Sollen auf der dänischen Insel Bornholm US-Soldaten stationiert werden?

Bornholm. Bild: Adreas Faessler/CC BY-SA-3.0

Diese Frage bewegt und spaltet derzeit die rund 40.000 Einwohner der östlichsten, militärstrategisch wichtigen dänischen Insel. Russland kündigt „schwere Folgen“ an, sollte dies geschehen und verweist auf einen Vertrag von 1946.

„Bornholm wird ein legitimes Ziel für diejenigen sein, mit denen die Vereinigten Staaten möglicherweise in Konflikt stehe“, sagte Morten Riis, der stellvertretende Bürgermeister von „Rönne“, der Hauptstadt der Insel und Mitglied der linken „Einheitsliste“. Auf Rönne fand am Wochenende eine kleine Protestdemonstration statt, auch die rechte „Dänische Volkspartei“ ist gegen eine Stationierung.

Die Regierung des Nato-Mitglieds Dänemark hat kürzlich den USA signalisiert, dass diese auf dänischem Boden Truppen stationieren dürften. Ein mögliches Abkommen ist noch in Verhandlung. Die regierenden Sozialdemokraten unter Mette Frederiksen sind traditionell stark transatlantisch orientiert, die drei Linksparteien, welche die Minderheitsregierung toleriert, sprechen sich jedoch gegen permanente US-Militärbasen in Dänemark aus.

Dänemarks Verteidigungsminister Morten Bödskov hält auch die Möglichkeit einer Stationierung US-Truppen auf Bornholm für möglich und bestreitet, dass die Anwesenheit der Amerikaner mit der Ukraine-Krise zu tun haben könne. Doch das mag kaum jemand glauben. Dabei ist Bornholm ein besonderer Fall, nicht nur, weil die Insel von militärstrategischer Bedeutung ist.

Der russische Botschafter in Kopenhagen Vladimir V. Barbin kündigte in einem Zeitungsinterview  „schwere Folgen“ an, sollte Dänemark US-Truppen auf der Ostseeinsel Bornholm zulassen.

Das deutsch besetzte Bornholm wurde am 7. und 8. Mai 1945 von den Sowjets bombardiert, da die Deutschen nur gegenüber den Briten kapitulieren wollten und sich erst weigerten, vor der Roten Armee zu kapitulieren, die am 9. Mai die Insel in Besitz nahm. Bis zum 11. April 1946 war die Insel als einziges dänisches Gebiet sowjetisch okkupiert. Heute behauptet der Kreml, der Abzug geschah nur unter Garantie, dass keine fremden Truppen auf das Eiland dürften, das gerade mal 100 Kilometer von der polnischen Küste entfernt ist, in jener Zeit sowjetisches Einflussgebiet.

Die Lage von Bornholm. Bild: Dr. Blofeld/CC BY-3.0

Der Kreml bezieht sich auf den Briefwechsel zwischen dem damaligen sowjetischen Außenminister Wjatscheslaw M. Molotow und dem dänischen Diplomaten Thomas Dössing.

Die Regierung des Nato-Landes Dänemarks verweist jedoch darauf, dass sich daraus keine dänische Einwilligung zu der sowjetischen Forderung ableiten lasse. „Ich will mich hier deutlich ausdrücken: Es ist allein Dänemark, das entscheidet, was auf dänischem Boden passiert“, entgegnete der dänische Außenminister Jeppe Kofod. Doch so einfach ist dies nicht.

Der Wortlaut Molotows: „Da die dänische Regierung nun die Möglichkeit hat, die Insel Bornholm mit ihren Truppen zu übernehmen und eine eigene Verwaltung ohne weitere Beteiligung ausländischer Streitkräfte und Verwalter aufzubauen, hat die Sowjetregierung entsprechend zu ihrer  Erklärung vom 5. März den Befehl gegeben, den Abzug der Einheiten der Roten Armee einzuleiten.“

Dies hat die russische Botschaft in Kopenhagen kürzlich in dänischer Sprache via Twitter veröffentlicht, mit dem Kommentar, dass das Abkommen ohne zeitliche Begrenzung sei.

Allerdings gibt es kein Dokument, das eine explizite Einwilligung Dänemarks beweist. In den dänischen Medien kommen nun Experten zu Wort, die teils der einen, teils der anderen Seite Recht geben.

Grundsätzlich waren in der Zeit des Kalten Krieges keine ausländischen Soldaten in Dänemark stationiert, wenn man von der US-Basis Thule in Grönland absieht.

Nun enthüllt die Lokalzeitung „Bornholms Tide“, dass es ein Dokument in einem Safe in der dänischen Kaserne auf der Insel gebe, welches besage, dass Nato-Truppen der Zugang zum Raum um  Bornholm bis 1998 verboten gewesen sei.  Erst im Jahre 2000 gab es eine Übung der dänischen Streitkräfte mit britischen Fallschirmjägern auf dem Eiland, im Jahre 2008 sogar eine Übung mit Soldaten der Russischen Föderation.

Doch zuvor waren die russische Forderung durchaus ernst genommen worden, so hatte eine höhere Warte den geplanten Auftritt einer Jazzkappelle mit amerikanischen Armeeangehörigen 1982 auf der Ferieninsel verboten.

Dazu schrieb der damalige Verteidigungsminister Poul Sögaard in Bezug auf das Schreiben von 1946, dass „Bornholm kein echtes Mitglied der Nato  ist“, was später nach Angaben der Zeitung Berlingske korrigiert wurde (unklar von wem) – es sei ein freiwilliger Verzicht.

Die Auslegung der Forderung Molotows ist also schon länger unklar beziehungsweise umstritten.

 

Derzeit wird die These von Keir Giles, einem britischen Militärexperten, von Kritikern als „russophob“ bezeichnet, in der dänischen Öffentlichkeit diskutiert. Dieser glaubt, dass Russland die Nato mit einer Besetzung Bornholms herausfordern könnte.

Bornholm, die finnischen Aland Inseln sowie die Insel Gotland, welche zu Schweden gehört, gelten als „Schlüssel der Ostsee“. Wer diese militärisch besetzt, beherrsche den Ostseeraum. Vor allem Gotland war in den letzten Wochen im Fokus der Öffentlichkeit, hierhin brachten die Schweden Truppen und Panzerfahrzeuge, um Russland abzuschrecken. Deren Landungsschiffe waren im Januar in der Ostsee unterwegs.

Nach Einschätzung des schwedischen Militärexperten Jan Forsberg könnte bei einer russischen Besetzung Bornholms kein Schiffsverkehr zwischen Deutschland sowie Polen und den baltischen Ländern mehr stattfinden, ohne dass die Gefahr für einen Beschuss besteht. Das Eiland war im Kalten Krieg ein wichtiger Ort, um den Funkverkehr der Ostblockstaaten abzuhören. Nun scheint so etwas wie ein Kalter Krieg dort wieder zurückzukehren.

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Ein Kommentar

  1. Es ist völlig irrelevant, ob es einen Beweis für die russische Sicht der Dinge gibt. Eine Stationierung von u.s.-Amerikanern auf Bornholm ist offensichtlich eine sehr schwere Provokation und mithin kriegstreibend. Wer so etwas vorantreibt, ist buchstäblich von allen guten Geistern verlassen und riskiert in letzter Konsequenz den Planeten virtuell unbewohnbar zu machen.

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