Joe Biden und die Trump-Länder Polen und Ungarn

Joe Biden gestern. Unklarist noch, was Kamala Harris einbringen wird, die sich bislang devot im Hintergrund hält. Bild: Weißes Haus

Ungarn und Polen nannte Biden mit Weißrussland, als er vom „Anwachsen des Totalitarismus in der Welt sprach, besonders Ungarn könnte schlechte Karten haben.

An Komplimenten wurde gegenseitig nicht gespart – Donald Trump und die nationalkonservativ regierten Länder Polen und Ungarn waren auf einer Wellenlinie.  Vor allem Polen hielt dem scheidenden US-Präsidenten bis zuletzt die Treue – den Sturm aufs Kapitol wollte die Führung in Warschau nicht kritisieren. Der ehemalige Außenminister Witold Waszczykowski hielt die Wahlen noch letzte Woche für „unredlich“.

Trump verstand es, bei seinem Auftritt 2017 in Warschau auf die Leiden der Stadt und der Nation im Zweiten Weltkrieg einzugehen, zudem hob er den Visazwang bei der Einreise für polnische Staatsbürger auf. Warschaus regierungsnahe Medien revanchierten sich mit Stimmungsmache gegen den Demokraten Joe Biden, dies zielte auch auf die  polnischstämmige Minderheit in den USA ab, die konservativ ausgerichtet ist.

Doch nolens volens, die beiden NATO-Mitglieder werden sich nun mit Joe Biden arrangieren müssen. Grundsätzlich stehen derzeit für Joe Biden Prioritäten wie die Pandemie, die Wirtschaftskrise sowie das Verhältnis zu China und Russland an. Gegenüber dem Kreml hat Biden eine entschlossene Linie versprochen, dies beruhigt vor allem die Führung in Warschau.

Polen nach „Fort Trump“

Ein exklusives Verhältnis, wie es Polens Präsident Andrzej Duda mit dem Vorschlag der US-Militärbasis namens „Fort Trump“ manifestieren wollte, steht jedoch kaum an. Der stellvertretende polnische Verteidigungsminister Marcin Ociepa beruhigte am Donnerstag die polnische Öffentlichkeit, die unter Trump vereinbarten Waffenlieferungen, dazu gehören auch Patriot-Raketen und F-35 Kampfflugzeuge, würden durch Biden nicht gefährdet.

Günstig für Polen sieht es mit der sich im Bau befindliche Gas-Pipeline Nord Stream 2 aus, gegen die sich Biden ausgesprochen hat, derzeit steigen mehrere Firmen wie Bilfinger aus dem Projekt aus Angst vor amerikanischen Sanktionen aus. Allerdings steht hier noch das Gespräch Merkel – Biden an, der amerikanische Präsident kündigte an, jedes „Überredungsmittel“ gegen die „schlechte Idee“ zu nutzen.

Polen, dies schließt die Opposition mit ein, befürchtet, dass der Kreml Energie als Waffe nutzt und die Ukraine von der Gasversorgung abschneiden könnte.

Für die Umwandlung des Rechtsstaats, die vor allem von Jaroslaw Kaczynski, dem Vorsitzenden der Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) voran getrieben  wird, für den scharfen Ton gegen sexuelle Minderheiten und die Maßnahmen gegen die Pressefreiheit, was gerade in beiden osteuropäischen Ländern stattfindet, wird der Amerikaner jedoch kein Verständnis aufbringen.

Zwar erklärte der ehemalige US-Botschafter in Warschau Stephen Mull gegenüber dem liberalen polnischen Nachrichtensender TVN24, dass Biden so polenbegeistert sei, dass er in seiner Familie „Bidenski“ genannt werde.

Doch im kollektiven Gedächtnis der Polen ist auch hängen geblieben, dass der Wahlkämpfer Biden im vergangenen Jahr Ungarn und Polen mit Weißrussland in einen Topf warf, als er vom „Anwachsen des Totalitarismus in der Welt“ sprach.

„Eine Insel des Trumpismus“ nannte hingegen der ehemalige polnische Außenminister und Oppositionspolitiker Radoslaw Sikorski sein Land und forderte die nationalkonservative Regierungspartei „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS) dazu auf, die Isolation zu beenden.

„Keinen Plan B“ hatte der ungarische Premierminister Viktor Orban, wie dieser wortwörtlich selbst gestand, er setzte wie 2016  im vorigen Jahr allein auf den Sieg Donald Trumps und warf der demokratischen Partei in den USA „moralischen Imperialismus“ vor. Steve Bannon, Ex-Berater von Trump, der von dem scheidenden Präsidenten kürzlich begnadigt wurde, nannte Orban begeistert einen „Trump vor Trump“.

Für die kommenden Auseinandersetzungen mit China und Russland, braucht Biden die angekündigte Annäherung an die EU. Und auch seiner Eröffnung, der Erosion der Demokratien etwas entgegen zu halten, könnte er Taten folgen lassen.

Ungarn: Störende Brücke für Russland und China in die EU

Es spricht einiges dafür, dass er und seine Ministerien gegen Orban ruppiger auftreten werden als gegen die Führungsriege an der Weichsel. Diese ist in ihrem internationalem Auftreten ungeschickter, der ungarische Politiker verfügt hingegen über mehr Strahlkraft  und beeinflusst Länder wie Slowenien und Tschechien, aber auch Italien, wo sich ähnliche autoritäre und populistische Strukturen bildeten.

Ärgerlich für Biden dürfte auch die Brückenkopfverbindung darstellen, die Ungarn für Russland wie China bildet –  Ungarn bezieht Öl und Gas aus Russland, sowie einen Kredit für das erste Atomkraftwerk des Landes, hinzu kommt, dass die International Investment Bank ihr Hauptquartier von Moskau nach Budapest verlagert.  Auch konnte Russland dort seinen Impfstoff verkaufen.

Eine chinesische Universität soll 2024 in Budapest eröffnet werden, sie ist die erste dieser Art in der EU und löst bezeichnenderweise die  Central European University ab, welche von George Soros finanziert wurde und auf Betreiben Orbans aufgelöst werden musste. Und Huawei hat in Ungarn sein größtes Versorgungszentrum außerhalb Chinas aufgebaut.

Dies und vieles andere missfällt  Wendy Sherman und Victoria Nuland, zwei Diplomatinnen, die in das US-Außenministerium zurückkehren und die sich bereits unter Barack Obama an dem autoritär regierenden Orban rieben. Vor allem Nuland gilt als energisch-durchgreifend, den ungarischen Politiker verglich sie mit einem Krebsgeschwür für die Demokratie und ließ 2016 das Gedenken an den ungarischen Aufstand in Washington organisieren, ohne die Regierung in Budapest einzubinden. Eine Rolle könnte auch spielen, dass der designierte US-Außenminister Antony Blinken mütterlicherseits von jüdisch-ungarischen Vorfahren abstammt.

Die verbleibende unabhängige Presse in Ungarn sowie die Zivilgesellschaft machen sich nun Hoffnung, dass ihre Belange in Washington mehr Gehör findet.

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