Illegale KTS-Razzia unterstreicht Bedeutung von Computer-Verschlüsselung

Bild: TheDigitalArtist/Pixabay.com

Bei einer illegalen Durchsuchung des Autonomen Zentrums in Freiburg wurden auch Computer beschlagnahmt, die nun zurückgegeben wurden, ohne dass die Schnüffler an die Daten kamen

Schon im vergangenen Oktober hatte der Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH 1 S 2679/19) entschieden, dass die Durchsuchung des autonomen Zentrums „Kulturtreff in Selbstverwaltung“ (KTS) in Freiburg „rechtswidrig gewesen ist“. Schon damals hatten die KTS-Aktivisten die vom Landeskriminalamt (LKA) bei der Durchsuchung „geklauten“ Gegenstände und auch das beschlagnahmte Geld zurückverlangt. Darunter befanden sich auch „Computer, Speichermedien, Telefone“ der verschiedensten Gruppen, welche die KTS nutzen. Dazu gehören nach Angaben der KTS unter anderem „Theatergruppen, KünstlerInnen, Konzert-VeranstalterInnen, der Umsonst- und Infoladen sowie Werkstätten und Büros umweltpolitischer, antifaschistischer und libertärer Gruppen“.

Nun hat das selbstverwaltete Zentrum mitgeteilt, dass die am 25. August 2017 „beschlagnahmten Asservate und das Geld nun endlich herausgerückt“ worden sind. Man freut sich darüber natürlich, auch über die Rückgabe des beschlagnahmten Geldes. „Mehr als dreißigtausend Euro sind viel Geld für ein Autonomes Zentrum, in dem alles so unkommerziell wie möglich ist. Statt Spenden für politische Projekte zu sammeln, musste die KTS erst einmal das Loch in der eigenen Tasche stopfen“, erklären die Aktivisten. Ihre Arbeit war über dreieinhalb Jahre erheblich durch ein illegales Vorgehen behindert, das seinen Ausgangspunkt im Bundesinnenministerium fand.

Angeblich soll die KTS nämlich das „Vereinsheim“ eines angeblichen „Linksunten-Vereins“ gewesen sein. Linksunten Indymedia, ein Ableger des weltweiten Indymedia-Netzwerks, wurde vom damaligen Innenminister Thomas de Maizière verboten und das Verbot ist mit der Razzia vollzogen worden. Er sprach von einer „linksextremistischen Internetplattform“, die sich „gegen die verfassungsmäßige Ordnung“ gerichtet habe. Der Minister hatte eigens einen Verein mit fünf Mitgliedern erfunden, den es aber nie gab, um „Linksunten“ über das Vereinsrecht verbieten zu können.

Juristisch war der Vorgang bisher ein Schlag in den Ofen. Strafverfahren gegen angebliche Betreiber der Medien-Plattform wurden eingestellt. Die für politische Strafverfahren zuständige Staatsanwaltschaft hatte „keinen konkret Tatverdächtigen ermitteln“ können Unklar ist aber der Stand in den Verfahren nach § 129 wegen angeblicher Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Politisch war das Vorgehen aber erfolgreich: Faktisch wurde die Medienplattform zerstört und ausgeschaltet. Ob der Vorgang mit der Verfassung vereinbar ist, darüber soll eine Verfassungsbeschwerde Klarheit bringen. Die Anwendung des Vereinsgesetzes habe dazu geführt, dass eine inhaltliche Prüfung der Verbotsgründe und damit auch eine Auseinandersetzung mit der Tragweite des Grundrechts der Pressefreiheit unterblieben ist. Klar ist aber auch, dass etliche Menschen mit Repression beschäftigt und diskreditiert wurden.

LKA, Bundespolizei und Bundesamt für Verfassungsschutz haben sich die Zähne an einer stinknormalen Linux-Verschlüsselung ausgebissen

Über den Vorgang wurde aber auch unterstrichen, wie wichtig es ist, Computer zu verschlüsseln, um private Daten oder Daten von Gruppen vor unberechtigtem Zugriff zu schützen. Im Linksunten-Verfahren musste die Staatsanwaltschaft letztlich einräumen, dass sie daran gescheitert ist, die Verschlüsselung auf den beschlagnahmten Computern zu knacken. Die KTS-Aktivisten berichten, dass sich sogar „eine gemeinsame Arbeitsgruppe von Polizei und Geheimdienst“ damit beschäftigt habe. „LKA, Bundespolizei und Bundesamt für Verfassungsschutz haben sich gemeinsam drei Jahre die Zähne an einer stinknormalen Linux-Verschlüsselung ausgebissen“, wird mit Genugtuung mitgeteilt.

Wie Krass & Konkret in Erfahrung bringen konnte, wehrte neben der Festplattenverschlüsselung „Linux Luks“ offenbar auch die Standardverschlüsselung „FileVault“ eines MacBooks die illegale Schnüffelei von Polizei und Geheimdienst ab. „Die Herausgabe der Asservate hat gezeigt, dass die gewöhnliche Festplattenverschlüsselung funktioniert, ansonsten wären die Computer höchstwahrscheinlich nicht zurückgegeben worden“, hat uns ein KTS-Aktivist erklärt. Er geht zudem davon aus, dass dies sogar für den Bitlocker von Windows gilt, allerdings empfiehlt er „VeraCrypt“.

Die Festplattenverschlüsselung hat vermutlich verhindert, dass die Polizei und der Verfassungsschutz auf Daten zugreifen konnte, zu denen man sich nur über eine illegale Durchsuchung und Beschlagnahmung Zugriff beschafft hat. Vermutlich wurde darüber aber auch verhindert, dass etliche weitere Personen mit kostspieligen und zeitraubenden Strafverfahren überzogen werden konnten. „Am Tag der Razzia sollte das LKA dem VS beschlagnahmte Mitgliederlisten bringen, auf dass der Geheimdienst weitere Ziele benennen möge“, schreiben die KTS-Aktivisten und verweisen auf einen weiteren zweifelhaften Vorgang. Denn diese gemeinsame Arbeitsgruppe, die sich mit den Computern beschäftigt hat, „ist ein eklatanter Verstoß gegen das Trennungsgebot von Polizei und Geheimdiensten.“

Ziel der Schnüffelei durch die Schlapphüte war und ist die KTS stets. So verweisen die linken Aktivisten darauf, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln (BfV) „mit Reinhold Kapteina laut Verfahrensakten einen Spitzel zu mehreren öffentlichen Treffen“ geschickt haben. „Dem BfV liegt nachrichtendienstliches Informationsaufkommen (nd-Aufkommen) zum 12. Treffen von ‚linksunten.indymedia.org‘ vor, welches im Zeitraum vom 1. bis 3. Februar 2013 im ‚Kulturtreff in Selbstverwaltung‘ (KTS) in Freiburg/Breisgau stattfand“, zitieren sie aus den Akten. Es habe in den vergangenen Jahren „mehrere Anwerbeversuche des Geheimdienstes im Umfeld der KTS“ gegeben. Skandalös sei dabei auch, dass auch Minderjährige als Spitzel gewonnen werde sollte, was zusätzlich auch noch illegal sei.

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