Macron gegen Morawiecki: Risse in der Anti-Putin-Front

 

Macron und Morawiecki am 24.11.2021 beim Treffen in Paris. Bild: Adam Guz/KPRM/CC BY-ND-2.0

Der polnische Regierungschef kritisiert Macrons Umgang mit Putin, der französische Präsident bezeichnet Morawiecki als „extremen, rechte Antisemiten“.

Waren es schwache Nerven oder eiskaltes Kalkül? Kurz vor dem ersten Wahlgang in Frankreich am Sonntag keilt der französische Staatspräsident Emmanuel Macron gegen einen ausländischen Gegner: Der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki sei ein „extremer, rechter Antisemit, der LGBT-Personen ausschließt“, sagte Macron im Interview mit der Zeitung „Le Parisienne“. Das polnische Außenministerium bestellte darum am Freitag den französischen Botschafter ein.

Der nationalkonservative Pole hatte Macron im Vorfeld verärgert, da er dem Franzosen „Lavieren“ vorgeworfen hatte „Herr Präsident Macron, wie oft haben Sie mit Putin verhandelt, was haben Sie erreicht?“

Putin sei ein Verbrecher wie Hitler, mit dem man nicht verhandle, so die These aus Warschau. Daraufhin warf Macron Morawiecki Einmischung in den Wahlkampf vor und wies darauf hin, dass der polnische Regierungschef  mehrfach Marine Le Pen getroffen hatte, die chancenreichste Konkurrentin bei den anstehenden Wahlen in Frankreich.

Und dies ist eine berechtigte Kritik – denn die polnische Regierung gilt neben Litauen auf der einen Seite als erster Anwalt der Ukraine und Befürworter härterer Sanktionen gegen Russland. Auf der anderen Seite bastelt die Führung in Warschau an einer konservativen Erneuerung in Europa und hält auch Fühlung zu rechten Politikern wie Le Pen, die bis zur russischen Invasion als Anhängerin des Kremls wirkte und auch von diesem finanziert wurde. Ein Widerspruch, der schwer aufzulösen ist.

Doch für den schweren Vorwurf gegen Morawiecki, ein Antisemit zu sein, gibt es keine Belege, auch wenn Spannungen zwischen Israel und Polen über die Rechtslage des enteigneten jüdischen Besitzes aus dem Zweiten Weltkrieg existieren.

Was steckt also dahinter? Vielleicht eine gewisse Herablassung gegenüber Osteuropa durch die politische Klasse in Frankreich, die fast allesamt die Elite-Universitäten „Grande École“ absolviert haben.

Dazu ein Beispiel: Als sich die osteuropäischen Mitglieder der NATO 2003  dem amerikanischen Kurs gegen den Irak anschlossen, meinte der damalige französische Staatspräsident  Jacques Chirac: „Ich glaube, dass sie eine gute Gelegenheit verpasst haben, den Mund zu halten.“ In Polen ist dies weiterhin nicht vergessen.

Auf der anderen Seite erlebt das polnische Selbstbild vom „Messias der Nationen“ angesichts des Ukraine-Kriegs einen Höhenflug. Will heißen, dass Polen sich zwar gegenüber dem Westen wirtschaftlich im Rückstand sieht, jedoch in Sachen Moral eine Art „Vorsprung“ für sich beansprucht. Gespeist durch die Erfahrungen mit Russland/der Sowjetunion in seiner Historie, aber auch durch die starke Anbindung an die Katholische Kirche, an Traditionen, die dem Westen verloren gegangen seien.

Profitieren wird von dem Konflikt, der bestenfalls noch unter der Oberfläche gären wird, ein Dritter. Denn nichts kann Wladimir Putin mehr gelegen kommen, wenn europäische Spitzenpolitiker ihre Uneinigkeit auf solch drastische Art demonstrieren.

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4 Kommentare

  1. Ja was soll es denn heißen?
    Soll der Mund gehalten werden, auch auf die Gefahr hin, dass es nicht richtig ist, was gesagt werden soll, nur weil es „Putin“, nicht etwa Russland, „zu pass“ kommt?
    Das bei Politikern wie zum Beispiel Johnson aus England bzw. GB. Eliteschule, nachgewiesener Maßen, ein Lügner „vor dem Herren“ ist, wird bei dessen Aussagen darüber kein Wort verloren, auch dass Deutsche Politiker nicht wegen ihrer Ehrlichkeit oder das, was sie gesagt haben gewählt werden, sondern wegen ihres Gewissen.
    Was wird da immer eine Welt konstruiert? Gewissenlose Gesellen.

  2. Moralweltmeister sind also die Polen – soso!

    „Dazu ein Beispiel: Als sich die osteuropäischen Mitglieder der NATO 2003 dem amerikanischen Kurs gegen den Irak anschlossen, meinte der damalige französische Staatspräsident Jacques Chirac: „Ich glaube, dass sie eine gute Gelegenheit verpasst haben, den Mund zu halten.“ In Polen ist dies weiterhin nicht vergessen.“

    Sind nicht in diesem Frühjahr ein paar irakische Opfer dieser Moralweltmeister im polnischen Wald aufgetaucht und nach Weisssrusssland zurück geprügelt worden?

    Führend sind die Polen auch nicht als Anwalt „für die Ukrainer“, sondern als diejenigen, die auf der Karte das teuerste Gericht bestellen, es aber selbst nicht bezahlen wollen.

  3. Mittlerweile habe ich den Eindruck, man sollte sich in die Bibliothek zurückziehen, amüsant geistreiche Themen lesen, sich mit Kunstgeschichte befassen, gut und erlesen zu kochen – und den ganzen Wahnsinn, der uns umgibt, möglichst weit- draußen zu lassen.

    Die kaum überprüfbare Informationsflut, vergiftet allmählich die Psyche. Mit dem Nebeneffekt: Die „Informationen“=Fake News – von allen Seiten, reichern sich im Gehirn an, allerdings ohne ernsthaften Nutzen zu bringen.

    Selbst wenn es eine „Wahrheit“ gäbe, selbst wenn „wir“ ein probate Lösung hätten – WIR HABEN SIE NICHT und NIEMAND, würde auch „unsere“ Meinung in eine Friedensprozess einfließen lassen.

    Auch wenn wir glauben, die Ursachen dafür zu kennen – es nützt nichts. Leider.

  4. Der notorische Russenhass der polnischen Politkaste ist nicht nur unerträglich sondern wird auch langsam gefährlich. Die einzige Chance sie zur Vernunft zu bringen ist, Polen sämtliche EU Hilfsgelder zu streichen. Und wenn das noch immer nicht helfen sollte, dann bleibt nur noch in Europa den geographischen Zustand vor Ausbruch des I. WK wieder herzustellen.

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