Nato wirft Russland „ungerechtfertigte“ Truppenkonzentrationen und „erhöhte Rhetorik und Desinformation“ vor

Treffen der Nato-Außenminister. Bild: Nato

Beim Treffen der Nato-Außenminister verbreitet Generalsekretär Stoltenbewerg die üblichen Halbwahrheiten, Russland bleibt die vereinende Bedrohung.

 

Beim Treffen der Nato-Außenminister in Riga ging es einmal wieder um das einigende Band, also um die Konfrontation mit Russland. Man stehe gegen den äußeren Feind zusammen und verteidige alle Alliierten, versichert Nato-Generalsekretär Gerhard Stoltenberg. Schon länger wurden im Vorblick die „signifikanten und ungewöhnlichen“ russischen Truppenkonzentrationen an der ukrainischen Grenze und mögliche Invasionspläne beschworen. Und auch der angeblich hybride Krieg, den Weißrussland mit der Deckung von Moskau mit ein paar tausend Geflüchteten und Migranten gegen Polen und die baltischen Länder führt, was diese zum Angriff auf die EU und den Westen hochspielen.

Weil es ja ein Krieg ist und die Migranten zu Waffen werden, müssen diese jenseits von humanitären Gründen und Menschenrechten mit allen Mitteln, auch dem Militär abgewehrt werden, während man gleichzeitig Lukaschenko Unmenschlichkeit vorwirft, weil er „Menschen als Spielfiguren in einem politischen Spiel“ missbrauche, „um andere Länder unter Druck zu setzen“. Das machen Polen und die baltischen Länder, die EU und die Nato auf ihre Weise. Polen und die baltischen Staaten haben schon in der Flüchtlingskrise gezeigt, dass sie nicht bereit zur Solidarität mit anderen EU-Ländern und den Migranten sind, jetzt setzen sie diese Haltung fort, aber mit der vollen Solidarität von EU und Nato. Die in Weißrussland feststeckenden Migranten und Geflüchteten sind in diesem Spiel für den Wertewesten irrelevant, der sich in Europa und in den USA immer weiter zur eingemauerten Festung ausbaut.

Nach Stoltenberg, der über die Diskussion der Außenminister berichtete, sei die Situation in und um die Ukraine unvorhersehbar, man wisse nichts Sicheres über Russlands Absichten (was immer gut ist, um das Gewünschte zu projizieren). In dem Fall sind es die „ungerechtfertigten und unerklärten“ Truppenkonzentrationen, die von „erhöhter Rhetorik und Desinformation“ begleitet würden. Stoltenberg geniert sich nicht, die Russland vorzuwerfen, während er selbst nichts anderes macht. Man wisse, dass „Russland gegen die Ukraine und andere Nachbarn Gewalt angewendet“ habe.

Das sagt die Nato, deren Mitglied nach Syrien einmarschiert ist, mit Drohnen und Kampfflugzeuge Ziele in Syrien und im Irak angreift und sich in Kriege wie in Libyen oder Aserbeidschan einmischt, ganz zu schweigen von den USA, die zahlreiche völkerrechtswidrige Kriege und militärische Interventionen auf der Welt geführt, Menschen verschleppt und gefoltert sowie mit Drohnen exekutiert haben oder internationale Abkommen von der Biowaffen-Konvention bis hin zum Verbot der Militarisierung des Weltraums blockiert haben. Zudem hat Washington mit der einseitigen Aufkündigung des ABM-Vertrags und dem Beginn des Aufbaus des Raketenschutzschildes (NMD) auch an der Grenze zu Russland den Konflikt mit Russland eskaliert und das erneute nukleare Wettrüsten eingeleitet.

Die Nator ruft Russland auf, zu deeskalieren und Spannungen zu reduzieren, macht aber selbst keinen Schritt dazu, sondern warnt, dass „jede russische Aggression gegen die Ukraine zu einem hohen Preis kommen“ würde. Allerdings werden nur „politische und ökonomische Konsequenzen“ angedroht, was der Ukraine auch klar machen sollte, dass man nicht damit rechnen kann, dass Nato-Truppen die Ukraine verteidigen werden. Dafür wurde die Ukraine für die Zurückhaltung gegenüber den „russischen Provokationen“ gelobt. Und Stoltenberg macht klar, dass die Nato weiter daran arbeitet, die Ukraine und Georgien in die Nato aufzunehmen, was natürlich den Sicherheitsinteressen Russlands widerspricht. Die USA würden sicher nicht zulassen, dass Mexiko sich einem russischen Militärbündnis anschließt und russische Truppen dort stationiert werden.

Besonders scheinheilig – erhöhte Rhetorik und Desinformation – ist es, wenn Stoltenberg wie üblich im Stakkato-Stil von einfachen Sätzen ohne Nebensätzen behauptet, dass der Zwei-Wege-Ansatz gegenüber Russland bestehen bleibt: „Wir halten unsere Verteidigung und Abschreckung angesichts des aggressiven Verhaltens Russlands stark. Wir glauben auch, dass der Dialog unerlässlich ist. Leider hat Russland kürzlich beschlossen, die diplomatischen Beziehungen zur Nato abzubrechen. Wir fordern Russland auf, diese Entscheidung rückgängig zu machen. Und sich wieder am Nato-Russland-Rat zu beteiligen. Zum Wohle von Frieden und Sicherheit.“

Im Zuge der Pressekonferenz macht Stoltenberg dann selbst deutlich, dass seine Darstellung bestenfalls einseitig und halbwahr ist: „Wir haben auch politische Maßnahmen ergriffen, unter anderem von der NATO, und die praktische Zusammenarbeit mit Russland ausgesetzt.“ Im Oktober wurden von der Nato 8 Mitarbeiter der russischen Nato-Vertretung in Brüssel ausgewiesen, sie durfte nur noch 10 Mitarbeiter beschäftigen. Auf diesen unfreundlichen Schritt hin, hat Russland seine Botschaft bei der Nato sowie die Nato-Militärmission und das Informationsbüro der Nato in Moskau geschlossen. Dass der Entzug der Akkreditierung von acht Mitarbeitern der russischen Vertretung in Moskau von Russland nicht als Gesprächs- und Deeskalationsangebot, als „praktische Kooperation“ und als „konstruktiven Dialog“ wahrgenommen wird, was man bei der Nato routinemäßig immer wieder beteuert, liegt auf der Hand (Hat Russland die Tür zum Dialog mit der Nato zugeschlagen?).

Der deutsche Noch-Außenminister Heiko Maas  schwimmt mit der Nato-Propaganda mit, also mit der Simulation, den Dialog mit Russland offenzuhalten und das Land gleichzeitig einseitig als aggressiv darzustellen, während die Nato so dialogbereit ist: „Die Beziehungen zur Russischen Föderation sind derzeit für die Nato und verschiedene Nato-Bündnispartner äußerst angespannt. Besonderen Anlass zur Sorge geben derzeit die militärischen Aktivitäten Russlands an der Grenze zur Ukraine. Sowohl Nato als auch EU haben immer wieder deutlich gemacht, dass Russland für jegliche Form von Aggression einen hohen Preis zahlen müsste und Russland eindringlich zu Deeskalation aufgefordert. Dies kann allerdings überhaupt nur dann gelingen, wenn sich Russland wieder auf Dialog einlässt. Außenminister Maas hat ebenso wie verschiedene andere NATO-Außenministerkolleginnen und -kollegen immer wieder deutlich gemacht, dass wir hierzu weiter bereit sind.“

Konkrete Schritte sind nicht gemacht worden. Man darf annehmen, dass Annalena Baerbock als neue Außenministerin eher auf weitere Eskalation denn auf Dialog setzt.

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Ein Kommentar

  1. Stoltenberg hat die BRD kürzlich auch aufgefordert ihr Militärbudget noch weiter aufzustocken. Ich bezweifle bei beiden Seiten, dass ein militärischer Konflikt geplant ist. Beide Seiten verhalten sich wie pubertierende Kerle beim sprichwörtlichen Schwanzvergleich. Russlands Truppenkonzentration vor den Toren der Ukraine wäre für einen möglichen Verteidigungsfall gegen einen Nato-Angriff weder hinreichend noch relevant. Für die Nato-Truppen in der Ukraine gilt das gleiche. Egal wie sehr sich Russland wünscht, dass die Grenzstaaten keine Nato-Partner werden, die Souveränität der Ukraine, Georgiens und anderer Staaten ist zu respektieren. Und wenn ein Beitritt in das Nato-Bündnis gewünscht wird, hat Russland das zu akzeptieren. Umgekehrt gilt das gleiche.

    Man muss da übrigens genau gucken. Gibt es erst eine Truppenbewegung, wie z.B. in der Krim, und danach die legitimierende Willenserklärung, dass die Truppen willkommen sind, ist das ein Indiz dafür, dass kein souveräner Staatsakt vorlag. An der Stelle hat Russland einen Präzedenzfall geschaffen, der grosses Mißtrauen dem Kreml gegenüber für gerechtfertigt erscheinen lässt. Und an dieser Stelle muss man sich mal fragen, was der Kreml unter Putin wahrscheinlich gemacht hätte, wenn sich z.B. die Oblast Rostow zu einem Referendum über einen Austritt aus der Russischen Föderation entschlossen hätte und Ukrainische Truppen (u.U. mit Unterstützung der Nato und ohne Hohheitszeichen zwecks Verschleierung der Truppenherkunft) einmarschiert wären, um die Wahl zu „sichern“. Was hätten Putins Truppen in der Krim gemacht, wenn das Referendum zum Austritt aus der Ukraine das Begehren nicht goutiert hätte? Es besteht immer eine Gefahr der Wahlmanipulation und somit einen potentiellen Vertrauensmalus in das Ergebnis, damit muss man leben und kann hinterher Schritte folgen lassen, wenn es Auffälligkeiten gibt, aber durch den Einmarsch Russlands oder jedweder anderen externen Macht im Vorfeld, ist ein Vertrauen in die Richtigkeit des Wahlergebnisses ausgeschlossen, wenn besondere eigene Interessen der angeblichen Schutzmacht am Wahlausgang bestehen. Und die hatte Russland u.a. wegen ihres Militärhafens in Sewastopol, den die Ukraine aufkündigen wollte.

    Für die Spannungen in der Region sehe ich zu 60-70% Russland in der Verantwortung. Beide Seiten sollen sich verdammt nochmal am Riemen reissen und endlich mit der dringend notwendigen Abrüstung und Enspannung beginnen. Für den Frieden und für den Klimaschutz. So werden wir Erdenwesen nie zusammenfinden und somit globale Probleme, egal ob es um Wirtschaftliches oder höhere Gewalt geht, immer mit grossem Misstrauen, Uneinigkeit und Ineffizienz angehen und erhöhen so das Potential das Problem nicht hinreichend zu bewältigen. Die Nationalstaatenstruktur und die mit ihr einhergehende Konkurrenzsymptomatik werden unser Untergang sein, wenn wir uns nicht bald auf den Weg machen sie aufzulösen.

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