiert. Am Mittwoch sollen es, nach Angaben der Stadtpolizei, 2200 gewesen sein. Erneut kam es dabei zu Zusammenstößen, als die Polizei den geplanten Demonstrationsweg versperrte. Die Wut über die Inhaftierung von Hasel ist groß und gesellt sich zu einem großen Frust vieler junger Menschen, der seit längerer Zeit zu beobachten ist.  So hatten am Dienstag in der katalanischen Kleinstadt Vic wütende Demonstranten auch eine Polizeiwache der katalanischen Mossos d’Esquadra angegriffen. Die hatten die vom spanischen Nationalen Gerichtshof angeordnete Inhaftierung vorgenommen.

„Es soll in den Knästen widerhallen. Weder Richter noch Staatsanwälte,noch Borbonenkönige!“. Bild: R. Streck

„Tod des faschistischen Staat“

Die Wut war am Mittwoch in Barcelona sogar noch größer, da dort am Vortag wieder einmal einer jungen Frau ein Auge mit einem Gummigeschoss ausgeschossen wurde.  Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International fordern eine umfassende Aufklärung.

Da in Katalonien Gummigeschosse verboten sind, werden sogenannte „Foam“-Geschosse verschossen. Opfer von Gummigeschossen hatten erwartet, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis Menschen über Foam-Geschosse ihr Augenlicht verlieren würden.  Da hilft es jetzt wenig, wenn – wieder einmal – eine Untersuchung eingeleitet wird und die Polizeiführung die Vorgänge „zutiefst bedauert“.

 

Die Parole von Hasel, die er bei seiner Verhaftung ausgegeben hat, wurde am Mittwoch auch in verschiedenen spanischen Städten skandiert. „Tod dem faschistischen Staat“, hatte der Künstler bei gerufen. Dieser Ruf hallt nun in den Straßen vieler Städte wider. Zu massiven Zusammenstößen kam es am Mittwoch aber auch in verschiedenen spanischen Städten wie im andalusischen Granada, im galicischen Vigo oder in Madrid. In der spanischen Hauptstadt prügelte die Polizei wahllos auf Demonstranten ein, die sich auf dem zentralen Platz im Zentrum versammelt hatten. Auch dort wurden im Anschluss brennende Barrikaden errichtet. Der spontane Protest, über soziale Medien organisiert, war nicht angemeldet. Aber genau dagegen wenden sich die Demonstrationen auch, denn das Demonstrationsrecht wird über das Maulkorbgesetz massiv eingeschränkt, das auch dazu gedient hat, Pablo Hasel ins Gefängnis zu werfen.

„Borbonenkönig, du Hurenbock, gib mir mein Geld zurück“. Bild: R. Streck

Die sozialdemokratische Regierung hat es in mehr als einem Jahr nicht geschafft, das Gesetz auch nur zu reformieren

Die Sozialdemokraten (PSOE) und ihr Koalitionspartner Unidas Podemos (UP) hatten vor den Wahlen noch eine Streichung versprochen. Das Gesetz der ultrakonservativen Vorgänger hatte spanische Richtervereinigungen und die New York Times an die „finsteren Tage“ der Franco-Diktatur erinnert. UNO-Experten hatte es scharf kritisiert, da zahlreiche Vorgänge als „Terrorismus“ definiert werden und zu „unverhältnismäßigen Einschränkungen bei der Ausübung der Meinungsfreiheit führen“ können.

Verurteilt wurde Hasel in einem zweifelhaften Verfahren am Nationalen Gerichtshof in Madrid für drei Vergehen: Beleidigung des Königshauses, Terrorismusverherrlichung und Beleidigung staatlicher Institutionen. Er hatte den früheren König auch über Twitter immer wieder als „Dieb“, „Mafioso“ oder „Schmarotzer“ bezeichnet.  Juan Carlos, der aus Spanien geflohen ist, hat derweil seinen Steuerbetrug sogar eingeräumt. In der Schweiz, wo er keine „Unantastbarkeit“ genießt, wird auch wegen Korruption und Geldwäsche gegen ihn ermittelt.

Wie man Organisationen wie die Grapo verherrlichen kann, die es seit vielen Jahren nicht mehr gibt, ist auch zweifelhaft und ein Ergebnis des Umdefinierens von Terrorismusvergehen. Hasel ist verbalradikal, er hatte zum Beispiel erklärt, der Bürgermeister Lleidas habe „einen Schuss“ verdient. Es zeigt sich aber, dass in Spanien mit zweierlei Maß gemessen wird. Denn gegen Journalisten wird nicht einmal ermittelt, die mit Bomben in bayrischen Biergärten drohen. Das gilt auch für hochrangige Militärs, die von einem neuen „Putsch“ in Spanien träumen, die „26 Millionen Hurensöhne“ erschießen wollen, darunter auch alle Angehörigen der Regierung.

Auch viele Künstler, Schriftsteller und Journalisten hatten sich gegen die Inhaftierung von Hasel ausgesprochen, darunter auch der bekannte Filmemacher Pedro Almodovar. In einem Manifest wurde die „Verfolgung von Rappern, Twitterern, Journalisten und Vertretern der Kultur“ angeprangert, „weil sie ihr Recht auf Meinungsfreiheit auszuüben versuchen“.  Sie vergleichen Spanien schon mit Marokko und der Türkei und fordern eine Strafrechtsreform, damit die Meinungsfreiheit gesichert wird.

Die Regierung, in der auch wegen dem Fall Hasel die Widersprüche zwischen PSOE und UP zunehmen, hatte vor den bedeutsamen Wahlen in Katalonien  eine Prüfung des Maulkorbgesetzes angekündigt. Der Rapper hatte diesen Vorstoß als Maßnahme bezeichnet, die demobilisieren soll, da angesichts seines Falls im ganzen Land protestiert wird. Das Ziel sei, sich mit „Versprechen“ erneut „reinzuwaschen“, dabei habe man das Maulkorbgesetz sogar ausgeweitet.

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