Russische Kamikazedrohnen als Allzweckwaffe – auch für ein „Minenfeld in der Luft“

Russland sieht in der Ostukraine und in Syrien Gefahren durch die türkischen Kampfdrohnen Bayraktar. Neben Kamikazedrohnen wurde nun vorgeführt, dass mit der Orion-Drohne auch andere Drohnen im Flug abgeschossen werden können.

Billige Kamikazedrohnen, die in Massen verschossen werden können und keine Infrastruktur benötigen, sind neben Hyperschallwaffen derzeit  militärisch das große Ding – und auch die große Sorge, weil sie neue Verteidigungstechniken erfordern.

Das russische Militär führt unverhüllt vor, wie es mit Kamikazedrohnen in Syrien „Terroristen“ angreift und zerstört. Es soll sich dabei um Kämpfer der islamistischen Miliz HTS handeln, die aus al-Qaida und dem syrischen Ableger al-Nusra hervorgegangen ist und heute weitgehend Idlib kontrolliert. Die „Rebellen“ in Idlib werden von der Türkei und vom Westen als Mittel instrumentalisiert, weiter Einfluss auf Syrien zu behalten und zu verhindern, dass Damaskus wieder die Kontrolle  im ganzen Land übernimmt.

Veröffentlicht im Staatsfernsehen wurde ein Video von Angriffen im Jahr 2020. Während die USA gerne den „sauberen“ Präzisionskrieg präsentieren und schon lange auch keine präparierten Opfer mehr vorführen (Archaische Bilder vom Sieg), paradigmatisch entsorgte man die Leiche von Osama bin Laden im Meer, zeigt das russische Militär keine Zurückhaltung bei der „Eliminierung“ der Gegner. Auch der Präzisionskrieg ist blutig – und das soll wohl auch der eigenen Bevölkerung und den Gegnern demonstriert  werden.

Vorgeführt wurden Angriffe mit der Kamikazedrohne Lancet, die von der ZALA Aero Group  des Kalaschnikow-Konzerns hergestellt wird, was vielleicht auch zeigt, dass Drohnen die neuen Maschinengewehre und Allzweckwaffen werden. 2020 wurden die Drohnen in Syrien getestet. Kamikazedrohnen sind ein militärischer Teil der Wegwerfkultur, sie sind billig und wie Munition Einmalwaffen, die nur Abfall zurücklassen. Nach Angaben von Ria.ru kehren sie auch dann, wenn sie auf kein Ziel gerichtet wurden, nicht wieder zurück, weil das die Soldaten wegen der Sprengladung gefährden könnte.

In einem Fall wurde ein HTS-Kämpfer gesucht, der Maher Kojak heißt und Sniper Tow genannt wird, weil er sich rühmt, 30 Panzer und Hubschrauber der syrischen Armee mitamerikanischen Tow-Panzerabwehrlenkraketen zerstört zu haben. Mittels Drohnen wurde er im April 2020 verfolgt und entdeckt, als er und zwei weitere Kämpfer ein Tow-System einsatzbereit machen wollten. Weil man angeblich Sniper Tow in der Situation nicht identifizieren konnte, sollte die ganze Gruppe ausgeschaltet werden. Obgleich die Kämpfer die Drohne hörten und zu flüchten versuchten, sollen alle drei von Granatsplittern getötet worden sein, eine zweite Lancet-Drohne soll dann das Tow-System zerstört haben.

Mit einer anderen Drohne sei  ein Kommandant getötet worden, obgleich auch dieser kurz zuvor diese gehört und gesehen hat, aber ihr nicht entkommen konnte. Und in einem Fall sei ein Jeep mit Kämpfern in eine Garage gefahren, die Lancet-Drohne sei auch beim Verfolgen in diese geflogen und sie zerstört.

„Minenfeld in der Luft“

Lancet-Drohnen haben wie alle Kamikazedrohnen eine Videokamera, die bis zum Aufprall alles aufnimmt, man also sehen kann, was oder wer getroffen wird. Lanzet-3-Drohnen haben mit einem Gesamtgewicht von 12 kg eine Reichweite von 40 km, fliegen in einer Geschwindigkeit von 80-110 km/h bis zu 40 min, können über einem möglichen Ziel in der Luft schweben und sind mit einer Sprengladung von bis zu 3 kg ausstattbar. Die kleinere und leichtere Lancet 1 hat mit einem Gesamtgewicht von 5 kg, davon ein kg Sprengladung, ähnliche Eigenschaften.  Die Kampfdrohnen können auch gegen Flugzeuge und andere Drohnen eingesetzt werden. Angeblich können sich die Kamikazedrohnen mit einer Geschwindigkeit von bis zu 300 km/h auf ihr Ziel stürzen. Sie sollen gegen Laser geschützt sein und aufgrund des hohen Plastikanteils für herkömmliche Radarsysteme unsichtbar sein.

Abschusbereite Kamikazedrohne Lancet

Nach dem Hersteller lässt sich mit mehreren Lancet-Drohnen für „Dutzende von Stunden“ ein „Minenfeld in der Luft“ aufbauen. Damit soll verhindert werden, dass gegnerische Drohnen einen Luftraum passieren. Ein Problem ist, dass sie nur 40 Minuten fliegen können, weswegen sie immer wieder durch neue Drohnen ausgetauscht werden müssen, auch wenn sie wahrscheinlich länger an einem Punkt schweben können.  Voraussetzung wäre überdies, dass Lancet-Drohnen in einer Schwarmkonfiguration fliegen können.

Vermutet wird, dass Lancet eine Gegenwaffe zu den türkischen Kampfdrohnen Bayraktar sein soll. Die haben in Libyen und Syrien auch russische Pantsir-S1-Luftabwehrsysteme zerstört, die auch die ostukrainische „Volksrepubliken“ besitzen – und die Ukraine hat nicht nur türkische Kampfdrohnen gekauft, sondern baut und entwickelt nun auch gemeinsam mit dem türkischen Rüstungskonzern Baykar Kampfdrohnen. Nachdem das ukrainische Militär erstmals eine Bayraktar TB2-Drohne gegen eine Stellung der Separatisten eingesetzt hat, ist das russische Militär noch einmal mehr aufgeschreckt.

Die Lancet-Drohnen fliegen zwar langsamer als die mit einer Länge von 12 m und einem Gewicht von  max. 650 kg weitaus größeren Bayraktar TB2-Drohnen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h, einer Reichweite von 150 km und einer Flugdauer von 27 Stunden. Aber mit einer Sturzgeschwindigkeit von 600 km/h können sie die größeren Drohnen einholen.

Um die Einsatzdauer von kleinen Drohnen zu erhöhen, haben russische Militärwissenschaftler ein neues Drohnenkonzept entwickelt. Zentrale Idee ist, dass sie ihre Batterien unterwegs an Stromleitungen aufladen können.  Gedacht ist an einen Multicopter, der sich mittels einer magnetischen „Zange“ mit Stromklemmen kopfunter an einem Stromkabel einhängt und, wenn vollgeladen, die „Zange“ löst und sich beim Fliegen wieder umdreht.

Neue Luft-Luft-Rakete gegen Drohnen. Es ist eine veränderte Anti-Panzer-Rakete des Typs 9M113 Kornet

Kampfdrohne gegen Kampfdrohne

Hauptwaffe gegen feindliche Kampfdrohnen wie Bayraktar TB2 ist aber erst einmal wohl die russische Kampfdrohne Orion, die ebenfalls in Syrien getestet wurde. Militärische Konflikte müssen auch deswegen vom Zaum gebrochen werden, um neue Waffensysteme unter realen Einsatzbedingungen zu testen und möglichen Käufern vorzuführen.

Im russischen Fernsehen wurde gezeigt, wie mit Orion-Drohne und einer neuen Luft-Luft-Rakete eine andere Drohne im Flug abgeschossen werden konnte. Die Rakete könne auch von anderen Drohnen wie der Forpost-Drohne.

Orion-Drohne schießt andere Drohne ab.

Alexander Novikov, Chef der Drohnenabteilung, betont, dies sei unter schlechten Wetterbedingungen geschehen und dass sich so Bayraktardrohnen und alle anderen abschießen lassen. Die türkischen Drohnen können mit den russischen Radarsystemen in der Ukraine  vom Start bis zur Landung erkannt und verfolgt werden. Überdies versichert Juri Muravkin, stellvertretender Chef der Flugabwehrraketenkräfte der russischen Luft- und Raumfahrtstreitkräfte, dass die türkischen Kampfdrohnen ein leichtes Ziel für die Pantsir-Luftabwehrsysteme seien, was sich in Syrien und Libyen gezeigt habe. In Syrien sollen 40 türkische Bayraktar- und Anka-Drohnen von Pantsir-Systemen abgeschossen worden sein. Nur wenn ein Pantsir-System nicht im Kampfmodus  und/oder die Besatzung nicht richtig arbeitet, könne es zum Ziel der türkischen Kampfdrohnen werden.

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Ein Kommentar

  1. Das Konzept finde ich hervorragend, da Angriffsdrohnen immer mehr eingesetzt werden.
    Entwickle in meiner Manufaktur, unterschiedliche Komponenten für Drohnen und sehe durch den Einsatz von 3D Druck Technologie eine schnelle Bauteilbeschaffung, auch im Einsatzgebiet lassen sich Anpassungen effektiv und schnell erstellen.

    Viel Erfolg weiterhin
    Bernd Puhl

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