Toni Kroos: „Wir Profi-Fußballer sind die Opfer!“

Toni Kroos
Антон Зайцев, CC BY-SA 3.0 GFDL, via Wikimedia Commons

EILMELDUNG: Im Interview mit Krass & Konkret nach dem Pleite-Spiel gegen Nordmazedonien kündigt Toni Kroos den DFB-Boykott der WM in Katar 2022 an – „aus moralischen Gründen zu Ostern“

 

Der deutsche Weltstar Toni Kroos wandte sich einige Stunden nach dem 1:2-Debakel gegen Nordmazedonien schlaflos in der Nacht an die Redaktion von Krass & Konkret, weil er nach eigener Aussage „den Alt-Medien und Auflagen-Losern von Bild“ nicht mehr vertraue. Nur Stunden zuvor verteidigte er in seinem eigenen Fußball-Podcast „Einfach mal luppen“ die Human Rights-Aktionen des DFB-Teams, lehnte aber einen WM-Boykott ab, weil er nichts mehr bringe. Nach dem Spiel gegen Nordmazedonien, ein paar Martini, Proteinshakes und Gesprächen mit seinem PR-Manager hat er nun seine Meinung geändert, wie er Krass & Konkret exklusiv berichtet.

Toni Kroos ist zwar hauptberuflich Fußball-Weltmeister 2014, nebenberuflich Profi-Fußballer bei Real Madrid und privat Vater von drei Kindern, die ihm die Haare vom Kopf fressen, aber die meiste Zeit im Leben widmet er seiner Toni-Kroos-Stiftung, die sich um kranke Kinder kümmert.

Toni, im Sport, in der Mode und in Bayern duzt man sich … Du hast Dich heute an die Buchkomplizen gewandt, weil Du eine Exklusiv-Meldung für uns hast. Warum an die Buchkomplizen und nicht an die Spezies von der Bild-Zeitung?

Toni Kroos: Ach, Bild, die liest doch keiner mehr … Printmedien spielen doch heute keine Rolle mehr im öffentlichen Diskurs …

Das klingt klug?

Toni Kroos: Ja, habe ich gelesen … in einem Buch. Neulich, während eines Spiels von Schalke 04 im Fernsehen, das war so langweilig, da dachte ich, da kann ich ja auch was Langweiliges lesen … Naja, jedenfalls, also, die von der Bild mag ich nicht mehr, die haben was Komisches über meine Haare geschrieben. Und sonst gibt es ja keine wichtigen Zeitungen mehr, FAZ, voll unwichtig geworden, Spiegel, naja, die Politiker und Jogi Löw, die lesen den noch. Aber „krass&konkret“, das neue Online-Mag der Buchkomplizen, das ist the next big thing … Ich kann das beurteilen, ich bin PR-Experte. Ich habe 14 Millionen Follower auf Facebook, die interessiert zwar nicht, was ich sage, aber Hauptsache Follower, das ist die neue Währung. Nur online und viral geht noch, sagt mein Manager. Und außerdem hattet ihr ja ein Exklusiv-Interview mit Brig Barker, ihr scheint sehr gute Kontakte in die höchsten Kreise zu haben, Rothschild … Und Dein Nachname klingt auch irgendwie merkwürdig … Diese Kontakte brauchen wir jedenfalls, wenn man sich mit Katar anlegt …

Grandiose Markt-Analyse, Toni, und endlich einmal eine Verschwörungstheorie, die auch zutrifft … Die Dienste sind bekanntlich überall und der Mossad weiß alles … Aber was ist die Exklusiv-Meldung?

Toni Kroos: Wir fahren nicht zur WM.

„Sonst nimmt uns doch keiner mehr ernst“

Was?

Toni Kroos: Ja, die Spieler des DFB boykottieren die WM 2022 in Qatar. Uns reicht’s … Und wenn wir das nicht boykottieren würden, nimmt uns doch keiner mehr ernst nach dem Reinfall mit unseren Human Rights-T-Shirts neulich …

Stimmt, das war peinlich. Sehr peinlich, das wurde als reiner PR-Gag kritisiert.

Toni Kroos: Ja, genau, fies, so fies, schlimmer als der Anschlag auf Nawalny … Aber wir haben Ehre, Stolz und Werte … Wir sind ein wahres Füllhorn politischer Überzeugungen.

Echt? Na, gut … Aber das kommt sehr überraschend, dieser Schritt?

Toni Kroos: Naja, wir wollen auch unseren doofen Kritikern eins auswischen … Keine deutschen Spiele bei der WM, tja, so läuft das: Dann läuft eben mal kein Toni Kroos im Fernsehen auf dem Platz rum … Das habt ihr jetzt davon, Ihr Heuchler!

„Ich bin privat ein großer Anhänger des Herz-Jesu-Kapitalismus“

Aber Fußballer mit Moral, das ist so selten wie eine Spielerfrau mit Beruf?

Toni Kroos: Ja, die Gründe für mich persönlich sind auch biographischer Natur: Ich wurde ja in der DDR geboren, habe das mit der Muttermilch aufgesaugt diese Ideen von Gerechtigkeit. Ich bin privat ein großer Anhänger des Herz Jesu-Kapitalismus, besonders jetzt zu Ostern: also einer Art Sozialismus mit ein paar wenigen Kapitalisten darin, die nach Gutsherrenart Almosen verteilen … Ich habe zum Beispiel gerade erst einem Cousin von mir in Schwerin eine Eigentumswohnung gekauft, weil der keine Wohnung fand zur Miete … Echt schlimm.

Dass er keine Wohnung fand?

Toni Kroos: Dass ich ihm die kaufen musste. Gäbe es noch eine sozialistische Wohnungsbaupolitik wie in der DDR, hätte ja jeder eine Wohnung – und ich noch mein Geld.

Welch ein dialektischer Doppelpass im Geiste … Im April 2020 hast Du ja auch tatsächlich öffentlich beklagt, dass aufgrund der Einnahmeverluste durch Corona Real Madrid Dein Gehalt von fast 22 Millionen Euro pro Jahr um etwa 5% gekürzt hat, Du hast es wörtlich als „eine Spende ins Nichts“ bezeichnet, es gab es sehr viel Kritik, die FAZ schrieb, Du sollst Dich schämen. Aber welche Gründe gibt es noch für den WM-Boykott?

Toni Kroos: Diese unerträgliche Homophobie in Katar. Das haben wir als ganzes Team ja schon neulich bei der T-Shirt-Aktion klargestellt.

Stimmt, die meisten Fußballer sind ja homosexuell. Gab es sonst noch Gründe?

Toni Kroos: Wir haben uns alle gefragt: „Was würde ein Lothar Matthäus tun?“ Wie immer in der Dritten Person, übrigens Glückwünsche zum Geburtstag, Lodda … Würde ein Lothar Matthäus das mit sich machen lassen, wenn uns als Team in den letzten Tagen angetan wurde an gemeinen Vorwürfen? Nein. Das heißt, wir mussten reagieren … Ehrenmann, weißt schon, Diggah …

Aber im Ernst: Ich hab vor kurzem auch meine Laube in Marbella umbauen lassen und hab den Arbeitern da auch 7 Euro die Stunde gezahlt … Ich finde, weniger ist unfair. Immer Mensch bleiben. Und da sollte sich auch Katar dran halten. Und außerdem wurde uns Spielern in letzter Zeit einiges klar …

Ach so … Was denn?

Toni Kroos: Seitdem es überall nur noch um diese Gender-Sternchen geht, stellen Spielerfrauen ganz schöne Ansprüche. Ich finde diesen Materialismus heutzutage schlimm. So etwas gab es doch es früher nicht …

„Ich finde diesen Materialismus heutzutage schlimm“

Nein, früher, da lebte man von Luft und Liebe, und frau sowieso, und besonders die Muslimas … Aber was hat das mit der WM und den Arbeitern dort zu tun? Du denkst sehr politisch, das K in Kroos könnte auch die Antwort auf die K-Frage sein, auch Klitschko ging in die Politik …

Toni Kroos: In der Kabine nach den Spielen haben alle gar kein anderes Thema mehr, manche sind sogar am Heulen … Diese Spielerfrauen haben jetzt eigene Meinungen und wollen mehr Taschengeld von uns. Wir empfinden das als Menschenrechtsverletzungen gegen uns Fußballer … Das ist seelische Misshandlung, wie bei MeToo. Immer geht es nur um’s Geld, dabei sind wir doch auch Menschen. Wir wissen also, wie sich die Arbeiter in Katar fühlen, auch die werden ausgebeutet wie wir. Auch die Psyche wird völlig unterschätzt … Wir schießen dann Eigentore, auf dem Platz und außerhalb, auch in der Ehe, und die Arbeiter fallen vom Dach.

Nun werden Kritiker wieder sagen: Naja, die WM soll ja bis kurz vor Weihnachten stattfinden, und da habt ihr keine Lust drauf als Familienmenschen?

Toni Kroos: Also, das ist wirklich eine gemeine Unterstellung, unmenschlich … Denn die meisten von uns treffen sich eh immer über die Weihnachtsfeiertage in Las Vegas zum kollektiven Bordell-Besuch, team building, work-life-balance, dort kommen wir über die Feiertage immer zur Ruhe, finden die Liebe, die wir zu Hause bei unseren Spielerfrauen nicht finden.

Tja, alle Kinder Gottes Gottes brauchen Liebe … Aber würdet Ihr denn überhaupt ins Endspiel kommen bei der WM kurz vor Heiligabend? Nach den Total-Pleiten der letzten Spiele sieht es ja nicht so aus, gell …

Toni Kroos: Lüge, Unterstellung, Gossen-Journalismus. Wir hatten gestern nervliche Probleme, denn Spiele werden ja im Kopf gewonnen … Also, was Ihr Journalisten immer daraus macht?

Also, bitte, Journalist*innen sagt man heute …

Toni Kroos: Ja, nee, is klar … Aber wir waren nervlich total am Ende schon vor dem Spiel gestern, nach den ganzen gemeinen PR-Vorwürfen gegen uns. Und der ganze Ärger mit den Spielerfrauen, dem Feminismus … das führte zum Selbstmord von Boatengs Freundin … Das war alles ein Stich ins Herz für uns. Wir sind hier die Opfer! Wir dürfen nicht mal schnell nach Mallorca zum Feiern wegen der Merkel-Corona-Diktatur.

„Das sind unhaltbare Zustande, in denen wir leben und arbeiten“

Aber es gibt doch Millionen Tote wegen Corona?

Toni Kroos: Ja, das ist schlimm. Aber doch nicht auf unsere Kosten! Wir sind hier die eigentlichen Opfer – von allem da draußen! Die Profi-Fußballer! Wir leiden unter allem am meisten. So wie man Gott anklagt in der Trauer, so klagt man nun uns an, eine Hexenjagd gegen uns – als Götter! Das sind unhaltbare Zustande, in denen wir leben und arbeiten: Daher jetzt der Boykott der Welt da draußen, äh, der WM! Sonst nimmt uns keiner mehr ernst als denkende und fühlende Menschen … Wir wollen HUMAN RIGHTS! Auch für uns!

Aber als denkender Mensch gefragt: Hättet Ihr denn die WM-Qualifikation überhaupt geschafft? 1:2 gegen Nordmazedonien … Wenn nicht, dann ist doch Euer Boykott obsolet?

Toni Kroos: Obsolet? Was heißt das? Ist das der Spieler aus Belarus?

Obsolet heißt Quatsch … Wenn Ihr die Quali eh nicht geschafft hättet? Danach sieht es ja nach dem letzten Spiel gestern aus, oder nicht?

Toni Kroos: No comment. Das möchte ich weder bestätigen noch dementieren. Diese Frage war nicht abgesprochen. Schiri! Schiri!!! Foul!!!

Schiri, streichen Sie die Frage aus dem Protokoll! Angeklagter, Sie haben das letzte Wort!

Toni Kroos: Du weißt ja, ich habe lange in Spanien gespielt, die spanische Sprache ist so romantisch … Vete a la mierda! Das Wichtigste für mich ist Vielfalt und Integration.

Der Soziologe Wolfgang Pohrt warf der Schröder-Regierung einmal vor, der plakative Anti-Rassismus einer werbewirksamen „bunten Gesellschaft“ übertünche nur die krasser werdenden Unterschiede von Arm & Reich durch die Hartz IV-Reformen?

Toni Kroos: Naja, wenn die weltweite Pandemie-Krise durch Corona uns allen eines gezeigt hat, dann ist es doch, was wirklich wichtig ist im Leben: Geld.

Aufrichtig, ehrlich, so kennt man Dich, Toni, so lieben wir Dich … Eine letzte Frage, Toni: Joseph Blatter hatte in einem Interview nicht zu einem 1. April vor Jahren eingeräumt, die Vergabe an Katar sei alleine aufgrund des Drucks der Deutschen und deutscher Großunternehmen wie VW zustandegekommen, um deren Geschäftsbeziehungen zu Neuen Märkten und neuen Big Playern auf der Arabischen Halbinsel weiter auszubauen. Die FIFA habe diesem Druck nur nachgegeben, auch wollte man „alten“ Störenfried-Nationen in Europa wie dem englischen Verband eins auswischen und dessen traditionelle Macht in der UEFA zurückdrängen. Was sagst Du zu diesen Vorwürfen?

Toni Kroos: Willst Du mich verarschen?

Wer hat denn damit angefangen?

Toni Kroos: Ich möchte nichts mehr sagen … Aber mein innerer Gary Lineker möchte zum Schluss die beste Fußballer-Weisheit aller Zeiten wiederholen: „Ein Spiel dauert 90 Minuten. Und am Ende gewinnen immer die Deutschen.“

Nur im Spiel?

Toni Kroos: Unser Spielfeld ist Deutschland, und morgen die ganze Welt.

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