Countdown zum Dritten Weltkrieg?

Bild: priyampatel4/Pixabay.com

Er könnte schneller kommen, als Sie denken

 

Als das Verteidigungsministerium Anfang November seinen Jahresbericht über die militärische Stärke Chinas veröffentlichte, sorgte eine Behauptung weltweit für Schlagzeilen.  China wird, so heißt es, bis zum Jahr 2030 wahrscheinlich über 1000 nukleare Sprengköpfe verfügen – dreimal mehr als heute und genug, um eine erhebliche Bedrohung für die Vereinigten Staaten darzustellen. Eine Schlagzeile der Washington Post drückte es bezeichnenderweise so aus: „China beschleunigt den Ausbau von Atomwaffen und strebt laut Pentagon 1000 oder mehr Sprengköpfe an.“

Die Medien ignorierten jedoch weitgehend eine viel wichtigere Behauptung in demselben Bericht: dass China bis 2027 in der Lage sein wird, eine „intelligente“ Kriegsführung (“intelligentized” warfare, d.h. eine auf Künstlicher Intelligenz beruhende Kriegsführung) zu betreiben, die es den Chinesen ermöglichen würde, sich wirksam gegen jede militärische Reaktion der USA zu wehren, falls diese beschließen sollten, auf die Insel Taiwan einzumarschieren, die sie als abtrünnige Provinz betrachten. Für die Nachrichtenleute dieser Stunde mag das weit weniger schlagzeilenträchtig sein als diese zukünftigen Sprengköpfe, aber die Auswirkungen könnten nicht folgenreicher sein. Lassen Sie mich Ihnen also eine einfache Übersetzung dieser Erkenntnis anbieten: Nach Ansicht des Pentagons sollte man sich darauf einstellen, dass der Dritte Weltkrieg jederzeit nach dem 1. Januar 2027 ausbrechen kann.

Um zu verstehen, wie erschreckend diese Berechnung ist, müssen vier Schlüsselfragen beantwortet werden. Was versteht das Pentagon unter „intelligenter“ Kriegsführung? Warum wäre es so bedeutsam, wenn China dies erreichen würde? Warum gehen US-Militärs davon aus, dass ein Krieg um Taiwan ausbrechen könnte, sobald China eine solche Kriegsführung beherrscht? Und warum würde ein solcher Krieg um Taiwan mit ziemlicher Sicherheit zu einem Dritten Weltkrieg führen, der mit großer Wahrscheinlichkeit in einen Atomkrieg münden würde?

Warum „Intelligenz“ wichtig ist

Betrachten wir zunächst die „intelligent  gemachte“ (intelligentized) Kriegsführung. Pentagon-Vertreter behaupten routinemäßig, Chinas Militär, die Volksbefreiungsarmee (PLA), sei den USA bereits zahlenmäßig überlegen – mehr Truppen, mehr Panzer, mehr Flugzeuge und vor allem mehr Schiffe. Sicherlich spielen Zahlen eine Rolle, aber in der Art von hochtouriger „Multidomänen“-Kriegsführung, die sich amerikanische Strategen für die Zukunft vorstellen, wird die „Informationsdominanz“ – in Form von überlegener Intelligenz, Kommunikation und Schlachtfeldkoordination – voraussichtlich eine größere Rolle spielen. Nur wenn die PLA auf diese Weise „intelligent“ ist, so die Überlegung, wird sie in der Lage sein, die US-Streitkräfte mit Aussicht auf Erfolg anzugreifen.

Der maritime Aspekt des militärischen Gleichgewichts zwischen den beiden Weltmächten wird als besonders kritisch angesehen, da erwartet wird, dass jeder Konflikt zwischen ihnen entweder im Südchinesischen Meer oder in den Gewässern um Taiwan ausbrechen wird. Washingtoner Analysten betonen regelmäßig die Überlegenheit der PLA in Bezug auf die schiere Anzahl von Marine-„Plattformen“. In einem im Oktober veröffentlichten Bericht des Congressional Research Service (CRS) heißt es beispielsweise: „Chinas Marine ist bei weitem die größte aller ostasiatischen Länder, und in den letzten Jahren hat sie die US-Marine hinsichtlich der Anzahl der Kampfschiffe überholt, was Chinas Marine zur zahlenmäßig größten der Welt macht.“ Aussagen wie diese werden von den Falken im Kongress routinemäßig angeführt, um mehr Mittel für die Marine zu sichern und die „Lücke“ zwischen den beiden Ländern zu schließen.

Ein sorgfältiger Blick auf vergleichende Marineanalysen legt jedoch nahe, dass die USA in kritischen Bereichen wie Aufklärungsarbeit, Zielerfassung, U-Boot-Bekämpfung und Datenaustausch zwischen unzähligen Kampfplattformen – manchmal auch als C4ISR (für Command, Control, Communications, Computers, Intelligence, Surveillance und Reconnaissance) oder, um die chinesischen Begriffe zu verwenden, als „informatisierte“ und „intelligent gemachte“ Kriegsführung bezeichnet – nach wie vor einen deutlichen Vorsprung haben.

„Obwohl die Modernisierung der chinesischen Marine in den letzten Jahren zu einer erheblichen Verbesserung der chinesischen Marinefähigkeiten geführt hat“, heißt es in dem CRS-Bericht, „wird Chinas Marine derzeit in bestimmten Bereichen als begrenzt oder schwach eingeschätzt, wozu gemeinsame Operationen mit anderen Teilen des chinesischen Militärs, die U-Boot-Bekämpfung und die Fernzielerfassung gehören.“

Das bedeutet, dass die Chinesen derzeit bei jeder bedeutenden Begegnung mit den amerikanischen Streitkräften über Taiwan, bei der die Beherrschung von Überwachungs- und Zieldaten entscheidend für den Sieg wäre, stark benachteiligt wären. Die Überwindung seiner C4ISR-Beschränkungen ist daher für das chinesische Militär zu einer wichtigen Priorität geworden, die das Streben nach zahlenmäßiger Überlegenheit überflüssig macht. Dem Pentagon-Bericht von 2021 zufolge wurde diese Aufgabe im Jahr 2020 zur obersten Priorität erklärt, als das 5. Plenum des 19. Zentralkomitees „einen neuen Meilenstein für die Modernisierung im Jahr 2027 festlegte, um die integrierte Entwicklung der Mechanisierung, Informatisierung und Intelligenz der Streitkräfte der VR China zu beschleunigen“. Das Erreichen solcher Fortschritte, so das Pentagon weiter, „würde Peking im Falle eines Taiwan-Konflikts glaubwürdigere militärische Optionen bieten“.

Fünf Jahre sind nicht viel Zeit, um sich die Beherrschung solch vielfältiger und technisch anspruchsvoller militärischer Fähigkeiten anzueignen, aber amerikanische Analysten glauben dennoch, dass die PLA auf dem besten Weg ist, diesen Meilenstein 2027 zu erreichen. Um ihre „Fähigkeitslücke“ im Bereich C4ISR zu schließen, so der Pentagon-Bericht, „investiert die PLA in gemeinsame Aufklärungs-, Überwachungs-, Führungs-, Kontroll- und Kommunikationssysteme auf strategischer, operativer und taktischer Ebene“.

Wenn China, wie vorhergesagt, bis 2027 erfolgreich ist, wird es in der Lage sein, die US-Marine in den Gewässern um Taiwan anzugreifen und möglicherweise zu besiegen. Dies wiederum würde es Peking ermöglichen, die Taiwaner zu schikanieren, ohne ein Eingreifen Washingtons befürchten zu müssen. Wie das Verteidigungsministerium in seinem Bericht für 2021 andeutet, hat Chinas Führung „die Ziele der PLA für 2027 mit der Entwicklung von Fähigkeiten verbunden, um dem US-Militär im indopazifischen Raum entgegenzutreten und Taiwans Führung zu den Bedingungen Pekings an den Verhandlungstisch zu zwingen.“

Pekings Taiwan-Albtraum

Seit Chiang Kai-shek und die Reste seiner Nationalistischen Partei Chinas (Kuomintang oder KMT) nach der kommunistischen Machtübernahme in China 1949 nach Taiwan flohen und auf der Insel die Republik China (ROC) gründeten, strebt die kommunistische Parteiführung in Peking die „Wiedervereinigung“ Taiwans mit dem Festland an. Ursprünglich träumten die taiwanesischen Führer auch davon, das Festland zurückzuerobern (natürlich mit Hilfe der USA) und die Herrschaft der ROC auf ganz China auszudehnen. Doch nachdem Chiang 1975 starb und Taiwan zu einer demokratischen Regierung überging, verlor die KMT an Boden gegenüber der Demokratischen Fortschrittspartei (DPP), die eine Integration mit dem Festland ablehnt und stattdessen einen unabhängigen taiwanesischen Staat errichten will.

Da das Reden über die Unabhängigkeit in Taiwan an Popularität gewonnen hat, haben chinesische Regierungsvertreter versucht, die taiwanesische Öffentlichkeit zu überzeugen, eine friedliche Wiedervereinigung zu akzeptieren, indem sie unter anderem den Handel und den Tourismus über die Formosa-Straße hinweg förderten. Doch die Attraktivität der Unabhängigkeit scheint zu wachsen, vor allem unter den jüngeren Taiwanern, die sich über Pekings Einschränkungen der bürgerlichen Freiheiten und der demokratischen Ordnung in Hongkong empört haben – ein Schicksal, das sie fürchten, sollte Taiwan jemals unter die Herrschaft des Festlandes fallen. Dies wiederum hat die Führung in Peking zunehmend beunruhigt, da jede Chance auf eine friedliche Wiedervereinigung Taiwans zu schwinden scheint, so dass militärische Maßnahmen die einzige denkbare Option darstellen.

Präsident Xi Jinping brachte das Dilemma, in dem sich Peking befindet, in seinem Gespräch mit Präsident Biden am 15. November in Zoom gut zum Ausdruck. „Die vollständige Wiedervereinigung Chinas ist ein Ziel, das von allen Söhnen und Töchtern der chinesischen Nation geteilt wird“, erklärte er. „Wir haben Geduld und werden die Aussicht auf eine friedliche Wiedervereinigung mit äußerster Aufrichtigkeit und Anstrengung anstreben. Sollten uns die separatistischen Kräfte, die für die Unabhängigkeit Taiwans eintreten, jedoch provozieren, in die Enge treiben oder gar die rote Linie überschreiten, werden wir gezwungen sein, entschlossene Maßnahmen zu ergreifen.“

Die von Xi genannten „separatistischen Kräfte für die Unabhängigkeit Taiwans“ sind tatsächlich bereits weit über eine Provokation hinausgegangen und haben bekräftigt, dass Taiwan abgesehen vom Namen ein unabhängiger Staat ist und sich niemals freiwillig der Herrschaft des Festlandes unterwerfen wird. Dies wurde zum Beispiel in einer Rede der taiwanesischen Präsidentin Tsai Ing-wen am 10. Oktober deutlich. Die Insel, so erklärte sie, müsse sich „einer Annexion oder einer Beeinträchtigung unserer Souveränität widersetzen“, womit sie Peking direkt das Recht absprach, Taiwan jemals zu beherrschen.

Sollte China jedoch Gewalt anwenden – oder sich „gezwungen sehen, entschlossene Maßnahmen zu ergreifen“, wie Xi es ausdrückte – müsste Peking wahrscheinlich mit einem Gegenschlag der USA rechnen. Nach geltendem Recht, insbesondere dem Taiwan Relations Act von 1979, sind die Vereinigten Staaten nicht verpflichtet, Taiwan unter solchen Umständen zu helfen. In diesem Gesetz heißt es jedoch auch, dass jede Anwendung von Gewalt zur Änderung des Status Taiwans als  Angelegenheit betrachtet wird, die „für die Vereinigten Staaten von großer Bedeutung ist“ – eine Haltung, die als „strategische Zweideutigkeit“ bekannt ist, da sie das Land weder zu einer militärischen Reaktion verpflichtet noch diese ausschließt.

In letzter Zeit haben prominente Persönlichkeiten in Washington jedoch begonnen, stattdessen „strategische Klarheit“ zu fordern, die eine militärische Antwort auf jeden chinesischen Angriff auf die Insel fast garantieren würde. „Die Vereinigten Staaten müssen deutlich machen, dass wir nicht zulassen werden, dass China in Taiwan einmarschiert und es unterjocht“, sagte der republikanische Senator Tom Cotton aus Arkansas in einer Rede am Ronald Reagan Institute im Februar 2021. „Ich denke, es ist an der Zeit, klar zu sein: Ersetzen Sie die strategische Zweideutigkeit durch die strategische Klarheit, dass die Vereinigten Staaten Taiwan zu Hilfe kommen werden, wenn China gewaltsam in Taiwan einmarschieren oder den Status quo in der Taiwan-Straße anderweitig verändern sollte.“

Auch Präsident Biden schien kürzlich eine solche Position einzunehmen. Als er im Oktober in einer CNN-„Town Hall“ gefragt wurde, ob die USA Taiwan schützen würden, antwortete er unverblümt: „Ja, wir haben die Verpflichtung, das zu tun.“ Das Weiße Haus nahm diese Aussage später zurück und betonte, dass Washington nach wie vor am Taiwan Relations Act und an der Ein-China-Politik festhält, die sowohl Taiwan als auch das chinesische Festland als Teil einer einzigen Nation betrachtet. Nichtsdestotrotz hat die Regierung weiterhin massive Luft- und Seemanöver in den Gewässern vor Taiwan durchgeführt, was darauf hindeutet, dass sie geneigt ist, Taiwan gegen eine künftige Invasion zu verteidigen.

Es ist also klar, dass die chinesischen Entscheidungsträger zumindest mit der Möglichkeit eines militärischen Eingreifens der USA rechnen müssen, sollten sie eine Invasion Taiwans anordnen. Und aus ihrer Sicht bedeutet dies, dass eine solche Invasion erst dann gefahrlos möglich ist, wenn die PLA vollständig „intelligent“ geworden ist – ein Meilenstein, den sie im Jahr 2027 erreichen wird, wenn die Analyse des Pentagons richtig ist.

Der Weg zum Dritten Weltkrieg

Niemand kann mit Sicherheit sagen, wie die Welt im Jahr 2027 aussehen wird oder wie stark die Spannungen um Taiwan bis dahin sein könnten. Um nur ein Beispiel zu nennen: Die DPP könnte bei den Präsidentschaftswahlen 2024 auf der Insel gegen die KMT verlieren und damit den Weg in die Unabhängigkeit umkehren. Oder die chinesische Führung könnte beschließen, dass ein langfristiges Entgegenkommen mit einem quasi unabhängigen Taiwan der bestmögliche Weg ist, um seinen bedeutenden globalen Wirtschaftsstatus zu erhalten.

Bleibt man jedoch bei der Denkweise des Pentagons, sieht es düster aus. Man muss davon ausgehen, dass Taiwan seinen derzeitigen Kurs fortsetzen wird und dass Pekings Drang, die Integration der Insel mit dem Festland zu sichern, nur noch zunehmen wird. Ebenso muss man davon ausgehen, dass die Neigung der politischen Entscheidungsträger in Washington, ein immer unabhängigeres Taiwan angesichts chinesischer Militäraktionen zu unterstützen, nur zunehmen wird, während sich die Beziehungen zu Peking weiter verschlechtern.

Aus dieser eingeschränkten Perspektive ist alles, was Chinas Führung derzeit davon abhält, Taiwan mit Gewalt einzunehmen, die Sorge über die Unterlegenheit der PLA in der intelligenten Kriegsführung. Sobald diese überwunden ist – nach Einschätzung des Pentagons im Jahr 2027 – steht einer chinesischen Invasion oder gar einem Dritten Weltkrieg nichts mehr im Wege.

Unter diesen Umständen ist es nur allzu gut vorstellbar, dass Washington von einer Haltung der „strategischen Stabilität“ zu einer Haltung der „strategischen Klarheit“ übergeht und Taiwans Führung eine stahlharte Garantie für militärische Unterstützung im Falle eines künftigen Angriffs gibt. Zwar würde dies die chinesische Militärplanung nicht wesentlich verändern – die PLA-Strategen gehen zweifellos davon aus, dass die USA eingreifen würden, ob mit oder ohne Versprechen -, doch könnte es in Washington zu Selbstgefälligkeit führen, zu der Überzeugung, dass Peking durch eine solche Garantie automatisch abgeschreckt würde (wie Senator Cotton und viele andere anscheinend glauben). So könnten sich beide Seiten stattdessen auf dem Weg zum Krieg wiederfinden.

Und glauben Sie mir, bei einem Konflikt zwischen ihnen, wie auch immer er beginnen mag, wird es tatsächlich schwierig sein, ihn auf die unmittelbare Nachbarschaft Taiwans zu beschränken. Bei jeder Konfrontation würde die Hauptaufgabe der chinesischen Streitkräfte darin bestehen, die amerikanischen Luft- und Seestreitkräfte im westlichen Pazifik zu schwächen. Dies könnte dazu führen, dass in großem Umfang Marschflugkörper und ballistische Raketen eingesetzt werden, um US-Schiffe sowie US-Stützpunkte in Japan, Südkorea und auf verschiedenen Pazifikinseln zu treffen. Ebenso bestünde die Hauptaufgabe des US-Militärs darin, die chinesischen Luft- und Seestreitkräfte sowie die Raketenabschussanlagen auf dem Festland zu schwächen. Das Ergebnis könnte eine plötzliche Eskalation sein, einschließlich unerbittlicher Luft- und Raketenangriffe, möglicherweise sogar unter Einsatz der modernsten Hyperschallraketen, die derzeit in den Arsenalen der USA und Chinas vorhanden sind.

Die Folge wären zweifellos Zehntausende vonKriegsopfern auf beiden Seiten sowie der Verlust von wichtigen Einrichtungen wie Flugzeugträgern und Hafenanlagen. Eine solche Menge an Schäden könnte natürlich die eine oder andere Seite dazu veranlassen, ihre Verluste zu begrenzen und sich zurückzuziehen, wenn nicht gar zu kapitulieren. Wahrscheinlicher ist jedoch eine weitere Eskalation der Gewalt, einschließlich immer weiter entfernter Angriffe mit immer stärkeren Waffen. Stark bevölkerte Städte könnten in China, Taiwan, Japan oder möglicherweise anderswo angegriffen werden, was Hunderttausende von Opfern zur Folge hätte.

Wenn nicht die eine oder die andere Seite kapituliert – und welche dieser beiden stolzen Nationen wird das wohl tun? -, würde sich ein solcher Konflikt weiter ausdehnen und jede Seite würde ihre Verbündeten um Unterstützung bitten. China würde sich zweifelsohne an Russland und den Iran wenden, die USA an Australien, Indien und Japan. (Vielleicht in Erwartung einer solchen Zukunft hat die Regierung Biden erst kürzlich ein neues Militärbündnis mit Australien und dem Vereinigten Königreich namens AUKUS geschmiedet und gleichzeitig ihre „Quad“-Sicherheitsvereinbarung mit Australien, Indien und Japan verstärkt).

Auf diese Weise könnte, wenn auch nur zögerlich, ein neuer „Weltkrieg“ entstehen und, schlimmer noch, leicht eskalieren. Sowohl die USA als auch China arbeiten bereits intensiv an der Stationierung von Hyperschallraketen und konventionellen Waffen, die auf die wichtigen Verteidigungspunkte der anderen Seite abzielen, darunter Frühwarnradare, Raketenbatterien und Kommandozentralen, was das Risiko nur noch erhöht, dass eine der beiden Seiten einen solchen „konventionellen“ Angriff als Auftakt zu einem Atomschlag missversteht und sich aus Verzweiflung für einen Erstschlag entscheidet. Dann reden wir wirklich über den Dritten Weltkrieg.

Heute wird dies den meisten von uns höchst spekulativ erscheinen, aber für die Kriegsplaner im US-Verteidigungsministerium und im chinesischen Verteidigungsministerium ist daran nichts Spekulatives. Die Pentagon-Mitarbeiter sind davon überzeugt, dass China tatsächlich entschlossen ist, die Integration Taiwans in das Festland sicherzustellen, notfalls mit Gewalt, und sie glauben, dass die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass sie in diesem Fall zur Verteidigung der Insel herangezogen werden. Wie die Geschichte lehrt – man denke nur an die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg – können solche Planungen nur allzu leicht zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.

So spekulativ all dies auch erscheinen mag, es sollte von jedem von uns ernst genommen werden, der sich vor dem bloßen Gedanken an einen größeren zukünftigen Kriegsausbruch fürchtet, ganz zu schweigen von einer Katastrophe im Ausmaß des Ersten und Zweiten Weltkriegs oder mit Atomwaffen in einem noch unbekannten Ausmaß. Wenn ein solches Schicksal vermieden werden soll, müssen weitaus größere Anstrengungen unternommen werden, um das Taiwan-Dilemma zu lösen und eine friedliche Lösung für den Status der Insel zu finden.

Als ersten Schritt könnten Washington und Peking vereinbaren, ihre Militärmanöver in den Gewässern und im Luftraum um Taiwan einzuschränken und sich gegenseitig sowie mit den Vertretern Taiwans über verschiedene Maßnahmen zur Reduzierung der Spannungen zu beraten (obwohl man sich darauf heutzutage nicht verlassen sollte). Auch könnten Gespräche über Schritte zur Begrenzung der Stationierung von besonders destabilisierenden Waffen jeglicher Art, auch von Hyperschallraketen, geführt werden.

Wenn das Pentagon recht hat, läuft die Zeit für solche Maßnahmen jedoch bereits ab. Schließlich ist das Jahr 2027 und damit der mögliche Ausbruch des Dritten Weltkriegs nur noch fünf Jahre entfernt.

 

Der Artikel ist zuerst auf Tomdispatch.com erschienen und wurde mit freundlicher Genehmigung des Autors ins Deutsche übersetzt und auf krass & konkret veröffentlicht.

Michael Klare war Professor für peace and world security studies am Hampshire College und ist Direktor des Five College Program in Peace and World Security Studies (PAWSS) sowie im Vorstand der Arms Control Association. Er hat das Committee for a Sane U.S.-China Policy begründet und ist Autor von zahlreichen Büchern, zuletzt „All Hell Breaking Loose: The Pentagon’s Perspective on Climate Change“ (2019).

Ähnliche Beiträge:

3 Kommentare

  1. Ein Bestinformierter der Herr Professor Klare. Denn was er weiß, entzieht sich sogar bis heute der Kenntnis seines JewSA Generalstabs. Der ist immer noch der Meinung, dass die amerikanische Rüstungsindustrie endlich jene Hyperschall-Waffensysteme entwickeln sollte, die laut Professor Klare längst in den Arsenalen rumlägen.

    An der Stelle hörte ich mit dem Überfliegen der Mär vom Countdown zum Dritten Weltkrieg auf. Denn: So Spaßgeschichten kann ich mir auch selbst ausdenken.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert