11-minütiger Weltraumtrip verursacht so viele CO2-Emissionen wie Menschen ihr Leben lang

Blue Origin-Welttourismusflug am 13. Oktober. Bild: Blue Origin

Nach dem World Inequality Report 2022 vertieft sich die globale Ungleichheit, auch bei den CO-Emissionen. Klimapolitik müsste die Reichen mit dem großen Fußabdruck stärker besteuren.

 

Das World Inequality Lab hat vor wenigen Tagen seinen Bericht über die Ungleichheit in der Welt: The World Inequality Report 2022 vorgelegt. Es ist eine Schatztruhe an Daten über die Ungleichheit auf vielen Ebenen, auch wenn bedauert wird, dass in Bezug auf Ungleichheit verlässliche Daten ziemlich rar sind. Man ist offenbar nicht so sehr daran interessiert, die Ungerechtigkeit und Misere zu erfassen, da dann der Druck entstehen könnte, Veränderungen an den herrschenden Systemen vorzunehmen.

Das Lab wird finanziert vom European Research Council, verschiedenen Universitäten und Forschungszentren, der Paris School of Economics, der Ford Foundation u.a., der Bericht und die dazugehörige Datenbank könnten ohne erhebliche finanzielle Unterstützung nicht realisiert werden.

Gleich zu Beginn des Berichts wird festgestellt, dass die Coronakrise die Konzentration des Reichtums und damit die Verarmung der Meisten noch einmal verschärft hat: „Unsere Daten zeigen, dass die obersten 1 % seit Mitte der 1990er Jahre 38 % des gesamten zusätzlich angehäuften Reichtums an sich gerissen haben, mit einer Beschleunigung seit 2020. Ganz allgemein bleibt die Vermögensungleichheit in allen Regionen auf einem extremen Niveau.“ Nämlich mindestens so hoch wie auf dem Höhepunkt des westlichen Imperialismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts. In Europa soll es die geringste Ungleichheit geben, die höchste in der MENA-Region (Nahost und Nordafrika), also vor den Toren Europas. Und es sind die Reichen aufgrund der Umsetzung der neoliberalen Ideologie reicher geworden, nicht aber die Staaten, die aufgrund der Herabsetzung der Steuern ärmer wurden.

Die Dimensionen sind in etwa bekannt. Nach dem Lab liegt der Anteil des reichsten 1 Prozents am Einkommen bei 19 Prozent und am Vermögen bei 38 Prozent, während die ärmeren 50 Prozent gerade einmal einen Anteil am Einkommen von 8 Prozent und am Vermögen von Prozent haben.

Die Ungleichheit findet sich nicht nur in Ländern, wo sie zugenommen hat, und zwischen Ländern, wo sie geschrumpft ist, sondern auch zwischen Geschlechtern (Anteil der Frauen am Arbeitseinkommen liegt bei 35 Prozent) und Menschen, die wenig CO2-Emissionen und solchen die viele verursachen. Die reichsten 10 Prozent haben einen Anteil von 48 Prozent am individuellen CO2-Fußabdruck (Emissionen vom Konsum, von privaten und öffentlichen Investitionen und vom Import/Export von Waren und Dienstleistungen). In Europa verursachen die ärmsten 50 Prozent jährlich 5 Tonnen CO2 pro Kopf, die reichsten 10 Prozent 29 Tonnen, also fast das Sechsfache.

„Das global reichste 1 Prozent der menschen emittiert durchschnittlich 110 Tonnen, die reichsten 0,1 % 467 Tonnen, die reichsten 0,01% 2.530 Tonnen pro Person und Jahr. Diese Emissionen stammen sowohl aus dem individuellen Konsum als auch aus den Investitionen, die sie tätigen. … Am anderen Ende der Reichtumsverteilung emittiert eine Milliarde Menschen weniger als 1 Tonne pro Person und Jahr.“

Mit einem Beispiel erhellen die Autoren das CO2-Ungleichgewicht. Seit kurzem wurde der Weltraumtourismus eröffnet, die Superreichen stehen Schlange, die ersten zu sein, die wenigstens für ein paar Sekunden die Schwerelosigkeit des Weltraums erfahren.

Der 11-Minutenflug von Blue Origin mit Chris Boshuizen, William Shatner, Audrey Powers und Glen de Vries. Bild: Blue Origin

Ein 11-minütiger Weltraumflug, wie ihn die Firmen der Billionäre und Oligarchen ihresgleichen anbieten,  emittiert 75 Tonnen CO2 pro Passagier, wenn man die indirekten Emissionen mit berücksichtigt. Die Autoren gehen davon aus, dass es eher 250-1000 Tonnen sein werden. Die ärmste eine Milliarde der Menschen würde auch nur 75 Tonnen pro Person ihr ganzen Leben lang ausgeben: „Es dauert also wenige Minuten in der Raumfahrt, um mindestens so viel Kohlenstoff auszustoßen, wie eine Person aus der untersten Milliarde in ihrem ganzen Leben ausstoßen wird. Dieses Beispiel zeigt, dass es dass es kaum eine Grenze für die Kohlenstoffemissionen der der Ultra-Reichen gibt.“

Die gewaltigen Unterschiede in den CO2-Emissionen müssten, so die Autoren, für die Klimapolitik berücksichtigt werden. Die Reichen sind bislang kein Thema, auch nicht in der Klimapolitik der neuen deutschen Regierung. CO2-Abgaben etwa würden unverhältnismäßig stärker niedrige und mittlere Einkommensgruppen treffen. Die Autoren empfehlen hier eine progressive CO2-Reichensteuer. Man könne Luxusgüter, die viele CO2-Emissionen verursachen wie Yachten oder Tickets für die Business-Klasse beim Fliegen höher besteuern und manche Produkte und Dienstleistungen strenger regulieren oder auch verbieten, beispielsweise SUVs.

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