Polen rüstet auf: Mindestens 140.000 Soldaten mehr

Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak und Jarosław Kaczyński, Vorsitzender des Ministerrats für nationale Sicherheit und Verteidigungsangelegenheiten, bei der Ankündigung der Aufrüstung. Bild: gob.pl/CC By-3.0/pl

Während in Deutschland die Ampel bei aller Nato-Feier die geplante personelle Aufstockung der Bundeswehr abblasen will, folgt Jaroslaw Kaczynski, der eigentliche Regierungschef, der Devise: „Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor.“

Die Ampel-Koalitionäre haben sich in ihrem Sondierungspapier ohne Einschränkung zur Nato und zum transatlantischen Bündnis bekannt und versichert, die Soldaten und die Bundeswehr sollen besser ausgerüstet werden. Gleichzeitig will man eine „abrüstungspolitische Initiative“ starten und Rüstungsexporte einschränken. Zudem soll die Truppe nicht, wie geplant von jetzt unter 184.000 auf 203.000 aufgestockt werden, schon jetzt fehlt der Bundeswehr Personal und hat sie Mühe ihre Sollstärke wirklich zu erreichen. Dazu ist sie zu wenig attraktiv und konfrontiert mit geburtenschwachen Jahrgängen.

Vor allem ist nicht klar, was die Bundeswehr leisten soll bzw. muss. Es wird darauf ankommen, wie viel Geld die mögliche Ampel-Koalition in die technische Aufrüstung der Bundeswehr investieren will. Der langfristige Trend geht sowieso in Richtung Ersetzung des menschlichen Personals durch Technik – und dass Militär nicht in der Lage ist, Sicherheit und Stabilität herzustellen, geschweige denn einen demokratischen Staat aufzubauen, hat Afghanistan gezeigt. Verdient daran haben die Rüstungs- und Sicherheitsindustrie und die dort Beschäftigten.

Ganz anders im Nachbarland Polen, das unter der PiS-Partei autoritär regiert wird und im Streit um die Justizreform einen Konfliktkurs mit der EU fährt (oder umgekehrt). Nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofs verstößt die eingerichtete Disziplinarkammer gegen EU-Recht und die Unabhängigkeit der Justiz, Polen müsse sie wieder abschaffen  und EU-Recht wieder herstellen. Nachdem Polen keine Anstalten dazu machte, muss es nun nach einem Urteil des EuGH jeden Tag eine Million Euro Strafe zahlen.

Polen: Mehr Polizei, eine Grenzmauer, mehr Militär

Die polnische Regierung hat gerade einen Plan bekannt gegeben,  ab 2022 bis 2025 2,2 Milliarden Euro in die „Sicherheit des polnischen Volkes“ zu stecken, um Polizei und Grenzschutz aufzustocken. Zudem ist geplant an der polnischen Grenze zu Belarus eine Mauer für 350 Millionen Euro zu errichten. Und es soll das Militär ausgebaut werden. Der stellvertretende Regierungschef Jaroslaw Kaczynski, der wirkliche Regierungschef, hat am Dienstag das vom Kabinett gebilligte Heimatverteidigungsgesetz vorgestellt, das noch durch das Parlament muss. Dabei geht es vor allem darum, zusätzliches Geld  für die Bewaffnung der polnischen Armee, für die Modernisierung der Ausrüstung und für die Erhöhung des Personals zu machen.

Das Militärbudget Polens beträgt 2021 11,2 Milliarden Euro bzw. 51.8 Zloty. Das sind schon 3,7 Prozent mehr als 2020 und 2,2 Prozent vom BIP. Vorgesehen ist eine Steigerung der Militärkosten auf mindestens 2,5 Prozent vom BIP bis 2030. Mit dem neuen Gesetz soll das Budget noch einmal um 1,36 Milliarden Euro oder 13 Prozent steigen. Das wären dann schon mindestens 2,4 Prozent vom BIP.

Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Ampel wohl nicht wirklich die Militärausgaben forcieren wird und die Zahl der Soldatinnen und Soldaten nicht aufgestockt werden soll, will die polnische Regierung die Personalstärke von jetzt 110.000 auf mindestens 250.000 Soldatinnen und Soldaten und 50.000 Frauen und Männer der Armee für Territorialverteidigung erhöhen. Dazu soll die Wehrpflicht nicht wieder eingeführt werden. Man wird gespannt sein können, ob die Streitkräfte so viele Menschen rekrutieren können, zumal bei einer wie jetzt florierenden Wirtschaft mit einer geringen Arbeitslosenquote von 3,7 Prozent. Man will die Streitkräfte attraktiver machen, für mehr Aufstiegsmöglichkeiten sorgen und den Sold erhöhen, zudem soll es möglich sein, länger als  Jahre zu dienen.

Kaczynski rechtfertigt die hinsichtlich des Personals verwegene Aufrüstung durch Bedrohungen der nationalen Sicherheit, vor allem wegen der „imperialen Bestrebungen“ Russlands und der „hybriden Kriegsführung“ von Belarus, die aber schlimmstenfalls darin bestehen, Flüchtlinge an die polnische Grenze durchzulassen oder hinzubringen. Hier müsse man der „alten Regel“ folgen: „Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor.“

Auch ein Cyberkommando soll es geben

Wegen der geopolitischen Lage an der Ostflanke der Nato müsse Polen eine große Abschreckungsmacht haben, um nicht zu sehr von den Aliierten abhängig zu sein: „Die Not entsteht hoffentlich nie, aber wir müssen uns im Bedarfsfall auch wirklich effektiv verteidigen können. Und das lange Zeit unabhängig, denn der Mechanismus, der zur vollständigen Mobilisierung der NATO-Streitkräfte führt, ist immer noch eine sehr mächtige Kraft.“

Die Modernisierung besteht in erster Linie im Kauf von vielen amerikanischen Abrams-Panzern und dem Aufbau eines Cyberspace-Kommandos, „um auf die Bedrohungen des 21. Jahrhunderts zu reagieren“. Hier dürfen auch Menschen mit Behinderungen arbeiten, die „herausragenden Fähigkeiten“ besitzen, aber nicht die Fitness und körperlichen Fähigkeiten, die etwa für den Dienst in der Armee erforderlich sind.

An der Grenze zu Belarus sind zur Abwehr der Migranten, die schon auch als „Waffen“ bezeichnet werden, bereits 8500 Soldaten eingesetzt. Fast 170 km Stacheldrahtzaun wurden aufgebaut, um das Land wie vor Invasoren zu schützen. Der Ausnahmezustand an der Grenze wurde gerade um 60 Tage verlängert. Man sieht sich einer „hybdriden Kriegsführung“ ausgesetzt, die man aber militärisch beantwortet.

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