Prognosen zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen

Bild: Tim Reckmann/ccnull.de

Landtagswahlen in diesem bevölkerungsreichen Land sind für Deutschland besonders wichtig. Wegen der dortigen speziellen Parteienstruktur sind sie meist auch sehr spannend.

Für unsere Voraussagen wird hier der Prognosys-Master-Vote verwendet, der eine gewichtete Kombination aller vorhandenen Einschätzungen aus Umfragen, Wahlbörsen und Expertenprognosen darstellt. Er hat sich in der Vergangenheit bewährt und liegt im Gesamtranking aller 16 aktuellen Landtagswahlen seit längerer Zeit auf dem zweiten Platz hinter Forschungsgruppe  Wahlen (ZDF). Zusätzlich wird in Klammern die Spanne angegeben, also der kleinste und größte Prognosewert für jede Partei unter allen Instituten.

Stand Freitag 12 Uhr führt die CDU mit 32,3 Prozent (30-33 Prozent) vor der SPD mit 28,8 Prozent (27-29,5 Prozent). Ein solcher Vorsprung von 3,5 Prozentpunkten ist kurzfristig kaum noch aufzuholen. Die FDP kommt auf 6,5 Prozent (6-9 Prozent). Die sehr deutlichen Verluste zur Vorwahl 2017 resultieren wahrscheinlich wie in Schleswig- Holstein aus einer Wählerwanderung von der kleinen zur großen Regierungspartei. Die AfD könnte ebenfalls 6,5 Prozent erreichen (5,5-8 Prozent) und sollte mit ziemlicher Sicherheit wieder im Parlament sein. Die Linken hingegen werden es mit etwa 2,7 Prozent (2,5-3 Prozent) wieder nicht schaffen. Wahlgewinner werden wohl die Grünen sein, die ihr früheres Wahlergebnis mehr als verdoppeln könnten und bei etwa 17,2 Prozent erwartet werden (16-18 Prozent), weil sie hervorragende Vorgaben aus Schleswig-Holstein und Berlin haben. Alle sonstigen Parteien liegen zusammen bei 6,0 Prozent (5,5-7 Prozent).

Daraus ergeben sich für eine Regierungsbildung folgende Möglichkeiten: Die meisten Sitze erreicht natürlich eine Große Koalition aus CDU und SPD. Diese ist jedoch politisch von den Wählern wenig gewünscht. Eine schwarz-grüne Verbindung erhält mit Sicherheit eine Mehrheit, während es für die von den Wählern favorisierte rot-grüne Koalition sehr knapp wird. Die Wahrscheinlichkeit dafür beträgt etwa 50 Prozent. Falls diese Konstellation nicht klappen sollte, könnte man sie zu einer Ampel erweitern. Auch Jamaika wäre realisierbar. Aber Dreierkoalitionen, bei denen schon zwei Partner allein eine Mehrheit haben, sind in deutschen Landtagen äußerst selten.

Betrachtet man alle diese Variationen, haben die Grünen die größten Chancen in die nächste Regierung zu gelangen. Sie sind sogar in der Position des Königsmachers, entweder mit der CDU oder der SPD.

Die Erstellung von Prognosen ist reizvoll, aber schwierig. Vielleicht vergleichbar mit einer Wetterprognose drei Tage im Voraus. Kritik kommt ebenfalls so sicher wie das Amen in der Kirche. Nach der Wahl werden von den Experten die Gründe für den Wahlausgang ausgiebig kommentiert. Es wäre wünschenswert, wenn die Medien darüber nachdächten, was schwieriger ist, die Wahlprognosen vorher oder die Wahlkommentierung nachher. Wir stellen uns seit über 20 Jahren dieser Herausforderung und untersuchen zusätzlich die Qualität der Prognosen nach jeder Wahl. In den Medien wird das meist nur einen Tag später und sehr kurz abgehandelt. Qualitätsanalysen spielen dort kaum eine Rolle.  Man vertraut lieber blind den Umfrageinstituten.

Bei dieser Wahl könnten die Prognosen insgesamt ganz ordentlich ausfallen, weil keine so großen Abweichungen wie im Saarland oder in Schleswig-Holstein zu erwarten sind. Aber Überraschungen sind das Salz in der Suppe.

Prof. Dr. Walter Mohr ist Leiter der Prognosys Bewertungs GmbH. Studium der Mathematik und Wirtschaftswissenschaften, Lehr- und Forschungstätigkeiten an Fachhochschulen und Universitäten mit über 50 Veröffentlichungen, insbesondere in den Bereichen Zeitreihenanalyse und Wirtschafts- und Wahlprognosen sowie medizinischen Qualitätsuntersuchungen (eHealth).

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