Die New York Times und das US-Außenministerium über eine angeblich geplante russische False-Flag-Aktion

Ned Price auf der Pressekonferenz, auf der er den angeblichen russischen Plan enthüllt, aber nur sagen kann, dass die Information stimmt, weil sie von den Geheimdiensten kommt.

Während die NYT völlig unkritisch wiedergibt, was „Officials“ und das Außenministerium ohne einen Funken an Beweis behaupten, verstrickt sich der Sprecher des Außenministeriums in eine absurde Position, warum man alles glauben soll.

Die New York Times „enthüllt“ einen angeblichen russischen Plan, mit dem ein Vorwand geschaffen werden soll, um in die Ukraine einzumarschieren. Natürlich haben wieder einmal anonym bleibende „Officials“ der Zeitung die Informationen zugetragen, die von den amerikanischen Geheimdiensten stammen sollen. Allerdings mischt auch gleich das Außenministerium mit, das dieselbe Geschichte auf einer eigens dafür anberaumten Pressekonferenz verbreitet und dabei vor allem darauf zu setzen scheint, dass Russland auf Desinformation setzt, während die US-Regierung nur Wahres verbreitet.

Der Plan soll darin bestehen, ein Video von einem gestellten Angriff der ukrainischen Streitkräfte auf russischem Territorium oder gegen russisch sprechende Menschen in der Ukraine zu machen. Da sollen dann Leichen nach einer Explosion und zerstörte Gebäude mitsamt ukrainischen Waffen, türkischen Kampfdrohnen und Sprecher gezeigt werden, die auf Russisch trauern. Das Video soll dann genutzt werden, um die Ukraine eines Genozids an Russischsprechende zu beschuldigen. Der darauf erwartete Aufschrei soll dann einen Angriff rechtfertigen oder den Separatisten in den „Volksrepubliken“ die Möglichkeit geben, militärische Hilfe aus Russland zu erbitten.

Ned Price, der Sprecher des Außenministeriums erklärt, dass Beweise für die Geschichte geheim gehalten werden müssten, um Amerikaner zu schützen: „Jetzt können wir sagen, dass die Vereinigten Staaten über Informationen verfügen, wonach Russland plant, gefälschte Angriffe durch ukrainische Militär- oder Geheimdienstkräfte als Vorwand für eine weitere Invasion in der Ukraine zu inszenieren. Eine mögliche Option, die die Russen in Erwägung ziehen und die wir heute öffentlich gemacht haben, ist die Produktion eines Propagandavideos – eines Videos mit grafischen Szenen falscher Explosionen – auf dem Leichen, Krisendarsteller, die sich als Trauernde ausgeben, und Bilder von zerstörten Orten oder militärischer Ausrüstung zu sehen sind, die vollständig vom russischen Geheimdienst hergestellt wurden.“

Was die Zeitung berichtet, ist allerdings nicht mehr als ein  Gerücht, das wahrscheinlich von den Geheimdiensten oder vom Weißen Haus deswegen verbreitet werden soll, um eine Stimmung zu schaffen. Es heißt, der Plan wurde deswegen veröffentlicht, um ihn zu verhindern. Es könnte freilich in dem medial und politisch geschaffenen Informationsnebel auch das  Auslegen einer Falle sein. Wenn jetzt ein entsprechendes Video verbreitet würde, wird es nach diesem Bericht eine False-Flag-Aktion der Russen sein, die könnte nun auch eine andere Seite inszenieren, um Russland in einen offenen Konflikt hineinzuziehen.

 

Wie auch immer. Wir erfahren von der NYT nicht, wer den Plan ausgeheckt haben soll, irgendwie soll auch der Geheimdienst GRU beteiligt sein. Es sind „die Russen“. Es wird kein einziger Hinweis für die Richtigkeit der verbreiteten Information angeboten. Das wird dann nach der alten Schablone gerechtfertigt, dass man keine Einzelheiten nennen dürfe, um nicht die Quellen und Methoden der Geheimdienste offenzulegen. Als Beleg wird angeführt, dass das russische Parlament von Abgeordneten aufgefordert wurde, die „Volksrepubliken“ anzuerkennen, um einen Genozid zu verhindern. So wird die Desinformation der einen Seite mit der von der anderen Seite legitimiert. Es macht die westlichen Desinformationskampagnen nicht besser, wenn es auch russische gibt, die spiegelverkehrte Szenarien verbreiten.

Man sollte meinen, ein angesehenes Medium wie die NYT sollte, wenn überhaupt, nur mit großer Distanz und Skepsis solche unbegründeten Informationen verbreiten. Aber man ist nicht nur eingebunden in die Maschinerie des politisch-militärisch-industriellen Komplexes, sondern will auch weiterhin exklusive Meldungen aus den Geheimdiensten verbreiten, wobei man sich zu Handlangern politischer oder militärischer Interessen macht.

Während die NYT völlig unkritisch die Erzählung der Geheimdienste und des Außenministeriums berichtet, wurden in der Pressekonferenz immerhin kritische Stimmen laut, die das Ganze als ziemlich unglaubwürdig einschätzten, wobei Ned Price dem nicht viel entgegenstellen konnte. Man kann beobachten, wie sich durch Price die Erzählung zerlegt, aber das wird ebenso wenig Konsequenzen haben wie bei der Geschichte, die die britische Regierung von der angeblich vom Kreml geplanten ukrainischen Marionettenregierung nach dem Einmarsch erzählte.

 

MR PRICE: Wir haben Ihnen vor ein paar Wochen gesagt, dass wir Informationen haben, die darauf hindeuten, dass Russland bereits eine Gruppe von Agenten in Stellung gebracht hat, um eine Operation unter falscher Flagge in der Ostukraine durchzuführen. Das, Matt, ist also, um Ihre Frage zu beantworten, eine Aktion, die Russland bereits unternommen hat.

FRAGE: Nein, es ist eine Aktion, von der Sie sagen, dass sie durchgeführt wurde, aber Sie haben keine Beweise vorgelegt, die das bestätigen. Und ich komme jetzt zur nächsten Frage, die da lautet: Was sind die Beweise dafür, dass sie – ich meine, das sind – wie Krisenakteure? Ist das wirklich so? Das ist wie Alex Jones, auf den Sie sich jetzt einlassen. Welche Beweise haben Sie für die Idee, dass hier ein Propagandafilm in Arbeit ist?

MR PRICE: Matt, das ist von Informationen abgeleitet, die der US-Regierung bekannt sind, Geheimdienstinformationen, die wir freigegeben haben. Ich denke, Sie wissen –

FRAGE: Okay, also, wo sind sie? Wo sind diese Informationen?

MR PRICE: Es sind nachrichtendienstliche Informationen, die wir deklassifiziert haben.

FRAGE: Nun, wo sind sie? Wo sind die deklassifizierten Informationen?

MR PRICE: Ich habe sie gerade geliefert.

FRAGE: Nein, Sie haben eine Reihe von Behauptungen und Aussagen gemacht –

MR PRICE: Möchten Sie, dass wir den Topper ausdrucken? Denn Sie werden eine Abschrift dieser Besprechung sehen, die Sie selbst ausdrucken können.

FRAGE: Aber das ist kein Beweis, Ned. Das sagst du doch selbst. Das sind keine Beweise. Es tut mir leid.

 

Letztlich läuft die Argumentation von Price darauf hinaus, dass die Geschichte erzählt wird, um die Russen abzuhalten, den angeblichen Plan in die Tat umzusetzen. Wie Price argumentiert, erinnert an die Logik, die der damalige Verteidigungsminister Donald Rumsfeld aufbot, um zu erklären, warum man im Irak keine der angeblich dort vorhandenen Massenvernichtungswaffen gefunden hat.

verstehen.

 

FRAGE: Du scheinst die Idee der Abschreckung nicht zu verstehen.

MR PRICE: Wir versuchen, die Russen davon abzuhalten, diese Art von Aktivitäten fortzusetzen. Deshalb machen wir es heute öffentlich. Wenn die Russen nicht weitermachen, ist das nicht ipso facto ein Hinweis darauf, dass sie nie entsprechende Pläne hatten.

FRAGE: Aber dann ist es unbeweisbar. Ich meine, mein Gott, welche Beweise haben Sie denn, die darauf hindeuten, dass die Russen das überhaupt planen?

 

Es kommt natürlich nichts, nur der Vorwurf, der Journalist würde den Aussagen der US-Regierung nicht glauben. Später wird Price gefragt, wie sicher die Informationen seien, worauf er sagte:

MR PRICE: Sie scheinen den Gedanken nicht zu verstehen, dass wir diese Informationen nicht veröffentlichen würden, wenn wir nicht von den zugrundeliegenden Details und den Behauptungen, die wir vorbringen, überzeugt wären.

Und es spult sich immer wieder gleiche Argumentation ab, die darauf hinausläuft, dass es stimmen muss, wenn wir es sagen:

FRAGE: Sie begeben sich hier auf ein schwieriges Terrain. Und wenn Sie keine anderen Beweise vorlegen können als: „Nun, ich habe dies und das gesagt, das ist eine Tatsache“, dann ist das ein Problem.

MR PRICE: Matt, da ist noch ein zweiter Punkt. Das ist von Geheimdienstinformationen abgeleitet, Geheimdienstinformationen, in die wir Vertrauen haben –

FRAGE: Nun –

MR PRICE: – in die wir Vertrauen haben, sonst –

FRAGE: Das gleiche Vertrauen, das Sie in die Massenvernichtungswaffen im Irak hatten? Ich meine, was –

MR PRICE: Andernfalls – andernfalls – andernfalls würden wir es nicht so öffentlich machen, wie wir es tun. Aber hier ist der andere Punkt: Geheimdienstinformationen und Beweise sind zwei verschiedene Dinge. Es ist kein –

FRAGE: Aber Sie sagen, dass es eine Tatsache ist und dass Sie Beweise haben, und dann können Sie keine Beweise anbieten, um zu zeigen, dass es eine Tatsache ist. Ich werde das Thema fallen lassen, aber ich denke, wir sollten weitermachen.

MR PRICE: Ich danke Ihnen.

Man fragt sich allmählich, was die ganzen angeblichen Faktenchecker machen, wenn es um Dinge geht, die zu einem Krieg führen könnten. Sind westliche Medien wie die NYT oder westliche Regierungen sakrosankt?

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