Schamlose Profiteure der Pandemie

Demonstranten fordern kostenlosen Impfstoff von Moderna, der mit Steuergeldern entwickelt wurde. Bild: Free the Vaccine-Boston

In den USA vergibt das Lown Institute Negativpreise für besonders dreiste Profitmacherei während der Covid-19-Pandemie, darunter an die Trump-Regierung und den Pharmakonzern Moderna. Das fehlt bei uns.

Das Lown Institute in Brookline in der Nähe von Boston ist eine Organisation, die ein besseres Gesundheitssystem in den USA fordert. Jährlich werden seit 2017 die „Shrekli-Preise“ für die schlimmsten Akteure im Gesundheitssystem vergeben, um Profitmacherei und Dysfunktionalität anzuprangern. Damit wird jährlich ein Blick auf die düstere Seite der Gesundheitsbranche geworfen, was in Zeiten einer Pandemie besonders wichtig ist, wo auf die Schnelle viel Geld gemacht werden kann und auch schamlos gemacht wird. Namensgeber Shrekli sitzt im Gefängnis seine Strafe ab. Seine Firma hatte ein HIV-Medikament aufgekauft und den Verkaufspreis um 5000 Prozent erhöht.

Kapitalismus pur

Dieses Jahr steht wenig überraschend die Covid-19-Pandemie im Zentrum, und dabei an erster Stelle die Arbeitsgruppe Personal Protective Equipment (PPE – Persönliche Schutzausrüstung)  des Weißen Hauses, die von Trumps Schwiergersohn, Jared Kushner, geleitet wird. Kushner hatte das Projekt Airbridge im März gestartet, um weltweit nach PPE zu suchen und in die USA zu bringen, da zu der Zeit wie in vielen Ländern erheblicher Mangel bestand. In den Krankenhäusern gab es auch für das Personal keine Masken mehr, die Beatmungsgeräte gingen aus.

Es stellte sich heraus, dass die Arbeitsgruppe aus jungen, unerfahrenen Freiwilligen bestand, die von ihrem persönlichen Email-Account versuchten, Kontakte zu knüpfen, um in China irgendwelche PPE einzukaufen. Im Vordergrund standen VIP-Tipps, was etwa dazu führte, dass Yaron Oren-Pines, ein Elektroingenieur im Silicon Valles,  69 Millionen US-Dollar für die Lieferung von 1000 Beatmungsgeräten für den Staat New York, die aber nie ankamen.

Aufgedeckt wurde die Sache u.a. durch Max Kennedy, ein Enkel von Robert Kennedy, der sich zur Mitarbeit gemeldet hatte, im April wieder ausstieg, eine Beschwerde an den Kongress sandte und dann an dem Film „Total under Control“ über die Arbeitsgruppe mitwirkte, die im Mai ihre Tätigkeit einstellte. Das Problem der Aktion war nicht nur das völlig unprofessionelle Vorgehen, sondern auch, dass die Einkäufe nicht an die Regierungen der Bundesstaaten gingen, sondern medizinischen Unternehmen übergeben wurden, die die PPE demjenigen weiterverkauften, der am meisten dafür bot. Folge war ein Konkurrenzkampf der Bundesstaaten, also Kapitalismus pur, Unternehmen profitierten, während das medizinische Personal und die Menschen im Stich gelassen wurde. Eigentlich sollten die Hälfte der eingekauften PPE zu den hot spots gehen, dort kam aber nichts an. Das zeugt von Trumps Moral.

Moderna kassiert Steuergelder zweimal

Preise erhielten auch Menschen, die wirkungslose oder gefährliche Anti-Covid-19-Medikamente anboten, ein Arzt verkaufte ein Behandlungspaket für 4000 US-Dollar, das Viagra, Xanax, Antibiotika und Hydroxychloroquin enthielt. Ein Internist nutzte Covid-19-Testzentren, um Tests für Atemwegserkrankungen durchzuführen, für die er 2000 US-Dollar verlangte. Die ausbeuterische Energie ist im Gesundheitssektor offenbar ebenso grenzenlos wie die Naivität mancher Menschen. Krankenhäuser haben Ärzte zu Beginn der Pandemie gemaßregelt, die PPE benutzen, andere Krankenhäuser hatten sich geweigert, nicht versicherte Patienten aufzunehmen.

Auch die Pharmakonzerne, die nun von den Regierungen umschwärmt werden, werden mit dem Shrekli-Preis bedacht. AstraZeneca, GlaxoSmithKline, Pfizer und Johnson and Johnson dafür, dass sie sich gegenüber der WHO weigerten, an einem Programm teilzunehmen, um klinische Daten und andere Informationen zu teilen.

Und der Pharmakonzern Moderna, dessen Covid-19-Impfstoff gerade von der EU eine Zulassung erhalten, wird wegen seiner Wucherpreise kritisiert. Moderna verkauft den teuersten Impfstoff, den die Regierungen in Not dann auch einkaufen, obgleich die Entwicklungskosten mit amerikanischen Steuergeldern in Höhe von einer Milliarde US-Dollar finanziert wurden. Zunächst wollte der Konzern $32-$37 pro Dosis verlangen, dann war die Rede von $25 – $37 je nach bestellter Menge. Die US-Regierung konnte schließlich 1,5 Milliarden Impfdosen für 15 US-Dollar reservieren, aber das sei eigentlich auch zweimal bezahlt. Die EU soll um die 15 Euro pro Impfdosis Biontech/Pfizer bezahlen. Die Bundesregierung investierte in CureVac, Biontech und IDT Biologika 750 Millionen Euro.

Jury-Mitglied Casey Quinlan: „21st century capitalism is looking more and more like a parasite killing its host, humanity.“

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