Pentagon: Programm zur Vorhersage von Chinas Reaktionen auf amerikanische Aktionen

Bild: US Navy

Vier Monate im Voraus soll Pekings Verhalten vorhergesagt werden können. Die Frage ist, ob damit Konflikte vermieden oder eskaliert werden sollen, aber auch, wie sich durch KI-Programm gesteuerte Außenpolitik verändert.

Das ist wahrscheinlich doch eher ein naives Vertrauen in die Technik. Das Pentagon hat ein Computerprogramm entwickelt, das vorhersagen soll, wie China auf bestimmte militärische und politische Aktionen reagieren wird. Inbegriffen seien auch Themen wie Waffenverkäufe oder Abgeordnetenbesuche von alliierten Ländern wie Taiwan.

Bei einem Besuch des Indopazifischen Kommandos in Hawaii wurde Vizeverteidigungsministerin  Kathleen Hicks offenbar über dieses Programm informiert, mit dem dann ja im Voraus geklärt werden kann, welche Züge erfolgreich sein können. Ein wenig seltsam ist, dass das Programm nur für die Konfrontation mit China geschaffen worden sein soll. Warum nicht auch gegen Russland und andere Staaten, man müsste ja nur andere Daten einfüttern, sollte man meinen, wenn nicht das chinesische Handlungs- und Entscheidungsprofil ganz anders sein sollte.

Kaum jedoch vorstellbar, dass sich die Rationalität militärischer und politischer Strategien zwischen den Kadern verschiedener Staaten so sehr unterscheiden sollte. Ja, und dann sollte man annehmen, dass China, das so sehr auf Künstliche Intelligenz in allen Bereichen und auch für das Militär setzt, nicht auch mit ähnlichen Mitteln versuchen wird, das Verhalten von Washington vorherzusagen. Das könnte insgesamt interessant werden, wenn nicht nur autonome Waffensysteme gegeneinander antreten, sondern auch KI-Vorhersageprogramme, die dann womöglich in Millisekunden Lagen beurteilen und Entscheidungen treffen.

Aber noch wissen wir ja nicht gerade viel über die Wundermaschine des Pentagon, die es ermöglichen soll, dass die Militärs ihre Züge gegen China vier Monate im Voraus absehen können. Ein Pentagon-Mitarbeiter wird von Reuters zitiert, der sagte, dass damit „strategische Spannungen“ berechnet werden können. Anscheinend werden entsprechende Daten erst seit 2020 berücksichtigt, um für die amerikanisch-chinesischen Beziehungen relevanten Ereignisse abschätzen zu können. Insbesondere soll das Programm helfen vorherzusagen, welche Aktionen eine übermäßige Reaktion Chinas auslösen könnten. Man könnte also reizen oder eine Eskalation vermeiden.

Für Hicks weist das Programm darauf hin, dass die Militärs letztlich auch politische Strategen werden sollten. Sie müssten „ein viel breiteres Set an Indikatoren“ einbeziehen, um die „Bedrohungsinteraktion“ mit der zunehmenden Spannung zwischen den beiden Großmächten zu verstehen. Seit Jahren provozieren amerikanische Militärflugzeuge und Kriegsschiffe China, indem sie sich nahe an von China beanspruchten Sicherheitszonen bewegen, um angeblich die Freiheit der Schifffahrt zu demonstrieren. Hicks sagte denn auch, das Computerprogramm sei aufgrund von Konflikten zwischen den Staaten entwickelt worden. Sie nannte die Verurteilung seitens von Peking, nachdem die USA Kriegsschiffe durch die Straße von Taiwan im Oktober fahren ließ.

Kathleen Hicks beim Indopazifischen Kommando- ziemlich allein unter Männern. Bild: DoD

Man fragt sich, ob das Programm dazu dienen soll, weiter picksen zu können, ohne dass Peking militärisch agiert, oder China so provozieren zu können, dass es militärisch reagiert, um den Konflikt zu eskalieren. Hicks deutet an, dass das Programm dem Pentagon helfen könnte, Aktionen zu vermeiden, die unwillentlich eine chinesische Reaktion auslösen könnten.

Was auch immer der Zweck sein soll und wie auch immer die Vorhersagen des Programms für Entscheidungen berücksichtigt werden sollten, so wird doch an dem Beispiel deutlich, dass KI-Systeme immer stärker militärisch und auch politisch oderdiplomatisch an Entscheidungen beteiligt werden. Welche Folgen das haben wird, steht in den Sternen. Das könnte zur realpolitischen Versachlichung der Außenpolitik beitragen, aber eben auch dazu führen, dass Konflikte eskaliert werden, weil man noch meint, sie kontrollieren zu können. Letztlich entscheiden noch Menschen, deren Verhalten, abhängig von vielen Faktoren und anderen Menschen, wohl nicht eindeutig vorherzusagen ist.

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