88.000 Quadratmeter fruchtbarer Boden sollen für einen Rüstungskonzern geopfert werden

Acker (Symbolbild): Bild: Didgeman/Pixabay.com

Arno Luik schreibt an die SPD-Abgeordnete Leni Breymaier

Liebe Frau Breymaier,

in fast jeder Rede bei fast allen Politiker und Politikerinnen kommen derzeit diese Worte vor: „Nachhaltigkeit“, Klimaneutralität“, „Artenschutz“, und dass es gaaaanz arg wichtig ist, „für die zukünftigen Generationen“ dafür zu sorgen, dass es auf diesem Planeten nicht noch wärmer wird. Schön.

Weniger schön, nein, überhaupt nicht schön ist dann, wenn ich nun in der Heidenheimer Zeitung (HZ) lese, wie „die Abgeordnete Leni Breymaier (SPD)“ sich dafür einsetzt, dass in Oberkochen ein neuer Industrie“park“ entstehen soll. Dass also wieder einmal wertvolles Ackerland versiegelt wird. Mit Beton – dem Klimakiller Nummer 1. Ihr Einsatz für den Landraub also mit dazu beiträgt, dass das Leben für kommende Generationen schwerer wird. Vielleicht sogar unerträglich.

Besonders pervers, ein anderes, ein netteres Wort fällt mir in diesem Zusammenhang leider nicht ein: 88 000 Quadratmeter fruchtbarer Boden sollen/werden geopfert für einen Rüstungskonzern – die Firma Hensoldt. Waffen, das wissen Sie sicherlich, schaffen nicht Leben. Bauern erhalten und sichern Leben, das sollten Sie wissen.

Ja, sagen Sie, es geht um Arbeitsplätze. Es geht immer um Arbeitsplätze. Das ist stets das Totschlagargument gegen Vernunft und Verstand, seit zu vielen Jahren. Aber, und da wird es total pervers: In Ihrem Wahlkreis gibt es faktisch keine Arbeitslosigkeit (wenn Sie die FAZ lesen, können Sie das dort nachlesen), wenn Sie Ihre Lokalzeitung HZ von dem Tag lesen, an dem Ihr unverantwortliches Plädoyer für den Kriegskonzern erschienen ist, können Sie sich dies zu Gemüte führen: Der Rückzug der Arbeitslosigkeit in der Region HDH/AA macht der Arbeitsagentur „Sorge“, denn: für „die gemeldeten offenen Stellen wird es immer schwieriger eine passende Arbeitskraft zu finden“.

 Im Klartext: Mit der Sorge um Arbeitsplätze lässt sich die geplante Naturvernichtung durch eine Waffenschmiede nicht begründen. Im Klartext: Jeder neue Arbeitsplatz bedingt zwangsläufig Zuzug, bedingt mehr Verkehr, bedingt mehr Wohnfläche, bedingt mehr Ackerbodenzerstörung, bedingt mehr Betonverbrauch, bedingt mehr Klimaerwärmung.

Fakt ist auch noch dies: Das Kocher-/Brenztal ist schon jetzt übervoll – mit Industrie“parks“, mit geplanten Gewerbegebieten (etwa gegenüber dem Zeiss in Oberkochen/Königsbronn). Das vormals schöne Tal ist schon jetzt hässlich zugestopft.

Und: Fahren Sie mal morgens oder abends auf der B 19 von Heidenheim nach Oberkochen, von Oberkochen nach Heidenheim. Viel Spass im Stau und Gestank.

Ist Ihnen wirklich nicht klar, was Sie da tun? Oder tun Sie es skrupellos, wider besseres Wissen?

Wie auch immer, es ist der schiere Hohn, wenn Sie schreiben (lassen), dass bei diesem so unsäglichen und so unverantwortlichen Flächenfraß auch der Umweltschutz beachtet würde, dass man sich der „Verantwortung für die zukünftigen Generationen bewusst“ sei.

Sie reden da wie Bürgermeister Stütz aus Köngsbronn. Der schenkte seinen Bürgern im Juni ein Tütchen mit Wildblumen-Saatmischung („Aktion Königsbiene“) und preist diese Öko-Placebo-Tütchen als „Artenschutz“ an – während er gleichzeitig ein riesiges Gewerbegebiet ausweist, ein Wohngebiet in Hochwasserzonen bauen lässt, dazu noch darauf besteht, dass jedes neue Haus vor der Tür einen Carport haben muss, also Bienen das Leben fast unmöglich macht.

Ach, noch etwas, da können Sie Ihre Mitarbeiter (Mitarbeiter:innen) mal drauf ansetzen: Allein das US-Militär verschmutzt die Umwelt mehr als 140 Länder. Wenn nun, wofür ja auch Ihre Partei ist, der Rüstungsetat auf zwei Prozent des BIP steigt – dann können Sie alle Klimaziele, ich sag’s mal klischeehaft: in der Pfeife rauchen.

Es gibt viele Gründe, weshalb die SPD in die historische Bedeutungslosigkeit entschwindet – einen davon haben Sie eben geliefert.

Mit Grüßen aus Königsbronn:

Arno Luik

p.s.:  Ach, ach, noch etwas: Klima? Ihre Partei, vielleicht auch Sie, ist ja vehement für Stuttgart 21. Dazu werden weit über 100 Kilometer Tunnelröhren gebohrt. Der Bau von einem Kilometer Eisenbahntunnel setzt so viel CO2 frei wie 26 000 Autos, die im Jahr 13 000 Kilometer fahren. So gesehen ist Ihr Einsatz, also dieser Kampf gegen die Umwelt und für den Waffenkonzern nur konsequent.

p.p.s.: Die SPD ist natürlich nicht für einen Rüstungsetat von zwei Prozent. Zwar hat 2014 der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) diesem Nato-Ziel freiwillig zugestimmt, aber daran muss man in Wahlkampfzeiten nicht unbedingt erinnern. Es reicht ja auch, wenn man Jahr für Jahr die Erhöhung des exorbitanten Rüstungsetats abnickt und so langsam, aber sicher an das 2-Prozent-Ziel (faktisch eine Verdoppelung des derzeitigen Etats) heranrobbt. Ach, Klima? Fliegen demnächst die Kampfjets mit Solarzellen? Rollen die Panzer mit Ökostrom zu den Manövern an der Nato-Ostgrenze?

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