Der digitale Impfausweis kommt

Impfausweis fürs Smartphone. Bild: Healthvana

Im Los Angeles County wird bereits mit einem Wallet für das Smartphone experimentiert, die Technik wird die Gesellschaft weiter spalten.

Es ist nicht verwunderlich, dass die Coronavirusepidemie von Geschäftemachern ausgebeutet wird, um neue Verfolgungs- oder Überwachungstechniken zu entwickeln und vorzuschlagen. Mit dem Beginn der Impfungen wird mögliche Immunität ein Thema – und damit unterschiedliche Freiheitsgrade für Menschen. Geimpfte werden zu Privilegierten, die beanspruchen können, Zugang zu Orten und Ereignissen zu erhalten, die für Nicht-Geimpfte wegen der Ansteckungsgefahr gesperrt werden müssen.

Sobald klar ist, dass Geimpfte nicht ansteckend sind, wird die Diskussion mit Vehemenz ausbrechen, was wem erlaubt bzw. weiter verboten sein soll. Die Geimpften werden Ausnahmen von den Einschränkungen fordern, die für die Nicht-Geimpften weiter in Kraft sind. Das wird Konflikte erzeugen, wenn auch die, die sich impfen lassen wollen, wegen der Priorisierung lange warten müssen. Problem werden auch die Menschen sein, die an Covid-19 erkrankt waren und wieder genesen sind. Ist die Präsenz von Antikörpern (welcher Art?) gleichrangig mit einer Impfung? Seltsam, dass man darüber nicht redet, wenn ich nichts versäumt habe.

Vom Vermitteln der Testergebnisse zum digitalen Impfpass

In Kalifornien bietet nun  Healthvana für das Los Angeles County an, die Notwendigkeit, dass die Menschen zweimal geimpft werden müssen, dazu auszunutzen, um einen digitalen Impfpass einzuführen. Als Begründung wird angeführt, dass Geimpfte damit sicherstellen können, die zweite Impfung zu erhalten. Zum Schmackhaftmachen heißt es, der digitale Impfpass könne später dazu dienen, Einlass zu Konzerten oder Zugang zu Flugreisen zu erhalten. Das wird die Gesellschaft noch einmal in zwei weitere Klassen spalten.

Healthvana wurde bereits vom bevölkerungsreichsten County mit 10 Millionen Einwohnern engagiert , die Ergebnisse der Coronatests für die Getesteten abrufbar zu machen – und zwar die positiven Ergebnisse auf eine Weise, die nicht verängstigen soll. Die 2015 gegründete Firma liefert im Auftrag von Kunden wie Stadtverwaltungen, Krankenhäusern, Labors etc. allgemein Testergebnisse an Patienten, die mit Angst besetzt sein können. So werden positive Testergebnisse nur dann zugänglich gemacht, wenn es sich um heilbare Krankheiten handelt oder wenn Patient und Auftraggeber ihr Einverständnis gegeben haben. Zunächst hatte Healthvana Testergebnisse für HIV und andere sexuell übertragbare  Krankheiten Patienten zur Verfügung gestellt-

Bereits im September hat die Firma eine mobile Plattform für Patienten eingerichtet, um ihre Impfungen aufzulisten, sie an die nächste Impfung und weitere Schritte für eine erfolgreiche Impfung zu erinnern. Das sei dringend erforderlich, weil verschiedene Impfstoffe angeboten werden, die unterschiedlich oft geimpft werden und die Menschen wissen müssten, wo und wann sie ihre zweite Impfung erhalten. Dabei werden die Informationen über Covid-19-Impfungen verbunden mit denen zu Grippeimpfungen. Viele Arbeitgeber und Schulen würden bereits einen Impfnachweis für eine Grippeimpfung verlangen. Die Plattform biete überdies Städten, Unternehmen, Labors und anderen Organisationen einen „einfachen administrativen Überblick über den Impfstatus“, um diesen zu ermöglichen, mit ihren Bürgern, Angestellten und Schülern effektiv zu kommunizieren und diese zu verwalten. Die Impfzentren übermitteln täglich Daten an Healthvana.

Ergänzt wurde diese Plattform nun durch die Möglichkeit, den Impfstatus über ein Apple oder Android Wallet  „gegenüber Fluglinien, Schulen, wer immer dies benötigt, zu verifizieren“, preist Healthvana-Geschäftsführer Ramin Bastani die Geschäftsidee an.

Pandemie setzt die Politiker unter Druck

Claire Jarashow, zuständig für Impfprogramme bei der Gesundheitsabteilung des County, erklärt, man gebe den Geimpften zwar einen Impfausweis auf Papier, aber der könne schnell verloren gehen. Der Druck ist überdies hoch, schnell und effizient das Impfen umzusetzen, weil die Zahl der in die Krankenhäuser eingewiesenen Covid-19-Patienten ebenso steigt wie die Zahl der Toten. Durchschnittlich sterben pro Tag jetzt 178 Menschen an oder mit Covid-19. Man glaubt bereits, einen Weihnachtseffekt beobachten zu können, die Zahl der Infizierten ist in den letzten Tagen auf durchschnittlich 16.000 angestiegen. Die Pandemie breitet sich rasant aus. Von den insgesamt bislang 800.000 positiv Getesteten wurde die Hälfte seit 1. Dezember  registriert.

Die Impfungen müssten so schnell wie möglich erfolgen, so rechtfertigt Jarashow die digitale Lösung. Und die Menschen müssten sich zweimal impfen, man habe aber nicht die Möglichkeit, Hunderte von Anfragen abzuwickeln, wann Menschen zuerst geimpft wurden und wann sie das zweite Mal wohin gehen müssen. Firmen den Zugriff auf Gesundheitsdaten zu geben, stelle zwar ein Problem da, aber man habe das gelöst, alles sei sicher, verspricht sie. Gespeichert werden die Daten bei Amazon Web Services nach den Vorgaben des HIPAA-Gesetzes (Health Insurance Portability and Accountability Act) von 1996.

Healthvana ist nicht das einzige Unternehmen, das sich darauf vorbereitet, mit dem digitalen Impfausweis Geschäfte zu machen. Bastani sagt, man spreche bereits mit Konzertveranstaltern, Arbeitgebern, Universitäten und Schulen, um die Technik einzuführen, mit der Menschen dann selektiert werden. Das sei für alle interessant, die mit vielen Menschen zu tun haben, die zusammenkommen.

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