„Die Gewalteskalation liegt im Interesse Netanjahus“ – Moshe Zuckermann im Interview

Bild: IDF

Moshe Zuckermann im Interview aus Tel Aviv über die Entstehung des Konflikts, die Interessen von Israel und Hamas und die neue Dimension der Unruhen der israelischen Araber.

Krass & Konkret und die Buchkomplizen danken Moshe Zuckermann, Zeit für das Interview gefunden zu haben, zumal er die letzte Nacht im Luftschutzkeller zubringen musste. Das Gespräch wurde heute um 15 Uhr geführt.

 

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Die harten Auseinandersetzungen mit Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen haben am Montag begonnen. Gestern wurden Hunderte von Raketen auf Israel abgeschossen. Man gewinnt in der Berichterstattung hier den Eindruck, dass der erneute Kriegsbeginn von der Hamas und dem Islamischen Dschihad ausgegangen ist. Ist das so?

Das ist natürlich nicht so, aber es ist die Frage, wo wir  beginnen wollen. Es gab einen Vorlauf,, was diese Gewalteskalation anbelangt. Es gab eine ganze Menge von verständlichen und unverständlichen Provokationen seitens der Israelis. Derzeit ist Ramadan. Israel hat unmittelbar nach den Ramadan-Gebeten Absperrungen in Ost-Jerusalem errichtet. Dazu ist die Polizei auf dem Tempelberg eingedrungen und hat in einige der Moscheen sogar Schockgranaten geworfen ..

Ohne dass Gewalt vorhergegangen ist?

Schauen Sie, die Frage ist, wo Gewalt anfängt. Wenn die Gewalt eine Reaktion auf eine bereits ausgeübte Gewalt ist, dann kann man sich wie die kleinen Kinder streiten, wer angefangen hat. Aber natürlich muss man nach den Interessen fragen. Das Interesse auf der Seite von Hamas ist klar. Die Hamas bekämpft die PLO. Es standen Wahlen an, die PLO war interessiert, sie nicht stattfinden zu lassen. Deshalb hat Hamas jetzt versucht, die PLO unter Zugzwang zu bringen. Netanjahu ist das Pendant zur Hamas. Er wurde abgewählt und steht nun vor seiner Niederlage. Es wurde schon längere Zeit gesagt, dass Netanjahu dann, wenn er den Regierungssitz verlassen muss, zum Schlimmsten greifen wird. Deshalb hat er das angekurbelt. Netanjahu hat über Jahre verstanden, mit der Hamas immer wieder übereinzukommen, was geht und was nicht geht, und jetzt das inszeniert.

Über Jahre hieß es von Netanjahu, er sei zwar korrupt und verlogen, aber er sei kein Kriegstreiber, aber in den letzten Tagen stellte sich heraus, dass er der größte Kriegstreiber ist. Interessant ist, dass er sich sowohl auf den Generalstabschef als auch auf seinen Vertreter Benny Gantz und auf den Geheimdienst stützen kann. Alle vier sind gestern aufgetreten und haben gesagt, Israel stehe in den schlimmsten Tagen seit seiner Existenz. Es ist aber vollkommen klar, dass dies vor allem Netanjahu bedient. Das Grässliche ist, dass es ein Spiel ist, das wir seit Jahrzehnten kennen. Für Israel war es immer wichtig, dass die Hamas nicht niedergerungen wird. Israel war immer daran gelegen, dass die Hamas weiter besteht, weil sie die Feinde der PLO sind, wodurch man das palästinenische Lager spaltet. Man hat auch immer ein Übereinkommen gefunden: Ihr geht so weit, dann machen wir einen Waffenstillstand. Heute hat man zum Schlimmsten gegriffen und abgesehen vom großen Bombardement die gesamte militärische Führung der Hamas liquidiert. Es ist vollkommen klar, was das bedeutet: Wir werden heute eine Höllennacht bekommen. Wie weit das eskaliert, kann ich nicht beurteilen, ich würde aber die Prognose wagen, dass es dazu kommen könnte, dass das israelische Militär nach Gaza eindringt. In diesem Fall könnte es zu einer Notstandsregierung kommen. Und damit hätte Netanjahu genau das erreicht, was er wollte.

Ich hatte vorher gefragt, wo man bei dem Konflikt anfängt. Es hat in Ost-Jerusalem begonnen. Das ist ein besetzter Stadtteil. Das ist eine Tatsache. Wenn Israel ihn annektiert und Donald Trump dies akzeptiert hat, bedeutet das ja nicht, dass der Rest der Welt dies auch akzeptiert hat. Das hat der Rest der Welt nicht. Es ist besetztes Land. Jede Aktion Israels im besetzten Gebiet ist nach den Den Haager Gesetzen ein Kriegsverbrechen. Israel hat dort bereits eine ganze Menge Kriegsverbrechen begangen. Man könnte auch sagen, es sei eine vereinte Stadt, das sei doch prima, weil die Araber dann etwas gewonnen hätten. Aber das ist nicht so. Wenn Sie in West-Jerusalem die Infrastruktur mit der in Ost-Jerusalem betrachten, dann können Sie genau sehen, welcher Apartheidstaat hier existiert. Netanjahu hat es ja geschafft, die Besetzung von der politischen Ordnung in seinen 16 Regierungsjahren wegzuwischen, keiner spricht mehr von der Okkupation. Aber so lange sie weiter besteht, muss man immer mit solchen Gewaltausbrüchen rechnen.

Dazu kommen nun aber auch die Gewaltausbrüche innerhalb von Israel …

Genau darauf wollte ich zu sprechen kommen. Wir haben alle paar Jahre einen Gaza-Krieg. Aber jetzt haben sich die innerisraelischen Palästinenser, also die israelischen Araber, nicht nur solidarisiert, sondern sie haben auch in ihren Städten – das sind Städte mit einer gemischten Bevölkerung wie Lod, Nazareth oder Haifa  – angefangen zu toben. Hier bricht heraus, dass die Cohabitation, von der man immer redet, im Grunde eine Chimäre ist. Das sind Bürger zweiter Klasse, das sind Unterprivilegierte, das sind Leute, die bei der Ressourcenverteilung nie zum Zuge kommen. Sie haben die Schnauze seit langer Zeit so gestrichen voll, dass es jetzt nur eines Streichholzes bedurfte, um diese Explosion auszulösen. Das ist neu. Die Identifikation mit dem palästinensischen Kampf in Gaza und im Westjordanland war noch nie so radikal wie jetzt. Wir stehen unter Feuer. In dem Gewaltausbruch erkennt man, dass wir vor einer Katastrophe stehen.

Wie verhalten sich denn die politischen Vertreter der israelischen Araber im Parlament zu der Situation?

Es gab eine Koalition der arabischen Parteien. Netanjahu hat es im letzten Wahlkampf geschafft, diese auseinander zu dividieren, so dass die islamistische Ra’am-Partei bereit war, mit ihm zu koalieren, um eine Regierung zu bilden. Das hatte aber nicht gereicht. Abbas, der Chef der Partei, hat dann angefangen, zwischen dem Netanjahu- und dem Anti-Netanjahu-Block  zu lavieren. Netanjahu hat probiert, Abbas in Zugzwang zu bringen, aber der hat sich nun erst einmal zurückgezogen, da es im Moment keine Koalitionsgespräche gibt.

Es ist klar, dass jetzt die arabischen Politiker nicht geneigt sind, Netanjahu in die Hände zu spielen und ihrer Klientel zu sagen, dass sie sich ruhig verhalten sollen. Das Problem ist nur immer wieder, dass die eigentlich Leidtragenden hier die Araber selbst sind, die im Gaza-Streifen wegen der Bombardierung umkommen. Die Menschen hier sind sowieso geschlagen. Res ist ein einziges großes Gefängnis. Darüber hinaus haben alle Orte im Süden Israels großes Leid zu ertragen. Die Tatsache, dass wir hier in Tel Avib die letzte Nacht mit Hunderten von Raketen beschossen wurden, ist nicht angenehm, aber das ist gemessen daran, was die Menschen im Süden oder was diejenigen im Gaza-Streifen zu ertragen haben, ein Kinderspiel.

Gibt es denn auch im Westjordanland Proteste?

Hier gab es keine großen Proteste, nur in Ost-Jerusalem. Das hängt auch damit zusammen, dass im heiligen mohammedanischen Ramadan als Provokation  Schockgranaten in Moscheen geworfen und die Menschen gehindert wurden hinauszugehen. Es ist klar, dass dann hier Proteste stattfinden. Im Westjordanland ist es auch deswegen relativ ruhig geblieben, weil im Augenblick die Hamas federführend ist. Sie versucht, im Westjordanland Einfluss zu gewinnen, was ihr auch gelungen ist. Die PLO, die der eigentliche Friedenspartner von Israel hätte werden sollen, ist von Israel ausgebootet worden. Es hat stattdessen die Hamas aufgepäppelt, weil die die PLO bekämpft, dafür muss man halt ertragen, dass es alle paar Jahre ein paar Tage einen Gewaltausbruch gibt. Dann hat die israelische Regierung wieder ihren Frieden.

Es gibt ja nicht nur die Hamas, sondern auch den Islamischen Dschihad. Welche Rolle spielt der in dem Konflikt?

Was die Angriffe auf Israel angeht, kooperieren die beiden im Moment sehr eng. Im Gaza-Streifen ist es manchmal so, dass dann, wenn sich eine Gruppe profilieren will, sie eine Rakete abschießt, dann heißt es von der Hamas, dass sie das nicht waren, das waren die anderen.

Sie sagten, der Konflikt war eine von Netanjahu ausgehende Provokation. Hinter ihm steht in der Palästinafrage ja ein Großteil der Bevölkerung. Man fragt sich ja, welches Ziel vor allem die israelischen Rechten verfolgen? Offenbar ja eine Annexion des Westjordanlands?

Ich weiß nicht, ob es um eine Annexion geht. Man muss eine Sache erst einmal verstehen. Es gab keinen Kampf zwischen Links und Rechts bei den letzten Wahlen. 80 Prozent des israelischen Parlaments sind Rechte oder Rechtsradikale. Es gibt zwei Blöcke: den Netanjahu-Block und den Anti-Netanjahu-Block. Im letzteren sind Leute wie Bennett oder Liebermann. Das sind ehemalige Likudleute. Sie sind kein Deut besser als Netanjahu, sie sind sogar, würde ich sagen, ideologisch noch schärfer als dieser.

Was daraus entstehen soll, ist auf keine Weise eine Alternative zur israelischen Politik, sondern more of the same, wie man im Englischen sagt, allerdings mit anderen Personen. Das hat auch das Absurdum zustande gebracht, dass ein Mann mit sechs Mandaten wie Bennett im Moment der nächste Premierminister werden will, damit der Anti-Netanjahu-Block erst einmal Netanjahu aus dem Spiel nehmen kann. Wenn Sie fragen, was daraus politisch entstehen soll, dann soll daraus ideologisch oder wertemäßig nichts Neues entstehen. Übrigens hat Netanjahu die rechtsradikalen Kahane-Leute hereingebracht. In den 80ziger Jahren ist Meir Kahane in den USA ausgestoßen worden, weil er wie ein Neonazi war. Das israelische Militär hat damals das Tabu aufgestellt, dass der Mann nicht in das Parlament darf. Aus taktischen Erwägungen heraus hat  Netanjahu seine Nachfolger ins Parlament  gebracht.

Was macht eigentlich die Linke in Israel?

Wir müssen unterscheiden zwischen der Linken außerhalb des Zionismus, das sind die arabischen Parteien, und der zionistischen Linken, das sind die Arbeitspartei und Meretz. Das sind auch keine Linken im ökonomischen  oder gesellschaftlichen Sinn, sondern im politischen Sinn. Sie sind friedensbewegt und wollen die Okkupation beenden. Diese Linke ist sehr schwach. Es ist ein kleines Wunder, dass sie überhaupt die Hürde überschritten haben und ins Parlament gelangt sind. Die Linke hat hier eigentlich nichts mehr zu sagen. Daher ist auch die Agenda zum Frieden von Netanjahu vom Tagespolitischen weggefegt worden.

Zwischen Netanjahu und Donald Trump gab es eine enge Verbindung. Trump hatte Jerusalem als Hauptstadt anerkannt, den Plan ausgearbeitet, dass Israel große Teile des Westjordanlands annektieren kann, und Beziehungen zwischen Israel und arabischen Staaten gestiftet. Wie sieht das jetzt mit Joe Biden aus? Er scheint sich eher zurückzuhalten.

Donald Trump hat Netanjahu gewähren lassen. Aber man muss sich abschminken, dass Amerika an Israel interessiert ist. Wenn die Juden und die Palästinenser sich hier fetzen und dies nicht die amerikanischen Interessen betrifft, dann wird sich Washington nicht einmischen. Die Hoffnung, dass eines Tages die EU, von der ist sowieso nicht zu reden, oder die Amerikaner kommen und hier die Kinder zur Raison bringen, um sie an den Verhandlungstisch zu führen, hat sich immer als eine Chimäre erwiesen. Die Amerikaner können Israel mehr oder weniger gewogen sein, aber selbst bei Biden hat Israel die dreieinhalb Milliarden Dollar zur Aufrüstung erhalten. Im Grunde kann man damit rechnen, dass Amerika immer zu Israel stehen wird. Einmal kritischer und mit dem moralischen Zeigefinger oder einmal so jauchzend wie bei Donald Trump. Amerika betreibt wie jedes Land eine geopolitische Interessenpolitik. Daher hat sich mit Biden nichts grundsätzlich verändert. Selbst Trump hat die Annexion nicht zugelassen. Das hätte zu einem regionalen Krieg geführt, das konnte selbst Trump nicht zulassen. Daher ist es gut, dass Trump weg ist, und ist es auch gut, wenn Netanjahu weg sein wird, aber an den Grundstrukturen des israelisch-palästinensischen Konflikts wird sich nichts wesentliches ändern.

Und mit dem neuen Konflikt wird sich auch nichts ändern?

Im Jüdischen gibt es den Spruch: Wem ist eine Prophezeiung gegeben? Nur den Dummköpfen. Wenn ich es aus dem extrapoliere, was gewesen ist, dann wird es more of the same bleiben. Man wird wieder beschwichtigen, dieses oder jenes machen, um die Infrastruktur der Araber etwas zu reparieren, vielleicht kriegt die Hamas auch einige Vergütungen, aber ich glaube nicht, dass es darüber hinausgehen wird. Es geht um einen territorialen Konflikt. Entweder wird das Land zwischen zwei Völkern geteilt oder nicht. Wenn es geteilt wird, hat man die Chance, zu einem Frieden zu kommen. Wenn man es nicht teilt, was man seit 1967 macht, dann muss man immer damit rechnen, dass nach einer Ruhepause wieder neue Gewalt ausbricht. Es haben sich allerdings, wie ich schon sagte, einige neue Momente herausgestellt. Was im Moment mit den israelischen Arabern stattfindet, scheint mir eine neue Qualität darzustellen. Hier muss man sehen, ob die israelische Zivilgesellschaft überhaupt noch funktionsfähig ist. Aber ich bin kein Prophet, ich weiß es nicht.

Siehe auch das Interview mit Moshe Zuckermann vom 15. Mai: „Israel braucht die Hamas, die Hamas braucht Netanjahu“

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2 Kommentare

  1. 16.05.2021

    Mein Mitgefühl ist bei den Unterdrückten und bei allen Leidenden, also auch bei den israelischen Opfern der Raketen der Hamas!

    Aber auch mein Zorn über das Unrecht, über die Ignoranz der „Weltgemeinschaft“ und über das ewige Messen mit zweierlei Maß ist gegenwärtig.

    Natürlich sind die Raketen der Hamas für die israelischen Zivilisten fürchterlich, und auch dort ist jedes Opfer zu bedauern. Aber die israelische Regierung sagt nicht,

    warum die Verzweifelten verzweifelt sind,

    nämlich weil man ihnen als Palästinensern keine Rechte als normale Bürger gewährt,

    weil man ihnen das Wasser und Stromversorgung, insbesondere, aber nicht nur in Gaza reduziert, wo die „Lebens“-Bedingungen nach dem Urteil der UN nicht mehr „Lebens“-Bedingungen sind, sondern als unerträgliche Zustände das Überleben nicht mehr gewährleisten,

    dass man Palästinenser systematisch aus ihren Wohnungen und Häusern vertreibt,

    dass man von israelischer Seite ihre Siedlungen, ihre Anbauflächen samt Früchten auf dem Feld und in den Olivenhainen durch Soldaten und / oder auch israelische Siedler immer wieder zerstört,

    dass man illegalen israelischen Siedlern im Westjordanland meist ungeahndet „erlaubt“, tätliche, ja auch tödliche Übergriffe auf Palästinenser zu verüben, während jeder Steinwurf eines palästinensischen Kindes mit brutaler Härte nach einem Zwei-Klassen-Justizsystem geahndet wird und – völkerrechtswidrige – monatelange, oft auf Jahre hinaus willkürlich verlängerte Administrativhaft zur Folge hat, auch gegen zahlreiche strafunmündige palästinensische Kinder,

    dass man ihnen systematisch das ihnen „überlassene“, meist ohnehin geringwertigere Land Stück für Stück seit 1948 raubt, immer mehr einschnürt, zerstückelt,

    dass man sie auf alle mögliche denkbare und eigentlich undenkbare Weise demütigt,

    dass man ihren Alltag durch unerträgliche Schikanen, Checkpoints, die Unterbindung oder unsägliche Erschwerung des Kontakts untereinander zu einer Qual macht,

    und dass … und … und …

    Auch die überwiegende Berichterstattung in den führenden deutschen Medien ist schlicht tendenziös, weil die wahren Ursachen des andauernden Konflikts nicht korrekt dargestellt werden.

    Und die israelische Militär-Maschienerie rächt jeden israelischen Toten bewusst vielfach, den die Hamas-Raketen leider – und ich lehne ausdrücklich den Raketenbeschuss durch die Hamas ab – verursacht, weil der israelische Staat und seine Propaganda, wie schon 2014, ungestraft und kaum kritisiert vom Rest der Welt, gegen jede UN-Resolution verstoßend, die zynische Auffassung vertreten darf, dass israelisches Leben um ein Vielfaches mehr Wert habe als palästinensisches.

    Die Zahl der Toten hat auf Seiten der GAZA-„Gefangenen“ 2014 folgerichtig das ca. Dreißigfache betragen gegenüber der Zahl israelischen Opfer. – Jedes Opfer an Menschen ist jedoch zu beweinen, auf beiden Seiten! –

    Aber, selbst wenn man Elend und Leid und die auf beiden Seiten zu beweinenden Toten und Verletzten nicht gegeneinander aufrechnen soll:

    Es darf immerhin festgestellt werden, dass die Unterdrücker die Besatzer sind, die gegen jedes Prinzip der Menschenrechtscharta der UN verstoßen und die ein Vielfaches des Elends auf Seiten der Ünterdrückten verursachen, verglichen mit dem Leid, das bedauerlicherweise rachsüchtige Mitglieder der Hamas, der Hisbollah und radikale andere Gegner jüdischen Mitmenschen antun!

    Die am Gaza-Grenzzaun 2018 verübten hundertfachen Morde an meist friedlichen Demonstranten, auch an Sanitätern, sogar an Behinderten im Rollstuhl, an Journalisten, an Menschen, denen gezielt in den Rücken geschossen wurde, die also keine Gefahr für die israelischen Grenzposten bedeutet hatten bei den überwiegend friedlichen Protesten vor drei Jahren, dieses zynische Abknallen und die bewusste hundertfache Verkrüppelung durch Scharfschützen, die zahllose Demonstranten zur Strafe dafür, dass sie die Welt an ihr Elend erinnerten, ganz bewusst und gezielt in die Knie geschossen haben, teils sogar triumphierend ihre „Abschussquote“ feiernd, als würde man auf Hasen schießen, haben in den Herzen und Köpfen der Palästinenser tiefe Wunden hinterlassen. –

    Es ist doch kein Wunder, wenn der, welcher nichts mehr zu verlieren hat, außer seiner Würde, zum Äußersten greift. So schreibt auch Stéphane Hessel, in „Indignez-vous“ / „Empört Euch“, 2010, Ullstein Streitschrift, 24. Aufl. 2013, Seite 17:

    >In der Verzweiflung ist Gewalt ein bedauerlicher Kurzschluss zur Beendigung einer für die Betroffenen unerträglichen Situation.Keine Seite hat mehr Recht auf Leben, einen Wohnort und Kontakt mit ihren Familien hat als die andere!Kamell<:
    „Jeder erzählt dem Anderen seine Geschichte.
    Aber: Keiner hört dem Anderen zu.“

    inspirierten mich 2018 zu ff Text:

    ?✏️ Die ganze Tragik des nahen Ostens (2018-02-03)

    PROLOG:
    Wer kann hier noch Frieden stiften? –
    Wenn die Einsicht nicht von innen siegt,
    wird all‘ dies in Richtung Chaos driften,
    wo jeder jedermann bekriegt.

    Öffnet die verbohrten Herzen!
    Was Andres hilft nicht gegen diesen Wahn!
    Auch die fremden Mütter fühlen Schmerzen,
    denen Ihr das angetan,

    wie Eure eignen, die Euch dann beweinen,
    wenn Eure Särge man nach Hause sendet,
    weil Ihr konntet Euch nicht einen
    und habt das Schicksal nicht gewendet.

    ——-

    ?✏️pr727.Die ganze Tragik des Nahen Ostens

    Jeder erzählt seine Geschichte.
    Aber: Keiner hört dem And’ren zu. –
    Solang‘ ich meine Ohren richte
    auf mein eignes ICH, statt auf das DU,

    erreich´ ich kaum des Anderen Herz.
    Es wird verschlossen bleiben.
    Und in beiden wird der Schmerz
    ziellos wie Holz über den Ozean treiben.

    Verbänden wir das Treibholz mit Gefühl,
    wie durch ein Tau zu einem Floß,
    könnten erreichen wir ein sicheres Ziel,
    sei’s noch so fern, ein Traum so groß. –

    Wir müssten dafür unsre (beiden) Banner noch zusammennähen,
    so hätten wir ein Segel gar.
    Und wenn dann noch günst‘ge Winde wehen,
    würde der Traum vom Frieden – vielleicht – wahr.

    ……

    Copyright by Wolfgang W. Kauz,
    alias Wolfgang Pfannekuch

    ———

    Nachdenklich-besorgte Grüße

    Wolfgang Pfannekuch,
    Rechtsanwalt und Notar a.D.
    Kirchweg 60, 34119 Kassel
    Tel. 0561 / 87 06 25 7
    Mobil: 0160 / 1 222 33 9

    Wolfgang Pfannekuch

  2. alles richtig; nur eine kleine Ergänzung – etwas, was Herr Zuckermann „drunten“ in Tel Aviv offenbar nicht mitkriegt, wenn er sagt in der West Bank sei gerade alles ruhig.
    In der Westbank kocht es. Aber in den A-Zonen, den sog. „Autonomie“-Gebieten werden gerade Solidaritätsdemonstrationen der Bevölkerung mit Gewalt von Abu Mazens Polizei verhindert und unterdrückt ! (das schimpft sich „Sicherheitskooperation“ mit Israel…)

    herzliche Grüße

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