Die USA sind weiter im endlosen Krieg gegen den Terror

Bild: DoD

Die 2001 vom Kongress erteilte Kriegsermächtigung (AUMF) richtete sich weltweit gegen alle, die an den Anschlägen von 9/11 beteiligt waren, auch Joe Biden wird wie seine Vorgänger mit waghalsigen Konstruktionen an ihr festhalten.

Am 11. September 2001 fanden die Anschläge mit entführten Passagiermaschinen statt. Der Kongress brauchte gerade einmal sieben Tage, um dem Präsidenten als obersten Kriegsherrn eine Kriegsgenehmigung (Authorization  for Use of Military Force – AUFM) zur „Selbstverteidigung“ auszustellen, die ihm weitgehend freie Hand ließ, nicht nur Afghanistan, die Taliban und al-Qaida, sondern alle Länder, Organisationen und Personen anzugreifen, von denen er annimmt, dass sie die 9/11-Anschläge geplant, beauftragt, begangen oder unterstützt oder Unterschlupf gewährt haben. Mit dieser Kriegsberechtigung wurden militärische Aktionen mindestens in Afghanistan, Dschibuti, Eritrea, Äthiopien, Georgien, Irak, Kenia, Libyen, Somalia, Syrien, Jemen und auf den Philippinen durchgeführt und der Globale Krieg gegen den Terror (GWOT) eingeleitet, an dem Joe Biden, auch wenn nur mit Kriegsführung aus der Ferne – over the horizon – festhalten will. Den „Long War“ hatte schon George W. Bush ausgerufen.

Diese AUFM ist ebenso noch 20 Jahre später und nach Verlassen von Afghanistan in Kraft wie die Kriegsgenehmigung für den Irak vom Oktober 2002, die auf Desinformation beruhte und u.a. behauptete, der Irak würde weiter chemische, biologische und atomare Waffenprogramme betreiben und habe al-Qaida Unterschlupf gewährt. Letzteres war eine selbsterfüllende Prophezeiung, die sich nach dem Beginn des Afghanistan-Kriegs und des Sturzes von Saddam Hussein einstellte. Ob eine UN-Sicherheitsrat-Resolution vorliegt, ist hier für den Kongress nicht von Bedeutung. Offiziell war der Irak-Einsatz 2011 beendet, als die letzten US-Truppen erst einmal abzogen, die Kriegsbewilligung lief einfach weiter.

Der Kongress war bislang nicht willens, die Kriegsberechtigungen zu beenden und eventuell durch neue zu ersetzen. So hatte Barack Obama den Kongress ersucht, für den Krieg gegen den Islamischen Staat in Syrien und im Irak eine neue AUMF zu bewilligen. Für den damals mehrheitlich von Republikanern dominierten Kongress gingen die Forderungen angeblich zu weit, daher konstruierte die Obama-Präsidentschaft eine Berechtigung nach der ersten Resolution und siedelte in guter Desinformationstradition eine angeblich gefährliche al-Qaida-Gruppe namens Khorasan in Syrien an, die noch dazu von Muhsin al-Fadhli, einem einst engen Vertrauten von Bin Laden, geführt werde. Diese Gruppe sei gefährlicher als der IS, weil sie plane, Anschläge in den USA oder in Europa auszuführen. Wie mit der AUFM die Unterstützung und Ausbildung angeblich „gemäßigter“ syrischer Rebellen, die nicht nur eine Nähe zum al-Qaida-Ableger al-Nusra pflegten, sondern mit Ausrüstung überliefen, ist zudem ein Geheimnis. Dass die „Rebellen“, die sich von al-Nusra in HTS umwandelten, einerseits als Terroristen eingestuft und andererseits nur sporadisch bekämpft wurden, zeigt, dass man mit al-Qaida auch kooperieren oder die Organisation dulden kann kann, wenn es den eigenen Interessen dient.

Der AUMF von 2002 wandte sich der Kongress erst zu, nachdem Donald Trump 2020 den iranischen General der Revolutionsgarde Qassem Soleimani mit einer Kampfdrohne im Irak töten ließ und sich auf die AUMF berief. Es ging die Angst um, dass Trump die AUMF auch herbeizitieren könnte, um einen Krieg gegen den Iran anzuzetteln. Jetzt haben sich einige Abgeordnete dem Gesetzesvorschlag von Barbara Lee, der demokratischen Abgeordneten im Repräsentantenhaus, die als einzige der AUMF von 2001 abgelehnt hatte, angeschlossen, um zumindest die AUMF von 2002 zu beenden. 134 Abgeordnete, darunter auch Republikaner,  haben sich hinter den Gesetzesvorschlag gestellt. Im Senat hat Tom Kaine den Gesetzesvorschlag eingebracht, der von 37 Senatoren, auch wieder von Republikanern, unterstützt wird. Das Weiße Haus hat keinen Widerstand signalisiert.

Über die Beendigung der Irak-Kriegsbewilligung wird sich der Kongress wahrscheinlich einigen, sie spielt auch kaum eine Rolle mehr. An die AUMF von 2001 wird man sich hingegen nicht so recht trauen. Biden will, wie gesagt, den weltweiten militärischen Krieg gegen den Terror fortsetzen, zumal al-Qaida auch weiter in Afghanistan ist – und überdies der Ableger des Islamischen Staats, IS-K, der sich ironischerweise so nennt, wie die einst wohl erfundene al-Qaida-Gruppe Khorasan in Syrien. Khorasan ist der Name einer Region in Afghanistan, Pakistan und Iran. IS-K hat den Anschlag auf den Flughafen in Kabul ausgeführt, bei dem auch US-Soldaten getötet wurden. Biden hat Rache geschworen. Zudem wurde gerade bekannt, dass der IS nun auch Bombenanschläge gegen die Taliban begangen hat – ganz im Stil der Taliban, die mit solchen ferngezündeten Bomben an der Straße die Besatzer bekämpft haben.

Der Pentagon-Sprecher John Kirby hat erklärt, Drohnenangriffe auf IS-K in Afghanistan seien weiter durch die AUMF von 2001 legitimiert. Kongressabgeordnete sehen dies kritisch, die Taliban haben erklärt, dies verletzte die Souveränität Afghanistans. Die AUMF ist für das Weiße Haus weiterhin praktisch, weil Angriffe einfach angeordnet werden können.

Eigentlich braucht der Präsident als oberster Kriegsherr den Kongress nicht, um Militär im Ausland einzusetzen, wenn es um die nationale Sicherheit geht. Da der GWOT fortgesetzt werden soll, würde das Weiße Haus darauf dringen, dass die AUMF von 2001 durch ein Gesetz ersetzt wird, das ähnlich den Präsident ermächtigt, militärische Gewalt weltweit bis hin zu einem Krieg zu befehlen. Aber dann müsste sich der gespaltene Kongress auf die Bedingungen einigen, wie weit oder eng eine solche Kriegsermächtigung zur Bekämpfung des Terrors (und welchen Terrors) gefasst sein soll. Das ist kaum zu erwarten, er wird sich weiter wegducken und damit den GWOT auf endlos stellen. Und praktisch ist die AUMF ja auch, weil sie weiterhin ermöglicht, gegen al-Qaida und mit ihr wirklich oder scheinbar zusammenhängende Organisationen vorzugehen. Die Frage ist nur, ob etwa der IS, der in der AUMF nicht genannt wird, weil er 2001 nicht existierte, eigentlich bekämpft werden darf. Er ist ein Ableger von al-Qaida, aber die beiden islamistischen Terrororganisationen bekämpfen sich. Man darf vermuten, dass die Kriegsberechtigung von 2001 unverändert bleiben wird, weil weder das Weiße Haus noch der zerrissene Kongress ein anderes Gesetz erstellen werden.

Der weltweite US-Krieg gegen den Terror und damit die Macht des obersten Befehlshabers werden wohl weiter unbeschränkt weitergeführt. Bislang hat der GWOT nach Schätzungen direkt mindestens 800.000 Tote und bis zu 40 Millionen Flüchtlinge hinterlassen (Der amerikanische Krieg gegen den Terror hat direkt 400.000 Zivilisten das Leben gekostet).

Aber eigentlich wird der GWOT eher Nebensache sein, denn Joe Biden setzt primär auf die Konkurrenz der Großmächte, also auf militärische Strategien vor allem gegen China, aber auch gegen Russland. Biden schlug für das kommende Pentagonbudget gegenüber dem letzten von Donald Trump in Höhe von 740 Milliarden US-Dollar eine Erhöhung  von 12 Milliarden US-Dollar vor. Die zuständigen Ausschüsse im Repräsentantenhaus und Senat ließen sich nicht lumpen und schlugen noch einmal 25 Milliarden drauf. Jetzt muss der Kongress über 37 Milliarden Budgeterhöhung bzw. ein Budget für 2022 in Hohe von 777,9 Milliarden US-Dollar entscheiden. Dass Joe Bidens Ankündigung in seiner Rede vor der UN-Vollversammlung, mehr auf Kooperation und Diplomatie zu setzen, nicht wirklich ernst gemeint ist, lässt sich allein schon am Militärhaushalt und dem Militärabkommen mit Australien und UK über die Herstellung von nukleargetriebenen U-Booten ablesen, die China eindämmen sollen, aber das Wettrüsten weiter verstärken.

 

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Ein Kommentar

  1. Sehr schön hier die Gard des ehemaligen pionier des freien online-journalismus versammelt zu sehen! Thought-police ist ja wirklich unerträglich geworden.

    Gruß, euer hirni von der Freien-Linken(nowak liest schon bei uns mit)

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