Nawalny erhielt M100 Media Award als „Freiheitkämpfer“

Preisverleihung an Alexei Nawalny, Nawalny-Mitarbeiter Wolkow nimmt den Preis entgegen. Screenshot aus YouTube-Video

Christian Lindner hielt die Laudatio für den „Preis der europäischen Presse“,  „Freiheitskämpfer“ im Westen wie Julian Assange oder Edward Snowden werden systematisch übersehen.

 

Am Mittwoch erhielt Alexei Nawalny und seine Antikorruptionsstiftung FBK im Schlosstheater des Neuen Palais in Potsdam den M100 Media Award, der von M100 Sanssouci Colloquium verliehen wird. Da Nawalny in Russland im Gefängnis sitzt, nahm den Preis Nawalnys Mitarbeiter Leonid Wolkow entgegen. Die Laudatio hielt FDP-Chef Christian Lindner, die Friedrich Naumann Stiftung der FDP ist neben dem National Endowment for Democracy (NED), dem Auswärtigen Amt und dem medienboard Berlin Brandenburg „Förderer“. Hauptfinanzier ist die Stadt Potsdam.

Der undotierte Preis versteht sich als „Preis der europäischen Presse“. Journalisten finden sich denn auch im Beirat, zu den Kooperationspartnern gehören Human Rights Watch, Reporter ohne Grenzen und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Zu Spenden wird aufgerufen, man hat allerdings den Eindruck, dass Geld genug vorhanden ist. Gegründet wurde das M100 Sanssouci Colloquium 2005, um „Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit“ zu fördern. Weiter heißt es: für den Preis „Ausgezeichnet werden Persönlichkeiten, die in Europa und der Welt Spuren hinterlassen haben. Die Auszeichnung steht für Verdienste um den Schutz der freien Meinungsäußerung und die Vertiefung der Demokratie sowie für besondere Leistungen um die europäische Verständigung.“

Gründungsmitglieder waren u.a. Lord Weidenfeld (Institute for Strategic Dialogue), Mathias Döpfner, Frank Schirrmacher, Kai Diekmann oder Wolfram Weimer, woraus man einen gewissen Trend nach rechts und transatlantisch ableiten könnte. Die Preisträger, sieht man von der Peinlichkeit Weidenfeld ab, der 2011 neben dem chinesischen Blogger Michael Anti geehrt wurde, erscheinen ein wenig willkürlich gewählt. 2019 war Preisträgerin die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon, 2018 wurde Deniz Yücel geehrt (ehemals taz, damals von der Welt), 2017 Roberto Saviano, der sich als Autor und Journalist um die Aufklärung über die Mafia verdient gemacht hat, 2015 Gérard Biard von Charlie Hebdo und dann 2014 Vitali Klitschko, der sich in der Ukraine mit Rechtsnationalen an die Macht putschte. Neben Mario Draghi waren auch Hans-Dietrich Genscher, Bob Geldof und Bernard Kouchner Preisträger. Den Anfang machte der Architekturstar Norman Foster als erster Preisträger des M100 Sanssouci-Preises der europäischen Presse, was sich wohl Hubert Burda als damaligen VDZ-Präsidenten verdankt. Auffällig ist, dass (linke) kritische Journalisten oder Politiker fehlen.

Dagegen, Nawalny zu ehren, würde eigentlich nichts sprechen, wenn die Auswahl der Preisträger auch Menschen berücksichtigen würde, die „für Verdienste um den Schutz der freien Meinungsäußerung und die Vertiefung der Demokratie“ im Westen als Oppositionelle gegen Regierungen oder Machtstrukturen eintreten. Aber da gibt es niemanden, man könnte vermuten, dahinter steckt Kalkül. Nawalny wird überdies als „Führer der russischen Opposition“ bezeichnet, was er nicht ist (in Russland ist nach Umfragen ziemlich unbeliebt und bedeutungslos: Nawalny als Machtdispositiv). Da wird eher das Narrativ von Nawalny übernommen, wie dies Wolkow formuliert, wenn er Nawalny als „Putins Hauptkonkurrent und Staatsfeind Nummer eins“ bezeichnet.

Im gegenwärtig herrschenden Jargon müsste man dies als Desinformation bezeichnen. Nicht alle Oppositionellen und Oppositionsparteien kooperieren mit ihm, auch nicht mit seinem „Klugen Wählen“ bei der letzten Duma-Wahl. Das Projekt zeigt, dass Nawalny kein wirkliches politisches Programm hat, weswegen er früher sich auch den Nationalisten und Rassisten andiente, weil „Kluges Wählen“ bedeutet, denjenigen zu wählen, der die besten Chancen hat, gegen einen Kandidaten der Kreml-Partei Einiges Russland zu gewinnen – ganz egal, ob er rechts, links oder was auch immer ist. Nikolay Rybakov, der Chef der Oppositionspartei Jabloko, lehnt das Konzept des Klugen Wählens als „destruktiv und gefährlich“ ab und auch Nawalny als Politiker. Der Gründer der Partei, Grigori Jawlinski, forderte vor der Duma-Wahl die Anhänger Nawalnys auf, seine Partei nicht zu wählen. Er erklärte, dass Jabloko Nawalnys Ideen nicht unterstütze und seine Mitarbeiter nicht zur Wahl vorschlagen werde. Nawalny bezeichnete er als autoritären Nationalisten.

DerBeirat begründen die Entscheidung so:

„Mit der Wahl Nawalnys setzt der Beirat des M100 Sanssouci Colloquiums unter Vorsitz des Potsdamer Oberbürgermeisters Mike Schubert ein deutliches Zeichen für die Bedeutung der Verteidigung europäischer Werte durch eine unabhängige Opposition und Zivilgesellschaft, faire Justizverfahren und das Recht auf Ausübung grundlegender Menschenrechte. Die Preisvergabe dient auch als Symbol für fast 400 politische Gefangene in Russland, für ermordete Politiker und Journalisten und für den Kampf gegen zunehmenden Autokratismus in Europa.“

Mutiger wäre freilich gewesen, „faire Justizverfahren und das Recht auf Ausübung grundlegender Menschenrechte“ auch für Dissidenten in Europa und den USA zu fordern. Julian Assange hat sich um Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit wahrlich verdient gemacht, Kriegsverbrechen und Korruption angeprangert, sitzt aber im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh und könnte in die USA ausgeliefert werden, wo ihn womöglich die Todesstrafe wegen Spionage erwartet.

Der UN-Sonderberichtserstatter für Folter Nils Melzer spricht von unmenschlichen Haftbedingungen und Folter, der Assange ausgesetzt ist.  Kürzlich kam heraus, dass im amerikanischen Geheimdienst CIA darüber nachgedacht wurde, ihn zu entführen und zu ermorden. Aber das ist für den „Preis der europäischen Presse“ egal, weil Repression für die europäische Presse und den Christian Lindner nur anderswo stattfinden kann.

Man hätte auch daran denken können, einen Preis an Edward Snowden zu geben, der für Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit unschätzbare Dienste geleistet hat, aber ausgerechnet in Russland Schutz fand. Auch das wäre ein „Freiheitskämpfer“, wie es Nawalny für Lindner ist.

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2 Kommentare

  1. Sprechautomat Lindner,
    Rösner(WEF),
    Alexander Graf Lambsdorff,
    Naumann-Kreis(Goebbel´s rechte Hand),
    Ernst Achenbach:
    Diese Aufzählung reicht mir, um die FDP da zu verorten, wo sie hingehört – in die deutschnationale Ecke.

    Zu Assange:
    Die Transatlantiker feiern weiterhin ihre Perversionen während ein trauriger Nils Melzer das Feigenblatt für die UN spielen muss.
    Zwar forderte sogar Sigmar Gabriel – aus welchen Gründen auch immer – die Freilassung von Julian Assange, dass ist aber viel zu wenig!

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