Der 27. Februar 2022, oder: Ich kenne keine Parteien mehr

Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz am 27. Februar 2022. Screenshot von Video des Deutschen Bundestags

 

Der 24. Februar 2022 war ein schwarzer Tag. Der 27. Februar war der Tag, an dem der 3. Weltkrieg begonnen wurde.

 

„Wenn Deutschland bis an die Zähne gerüstet ist, / Wird ihm ein großes Unrecht geschehen / Und der Trommler wird seinen Krieg führen“ – Bertolt Brecht

 

Demokratie? An einem sonnigen Sonntagmorgen verkündet der SPD-Kanzler eine Hochrüstung ohnegleichen, verkündet er die Übererfüllung des 2-Prozent-Kriegsziels. Erklärt er, um „jeden Fußbreit Europas“ zu kämpfen. Parlament?

1914 bewilligt die SPD Kriegskredite. Vier Jahre später sind über zehn Millionen Menschen dahingeschlachtet, verhungert, erfroren.

1928 bewilligt die SPD Gelder für Kriegssschiffe. Das freut Hitler sehr.

1998 ziehen SPD und Grüne in den völkerrechtswidrigen Kosovokrieg. Und bomben mit der US-Nato Kosovo aus dem jugoslawischen Staatenbund.

2001 ziehen SPD und Grüne „bedingungslos“ an der Seite der Taliban-Schöpfer USA in den Afghanistankrieg gegen die von den USA kreierten Taliban-Monster.

2003 zerschlagen SPD und Grüne mit der Agenda 2010 den Sozialstaat. Verkündet damals von Schröder mit ähnlich kalt-brutal-düsterer Stimme wie heute nun Scholz die Tot-Rüstung befohlen hat.

2008 finanzieren SPD und CDU in der Finanzkrise mit Hunderten von Millionen Euro die Verursacher der Finanz“krise“ – und die Bevölkerung bezahlt und zahlt noch heute.

2022 Scholz‘-Hochrüstungsbeschluss, der aus Deutschland Sparta macht, einen militärischen Hegemon in Zentraleuropa schafft, der sich in Sachen Militär und damit zwangsläufig Krieg der „historischen Zurückhaltung“ entsorgt hat und dafür sorgen wird, dass „Blut, sehr viel Blut fließen wird“ (Eric Hobsbawm).

2022 an diesem kalten 27. Februartag beklatschen die meisten Parlamentarier stehend ihre Entmündigung, wie sie 19 Jahre zuvor begeistert und auch stehend das Ende des Sozialstaats beklatscht haben, wie viele Jahre zuvor ebenfalls Deutsche an einem kalten Februartag frenetisch klatschten in einem Spo… ich lass es.

Das 20. Jahrhundert war das „Zeitalter der Extreme“, das 21. Jahrhundert wird wohl „das Zeitalter des Endes“.

„Das große Karthago führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden.“ – Bertolt Brecht


 

Im „stern“ vom 23.10.2014 kritisierte A. Luik die deutsche Aufrüstungspolitik: „Lizenz zum Töten“.

Arno Luik, geboren 1955, war Reporter für Geo und den Berliner Tagesspiegel, Chefredakteur der taz, Vizechef der Münchner Abendzeitung und langjähriger Autor der Zeitschrift Stern. Für seine Enthüllungen in Sachen Stuttgart 21 erhielt er den „Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ des Netzwerks Recherche. 2019 erschien von ihm bei Westend der Bestseller „Schaden in der Oberleitung – Das geplante Desaster der Deutschen Bahn“.

 

Gespräche von „Deutschlands führendem Interviewer“ (taz, Peter Unfried) sind in mehr als 25 Sprachen übersetzt worden; für sein Gespräch mit Inge und Walter Jens wurde Luik 2008 als „Kulturjournalist des Jahres“ ausgezeichnet. Nun hat er über zwanzig seiner besten Interviews in dem Buch „Als die Mauer fiel, war ich in der Sauna“: Gespräche über den Wahnsinn unserer Zeit zusammengestellt. Das Buch erscheint am 14. März und enthält Interviews mit Angela Merkel, Yanis Varoufakis, Christine Prayon, Jean Ziegler, Markus Lanz, Nathalie Todenhöfer, Ferdinand von Schirach, Thomas Buergenthal, Ina Müller, Inge und Walter Jens, Roland Kaiser, Gisela Getty und Jutta Winkelmann, Oswalt Kolle, Sahra Wagenknecht, Günter Thews, Eric Hobsbawm, Gore Vidal, Angelika Schrobsdorff, Harry Mulisch, Barbara Schöneberger und Hans-Ulrich Wehler.

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Ein Kommentar

  1. Demokratie? Die ist in den Augen unserer Wirtschaftselite doch nur eine „lahme Dame“, der man dringend Beide machen müsste, vor allem auch, um mit China Schritt zu halten. (https://internationalepolitik.de/de/lahme-dame-demokratie)
    Prof. Herfried Münkler diskutierte in diesem Zusammenhang schon 2010 mögliche „Entschlackungs- und Verjüngungskuren“:

    „In der Regel haben schwere politische Krisen diese Aufgabe erfüllt, die zumeist mit Kriegen verbunden waren. Einige politische Theoretiker haben deswegen gelegentliche Kriege zur Revitalisierung der politischen Ordnung vorgeschlagen.“

    Desweiteren:
    „Der Auftritt von Propheten und die Ankündigung drohenden Unheils ist eine Möglichkeit. Solche Propheten müssen sich keineswegs immer auf Gott berufen; seit längerem schon ist in säkularen Gesellschaften der Verweis auf göttliches Geheiß durch den Hinweis auf die Natur abgelöst worden: Dabei kann es sich um krude Rassenideen, aber auch ökologische Einwände gegen Wachstumsökonomien handeln. Was aber passiert, wenn das Volk nicht hören will? Dann taucht die Idee einer Ökodiktatur auf.“

    Münkler findet mögliche Vorbilder im alten Rom:

    „Die altrömische Diktatur war ein Verfassungsinstitut, das im Gegensatz zur griechischen Tyrannis zeitlich begrenzt, mit einem Auftrag versehen und anschließend rechenschaftspflichtig war. […]
    Diktatoren wurden bei Herausforderungen von außen eingesetzt, insbesondere nach militärischen Niederlagen, aber auch dann, wenn sich die Lage im Innern zuspitzte und man am Rande eines Bürgerkriegs stand.
    Über mehrere Jahrhunderte ist Rom mit dieser extrakonstitutionellen Reserveinstitution gut gefahren: Die Diktatoren meldeten Vollzug, sobald sie ihre Aufgabe erledigt hatten, legten das Amt nieder und waren bereit, sich vor dem Senat für die von ihnen getroffenen Entscheidungen zu verantworten.“

    Im Artikel verwirft Münkler letzlich alle seine autoritären Vorschläge, aber wenn man sich heute, 12 Jahre später so umschaut:

    Mit Thilo Sarrazin und Greta Thunberg haben wir die von Münkler empfohlenen Propheten bekommen, mit Corona eine schwere Krise, Krieg haben wir jetzt auch, fehlt noch der Bürgerkrieg, oder ähnliches, damit wir nach dem Vorlauf mit den Grundrechte-Einschränkungen durch Corona die Daumenschrauben Richtung Diktatur weiter anziehen können. Die angekündigte Aufrüstung hilft dann auch, die eigene Bevölkerung unter Kontrolle zu halten. Denjenigen, die sich mehr „bonapartistische Lösungen“ wünschen, und Münkler nennt hier „Manager und Industrielle“, die „mit leuchtenden Augen von China sprechen“, dürfte das gelegen kommen.

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