Nawalny: Schlagabtausch zwischen Russland und OPCW

98. Sitzung des Exekutivrats. Bild: OPCW

45 Staaten forderten von Russland Aufklärung über den Fall Nawalny, Russland fordert in Reaktion Antworten auf Rechtshilfeersuchen und Fragen. Interesse an wirklicher Aufklärung besteht bei keiner Seite.

Am 5. Oktober hatten 45 OPCW-Mitgliedsstaaten, darunter auch Deutschland, von Russland gefordert, binnen 10 Tagen eine Reihe von Fragen nach dem Anschlag auf Alexei Nawalny zu beantworten. Die Fragen legte der bulgarische Repräsentant an der OPCW vor, die US-Regierung will die führende Kraft beim Vorgehen gegen Russland sein.

In der Begründung heißt es, dass der Anschlag nun mehr als ein Jahr zurückliege. Das Technische Sekretariat habe bestätigt, dass der Anschlag mit einem Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe ausgeführt wurde. Das OPCW-Team sei aber nicht befugt gewesen, die Täter zu identifizieren, es gebe aber die Verpflichtung der Mitgliedsstaaten, bei der Aufklärung mitzuhelfen. Von Russland sei aber keine „glaubwürdige Erklärung“ für den Vorfall trotz wiederholter Nachfragen gekommen. Man wisse auch nichts von internen Ermittlungen. Russland müsse innerhalb von 10 Tagen antworten.

Die Fragen legte dann allerdings Großbritannien vor. Russland müsse offenlegen, was seit dem 20. August 2020 unternommen wurde, um die Verpflichtung einzuhalten, Personen zu verbieten, das Chemiewaffenverbotsabkommen zu verletzen und solche Aktivitäten strafrechtlich zu verfolgen.

Fragen von Russland

Moskau reagierte bereits nach zwei Tagen, ohne aber Neues zu sagen oder näher auf die Fragen einzugehen. Vor allem wird verlangt, dass primär Deutschland, aber auch Schweden und Frankreich auf die Anfragen Russlands endlich antworten sollen, wie das die OPCW-Regularien vorsehen würden. Deutschland habe unzureichend geantwortet, Schweden und Frankreich gar nicht. Die OPCW solle Videos über die Entnahme der Proben von Nawalny in Berlin und die Aufteilung zum Versand an die Labore in Den Haag, die gemacht werden mussten, und andere Einzelheiten der technischen Hilfe mitteilen. Das sei wichtig für die eingeleiteten Vorermittlungen in den Fall. Man brauche aber Beweise, um Ermittlungen zu eröffnen. Vor allem Deutschland habe dies bislang verweigert.

Gefragt wird von russischer Seite, wann die angebliche Nowitschok-Verbindung in den biologischen Proben gefunden wurde, wer sich noch in dem Flugzeug mit Nawalny auf dem Weg  von Omsk nach Berlin befand, warum die Probeentnahme durch das OPCW-Team „erst in der letzten Sekunde“ Russland mitgeteilt wurde, welche Rolle Maria Pewtschisch spielt und warum sie nicht befragt werden durfte, wie Spuren des Gifts auf die Wasserflaschen kamen und warum die Formel der Nowitschok-Verbindung den russischen Experten nicht zugänglich gemacht wird. Russland verlangt nun auch darauf Antworten innerhalb von 10 Tagen, d.h. bis zum 16. Oktober.

Bislang kam die von Russland angeforderte technische Unterstützung der OPCW nicht zustande

Bislang kam auch die von Russland angeforderte Technische Unterstützung der OPCW nicht zustande, ein OPCW-Team nach Russland zu schicken, um die dort von Nawalny vorhandenen Biomaterialien zu untersuchen. Die OPCW hat mit Zustimmung Russland den Briefwechsel von Oktober bis Dezember 2020 veröffentlicht. Entscheidend sei, „wo, wann und unter welchen Umständen die Chemikalie, die außerhalb der Grenzen der Russischen Föderation entdeckt wurde, in den biologischen Proben des russischen Bürgers auftreten.“ Die Untersuchung könne man nach russischem Strafrecht auch dann vornehmen, wenn Nawalny sein Einverständnis nicht gibt. Das sei wichtig, damit die russischen Behörden ein Ermittlungsverfahren einleiten können, so die wiederkehrende Argumentation, warum bislang der Vergiftungsfall nicht offiziell untersucht wurde, da nach den von Nawalny in Russland entnommenen Proben angeblich keine Vergiftung und damit kein Verbrechen vorliegt.

Die OPCW besteht allerdings auf der Zustimmung von Nawalny, Ausschluss von Medien während der Mission und Vertraulichkeit. Knackpunkt ist wohl die Zustimmung von Nawalny, deren Fehlen von deutscher Seite auch als Grund genannt wurde, warum Proben von ihm nicht in Russland untersucht werden können.

Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, versuchte auch wieder einmal, den Ablauf des Nawalny-Falls als auffällig gut koordinierte Inszenierung darzustellen. Auch sie gab keine weiteren Informationen bekannt, sondern wiederholte vor allem, dass Deutschland nicht auf die Rechtshilfeersuchen geantwortet habe. Dass die Formel der angeblichen Nowitschok-Verbindung auf Druck Deutschlands nicht veröffentlich wurde, verhindere eine „Klärung der biochemischen Natur von Nawalnys ‚Vergiftung'“.

Das gegenseitige Spiel mit Vorwürfen, nicht transparent zu sein und Antworten auf Fragen zu vermeiden, geht also erst einmal weiter. Es sieht nicht so aus, als dürfe man auf Aufklärung hoffen.Eine Kleine Anfrage der AfD an die Bundesregierung, die wir demnächst behandeln werden, macht die Blockadepolitik der Bundesregierung noch einmal deutlich.

So wurde bekannt, dass in der Charité von Nawalny auch Haarproben genommen und untersucht wurden. Das Ergebnis wurde nicht bekannt gegeben, nur, dass auch hier einige der im Blut und Urin nachgewiesenen Verbindungen und Tropicamid, ein in Form von Tropfen gegebener pupillenerweiternder Arzneistoff mit einer Wirkzeit von etwa zwei Stunden,  gefunden wurden. Dass der Wirkstoff in den Haaren entdeckt wurde, ist erstaunlich. Die Ergebnisse des Haartests würden zeigen, welche Substanzen oder Medikamente Nawalny bereits längere Zeit eingenommen hat. Dass sie nicht wie die Ergebnisse der Urin- und Bluttests nicht mitgeteilt wurden, ist unverständlich.

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4 Kommentare

  1. Was soll jetzt mit dem Artikel gesagt werden? Es ist doch unerheblich wie viel Staaten was auch immer fordern. Geht es nicht um Gesetze und Verordnungen. Was sollte Russland denn sagen wenn das was sie sagen richtig ist.Ich kann nicht einmal sehen was sie sagen könnten. Ich habe auch Artikel von F.Rötzer gelesen in denen er beschreibt wie es gelaufen ist mit dem Nadalny.
    Alle , vor allem, Politiker in Deutschland berufen sich zurecht auf Unschuldsvermutung nur für Russland zählt es nicht. Die Unschuldsvermutung zählt sogar solange bis der Richter verurteilt. Egal welche Indizien vorliegen.
    Warum gibt es keine Beteiligung Russlands an den Untersuchungen?
    Bei solchen Gedanken weis nicht was Florian Rötzer will? „Interesse an wirklicher Aufklärung besteht bei keiner Seite.“ Kühne Behauptung“ Hat also Russland was zu verbergen,was?
    „Moskau reagierte bereits nach zwei Tagen, ohne aber Neues zu sagen oder näher auf die Fragen einzugehen. “ Warum soll „Moskau“ Neues sagen oder????? Wäre dem so wird Ihnen vorgehalten es bisher noch nicht erwähnt zu haben. Das „aber“ sagte schon in der Darstellung.
    Die einzige Spekulation die ich dazu habe, erstreckt sich auf alles, Skripal, MH17, der „Typ“ der im Park umkam, vor Jahren. Von den Ausspionieren unter Partnern ganz zu schweigen. Immer ist es Russland die es an der Backe haben.

    1. Guten Abend
      Der Beitrag v. Hr. Rötzer ist unbrauchbar . Das verwundert mich .
      Fakt ist doch , DE und der Westen verweigern die Aufklärung. Wer kein schlechtes Gewissen hat ,hat auch keine Geheimnisse . Das gleiche Spiel , wie bei dem Doppeagenten Skripal. Diese Politik ist nur noch lächerlich . Es wird gelogen u. betrogen , dass sich die Balken biegen . Sie werden nicht mehr rot dabei .
      MfG Stefan Friedrich

  2. Es ist hinlaenglich „egal“, Hauptsache ist, Russland als Schuldigen zu „inszenieren“, alles andere ist Nebensache und „Propaganda“! ? vG Ralf

  3. „Maria Sacharowa, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, versuchte auch wieder einmal, den Ablauf des Nawalny-Falls als auffällig gut koordinierte Inszenierung darzustellen. “

    Was soll dieser merkwürdige Zungenschlag?

    Sie stellte einen Sachverhalt fest, der jedem, der sehen (und denken) kann, sofort ins Auge springt.

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