Baerbock sieht „Pokerspiel“ Russlands: „Die Gaslieferungen wurden gehörig nach unten gefahren“

Bild: Nord Stream 2 / Nikolai Ryutin

Die Grünen-Chefin will weiter Nord Stream 2 verhindern. Gazprom gab bekannt, in diesem Jahr mehr Gas in EU-Länder geliefert zu haben, nach Deutschland 28 Prozent mehr als im Vorjahr.

Annalena Baerbock versucht weiter, Nord Stream 2 zu verhindern – obgleich die Gaspreise in die Höhe schießen und zu wenig Gas auf dem Markt ist. Offenbar ist der Grünenchefin etwa amerikanisches, mit Tankern transportiertes Frackinggas lieber als das russische Erdgas in der Pipeline, denn um die Lücke zu füllen, können die Erneuerbaren nicht so schnell ausgebaut werden. In den Sondierungsergebnissen (Rot-grün-gelbe Sondierungsergebnisse: Von wegen “Zukunftskoalition” und Fortschritt) steht allerdings, dass bis 2030 der Ausstieg aus der Kohle erfolgen soll: „Das verlangt den von uns angestrebten  massiven  Ausbau  der  Erneuerbaren  Energien  und  die  Errichtung  moderner Gaskraftwerke, um den im Laufe der nächsten Jahre steigenden Strom-und Energiebedarf zu wettbewerbsfähigen Preisen zu decken.“

 

Man dürfe sich nicht „erpressen“ lassen, Russland spiele ein „Pokerspiel“. Barbock plädiert dafür, die Pipeline nicht zu genehmigen, und sieht im europäischen Energierecht die Möglichkeit, da dort der Gasproduzent nicht auch der Pipelinebetreiber sein darf. Gazprom müsste nicht die Beteiligung verkaufen, sondern könnte die Kontrolle an die Pipelinefirma übertragen, um das Gesetz einzuhalten. Die Pipelinefirma hat bereits eine Zertifizierung bei der Bundesnetzagenturt beantragt, die derzeit die Genehmigung prüft und bis 8. Januar entscheiden muss. Wenn die Genehmigung vorher erteilt würde, könnte auch schneller Gas nach Deutschland fließen und den Markt etwas entspannen. Die erste Leitung ist nach Gazprom bereits betriebsbereit und wurde mit technischem Gas befüllt.

Erpressung setzt allerdings voraus, dass Russland oder vielmehr Gazprom Gaslieferungen zurückhält. Das haben manche Kritiker schon geäußert, Baerbock sieht dies auch so: „Die aktuell hohen Gaspreise wiederum sind zunächst einmal die Folge von hoher Nachfrage und geringem Angebot. Dabei lässt sich auch ein Pokerspiel Russlands beobachten: Die Gaslieferungen wurden gehörig nach unten gefahren.“ Und Baerbock unterstellt weiter: „Das Problem ist, dass Russland zwar vertragsgemäß Gas nach Europa liefert, aber die Gasspeicher vergleichsweise leer sind. Das dürfte von russischer Seite aus bewusst so herbeigeführt worden sein, um so die schnelle Inbetriebnahme von Nord Stream 2 zu erzwingen.“

Der russische EU-Botschafter Vladimir Chizhov wiederholte gestern wieder einmal die Position Moskaus. Man habe nichts mit den Gasproblemen der EU zu tun, die seien hausgemacht. Niemand bestreite, dass Russland seine vertraglichen Verpflichtungen einhält. Russland habe nichts dagegen, mehr Gas zu liefern, aber dazu müssten „konkrete Käufer Gazprom kontaktieren und Anfragen zu entsprechenden Preisen einreichen. Es gibt keine Anfragen, weil der Marktpreis so hoch ist, dass sie darüber zweimal nachdenken müssen.“ Dazu siehe das kuk-Gespräch mit dem Energiemarkt-Experten Heiko Lohmann: “Ich kann nicht erkennen, dass Gazprom eine Verpflichtung hat, mehr Gas zu liefern”.

Gleichzeitig veröffentlichte Gazprom vorläufige Zahlen über die Gasproduktion der letzten 9,5 Monate. Danach wurden mit 399.4 Kubikmeter Gas 16,6 Prozent mehr gefördert als im selben Zeitraum ein Jahr zuvor. Auch außerhalb der ehemaligen Sowjetstaaten exportiere Gazprom Gas fast in Rekordhöhe. Entgegen den Behauptungen von Baerbock und Co. erklärt Gazprom, dass in viele europäische Länder mehr Gas geliefert wurde als im Jahr zuvor: nach Deutschland + 28,2%, nach Polen +10%, nach Finnland +112,1%, nach Italien +16,3% oder nach Rumänien sogar +288,6%.

Ähnliche Beiträge:

Ein Kommentar

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert