Spanien: Podemos-Chef tritt ab, um in Madrid Wahlkampf zu machen

Podemos-Chef Pablo Iglesias. Screenshot von Video

Wie zu erwarten war, hat die politisierte spanische Justiz entschieden, dass die wichtige Hauptstadtregion Madrid nun doch wählen muss

Dass in Spanien inzwischen die politische Landschaft in Bewegung gekommen ist, hatte Buchkomplizen gerade festgestellt, wobei die massive Korruption der CDU-Schwesterpartei eine bedeutende Rolle spielt. Und nun wird in der Hauptstadtregion am 4. Mai eine entscheidende Wahlschlacht ausgetragen. Sie ist so entscheidend, dass mit Pablo Iglesias der Vize-Ministerpräsident der spanischen Regierung zurücktritt, um als Kandidat in Madrid gegen die Regionalfürstin der ultrakonservativen Volkspartei (PP) Isabel Diaz Ayuso ins Rennen zu gehen.

„Ich habe keine Probleme, einen Pakt mit VOX zu schließen“

„Die Demokratie wird durch eine neue Rechte à la Trump bedroht“, erklärte der Chef der Linkskoalition Unidas Podemos (UP) in einem über seinen Twitter-Account verbreitetes Video.  „Heute ist es notwendig, dieser kriminellen Rechten entgegenzutreten“, fügte Pablo Iglesias an. Ayuso wird allseits in Spanien als „Trump aus Madrid“ bezeichnet, aber Iglesias hat auch die ultrarechte VOX-Partei im Blick. Auf die wird die PP zum Regieren angewiesen sein, wie alle Umfragen zeigen. Dass Ayuso eine absolute Mehrheit erhält, glaubt sie selbst nicht. Sie erklärt deshalb: „Ich habe keine Probleme, einen Pakt mit VOX zu schließen.“

Das ist ein neuer Tabubruch. Schon bisher hatten sich Koalitionsregierungen aus PP und der rechts-neoliberalen Ciudadanos (Bürger/Cs), die sich gerade in Auflösung befindet, in Madrid, Murcia und Andalusien von den VOX-Ultras stützen lassen. Nun strebt die PP aber offen auch eine Koalitionsregierung mit einer Partei an, die noch deutlich rechts von der AfD in Deutschland steht. VOX ist aber ohnehin nur eine rechte Abspaltung der PP. Parteigründer und Parteichef Santiago Abascal war früher ebenfalls PP-Mitglied und saß für sie im Parlament.  Es war stets auch klar, dass die PP unter dem neuen Parteichef Pablo Casado zurück in die dunkle faschistische Vergangenheit gehen würde.  Bekannt ist, dass die PP von Ministern der Regierung des Diktator Franco gegründet wurde und sich nie vom Putsch und Diktatur distanziert hat.

Längst hätte es den Schwesterparteien in Europa auch darüber mulmig werden müssen, dass die PP gerichtsfest Korruptionspartei genannt werden darf, da sie ein „effizientes System institutioneller Korruption“ betrieben hat.  Darüber packt gerade deren ehemaliger Schatzmeister vor Gericht aus, worüber Buchkomplizen gerade berichtet hatte. Angesichts der geplanten Koalition mit VOX müssten spätestens die Schwesterparteien wie die CDU und die Fraktion der Europäischen Volksparteien (EVP) im Europaparlament Schritte gegen die PP einleiten, die immer stärker ins Ultra-Lager abdriftet.

Klar ist nun, dass es das ehemalige Cs-Führungsmitglied Fran Hervías war, der hinter einem neuen Korruptionsskandal steht, der vor allen Augen am Wochenende ablief. Der frühere Cs- Organisationssekretär hat vor seinem Übertritt zur PP im Hintergrund beim Einkauf von drei Cs-Parlamentarier in Murcia eine entscheidende Rolle gespielt, um den konstruktiven Misstrauensantrag gegen die PP-Regionalregierung in der Mittelmeerregion zum Scheitern zu bringen.

Inzwischen veröffentlichte WhatsApp-Nachrichten und Telefongespräche zeigen, wie Hervías die Strippen im Hintergrund zieht, in der die Cs ausgeschaltet und viele Kader in die PP überführt werden sollen. „Sprecht mit Fran“, heißt es darin. „Sie sind sehr schlau, sie sprechen nicht von Geld, sondern von Posten“, um die Korruption nicht zu offensichtlich zu machen. Deshalb erhielten die drei abtrünnigen Cs-Parlamentarier am Wochenende von der PP-Regionalregierung nun Ministerposten in Murcia. Etlichen Cs-Kadern würden derzeit von der PP Angebote gemacht. Allüberall laufen Verhandlungen, die auch der Bürgermeister von Granada führt, um in die PP überzutreten.  Immer mehr Kader verlassen, wie der Cs-Regionalchef in Valencia Toni Cantó, das sinkende Schiff, der ebenfalls nun schon Wahlwerbung für die Korruptionspartei macht.

Mit Tricks und politischer Justiz zu Neuwahlen in Madrid

Es war erneut nur über eine politisierte Justiz möglich, in der die von der PP ernannten Richter die Schlüsselpositionen einnehmen, dass Ayuso Neuwahlen im Hotspot Madrid in der Covid-Pandemie abhalten kann. Mit eilig einberufenen Neuwahlen hebelte sie zwei konstruktive Misstrauensanträge gegen sich aus. Darüber wäre sie vermutlich genauso gestürzt worden, wie der frühere PP-Chef an der spanischen Regierung. Ayuso löste eilig das Parlament auf, bevor die Misstrauensanträge registriert worden waren. Und der Oberste Gerichtshof hat das abgesegnet. Dabei treten Gesetze stets erst in Kraft, wenn sie im Gesetzesblatt veröffentlicht sind. Darüber setzten sich die Richter hinweg.

Für hochrangige Juristen ist das ein Unding, wie der Verfassungsrechtler Javier Pérez Royo ausführt. Seiner Meinung nach hätte das Parlamentspräsidium die angebliche Auflösung des Parlaments durch Ayuso schlicht ignorieren und die Termine zur Debatte der Misstrauensanträge ansetzen müssen. Der Akt der Zulassung eines von einer Fraktion eingereichten Misstrauensantrags ist mit seiner Annahme durch das Präsidium „wirksam“, schreibt der Professor. „Von diesem Moment an ist das Dekret zur Auflösung blockiert”, wenn es nicht zuvor veröffentlicht worden ist. Über Tricks und eine politisierte Justiz hat die PP wieder einmal seinen Willen durchgedrückt.

Die politische Lage in Spanien klärt sich

Dem Sozialdemokraten Pedro Sánchez, der eigentlich stets mit den rechts-neoliberalen Bürgern statt mit der Linkskoalition UP paktieren wollte, kommen nun gleich zwei mögliche Bündnispartner abhanden. Die Cs sind praktisch tot und fallen ganz aus. Es wäre ein Wunder, wenn sie es noch einmal in das Madrider Regionalparlament schaffen, eine Zukunft hat die Partei nicht mehr. In Katalonien wurden sie kürzlich schon für ihren Kurs massiv abgestraft, mit Rechten und Ultrarechten zu paktieren, die noch dazu tief im Korruptionssumpf stecken. Wurde die Cs 2017 mit 25% sogar stärkste Partei in Katalonien, sackte sie auf 5,6% und den siebten Rang ab und wurde von VOX mit 7,7% überflügelt. Die drei spanischen Rechtsparteien kommen gemeinsam nun nicht einmal mehr auf den Stimmenanteil, den die Cs vor vier Jahren noch alleine erzielt hatte. Katalonien wird immer linker und geht immer stärker in Richtung Unabhängigkeit.

Da sich die PP immer weiter ins ultrarechte Lager verabschiedet, fällt für den Sozialdemokraten auch die Option einer großen Koalition nach deutschem Vorbild weg. Mit all diesen Vorgängen bekommt, auch wegen des Wahlkampfs in der bedeutsamen Hauptstadtregion, nun die Linkskoalition einen zentralen Hebel in die Hand, um die Projekte, vor allem in der sozialen Frage, gegen die Bremser in der Sozialdemokratie durchzusetzen. Bisher hatte Sanchez‘ PSOE praktisch alle ihre Vorhaben blockiert. Sie hatte sogar einen offenen Bruch des Koalitionsvertrags angekündigt und darüber die Linkskoalition vor eine Zerreißprobe gestellt.  UP hat jetzt die Chance, das Ruder herumzureißen, auch um die Chancen von Iglesias bei den Wahlen in Madrid zu stärken. Jetzt ist der Moment gekommen, zentrale Wahlversprechen umzusetzen: Streichung der PP-Arbeitsmarktreform, Streichung des Knebelgesetzes, Deckelung der Mieten und Einführung einer Sozialhilfe.

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