Ukraine-Krieg: Begehen Kriegsverbrechen nur die Russen?

Vermutliche Misshandlung von russischen Kriegsgefangenen.

Es gibt grauenvolle Bilder, wie russische Kriegsgefangene von ukrainischen Soldaten gefoltert und misshandelt werden. Es mehren sich Aussagen, dass in Mariupol die Menschen von Asow festgehalten wurden. Alles nur Desinformation?

 

Während wir von ukrainischer Seite, aber auch von westlichen Medien und Politikern mit Beschuldigungen über Gräueltaten der russischen Streitkräfte in der Ukraine überschwemmt werden, findet im Infokrieg einen mediale Gegenoffensive seitens Russland statt, in der wiederum von Gräueltaten der ukrainischen Soldaten, allen voran von den Freiwilligenverbänden wie Asow, Rechter Sektor oder Aidar, die Rede ist. Das wird normalerweise als Desinformation ungeprüft abgetan, die es aus russischer Seite, allerdings auch auf ukrainischer (und westlicher Seite) auch gibt. Mittlerweile haben sich westliche Medien bequemt, wohl weil die Einseitigkeit kaum durchzuhalten ist, wenigsten darauf zu verweisen, dass sich Informationen aus dem Krieg, die von ukrainischen Quellen stammen, nicht unabhängig überprüfen lassen. Aber man gibt sie dennoch weiter.

 

Russland ist in die Ukraine einmarschiert und führt einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Angeblich sollten damit die beiden „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk vor einem Genozid und vor einer geplanten Offensive geschützt werden, nachdem der Westen nicht auf die angemeldeten Sicherheitsinteressen Russlands reagiert hatte.

Unabhängig davon, was daran zutreffend ist, ist der Krieg – das muss vorangeschickt werden – zu verurteilen. Etwas anderes aber ist die Berichterstattung über den Krieg. Der Westen mit den meisten westlichen Medien stellt die russischen Streitkräfte als Kriegsverbrecher dar, die absichtlich zivile Ziele bombardieren, ganze Städte plattmachen und aushungern, die Menschen nicht aus den Städten lassen bzw. auf diese schießen oder verpönte Waffen wie Phosphorbomben einsetzen. Von ukrainischer Seite ist hingegen nichts zu hören, da gibt es nur heroische Krieger der regulären Streitkräfte und der in das Militär und die Nationalgarde integrierten Freiwilligenverbände, die bewunderungswürdig gegen die militärisch überlegenen, aber demoralisierten Russen offenbar in strikter Einhaltung des Kriegsrechts und für Freiheit und Demokratie kämpfen. Ansonsten gibt es nur Opfer der brutalen Kriegsführung der Russen, die vom Bodenkampf zunehmend auf Bombardierung aus der Luft umsteigen.

In seiner Rede in Warschau kündigte der amerikanische Präsident Joe Biden einen langen Krieg der Guten gegen das Böse bzw. die Bösen an: „We must commit now to be in this fight for the long haul.“ Die Bösen werden von den ukrainischen Nationalisten, die wie Dmitri Jarosh vom Rechten Sektor und UDA (Ukrainian Volunteer Army) und zum Berater des Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte aufgestiegen, als Orks aus Mordor bezeichnet (die man abschlachten kann und muss). Orks wird auch vom ukrainischen Verteidigungsministerium verwendet. Die nationalistischen Freiwilligenverbände haben sich rassistisch auf die Russen als die „ewigen Feinde“ eingeschworen.

Biden bezeichnete Putin als Schlächter und Kriegsverbrecher, Russland als „Dunkelheit“ und wiederholte propagandistisch die Vorwürfe, rhetorisch verkleidet in die Unterstellung, dass das gemeine russische Volk „nicht die Tötung unschuldiger Kinder und Großeltern begrüßt, oder dass Sie akzeptieren, dass Krankenhäuser, Schulen und Entbindungsstationen mit russischen Raketen und Bomben beschossen werden; oder dass Städte umzingelt werden, damit die Zivilbevölkerung nicht fliehen kann; dass die Versorgung unterbrochen wird und versucht wird, die Ukrainer auszuhungern“.

Man kann sich dieser Informationsglocke kaum entziehen, die natürlich auch deswegen so wirkt, weil ein Goliath einen David angegriffen hat und der Angegriffene immer einen Bonus genießen kann. Während im Westen die Bilder von den Flüchtlingen, von zerstörten Städten, dem Leiden der Menschen in den Kellern gezeigt werden, werden auf russischer Seite umgekehrt Ukrainer gezeigt, die von den russischen Streitkräften „befreit“ wurden, sich freuen, der Hölle etwa von Mariupol entkommen zu sein, und mitunter berichten, dass die Freiwilligenverbände wie Asow die Menschen in den Kellern festhielten, sich in den Häusern einrichteten, Panzer und Artilleriesysteme in Wohngebieten aufstellten und auch Gebäude beschossen sowie die Menschen daran hinderten, die Städte zu verlassen, wobei sie auch mitunter auch auf diese schossen. Es ist also ein umgekehrtes Narrativ, das aber falsch sein muss, weil von der russischen Desinformationsmaschine erschaffen. Man nimmt dann schon mal Bilder, die zeigen, wie eine ukrainische Rakete mehr als 20 Menschen in Donezk tötete, um die Gräueltaten der Russen zu illustrieren. Streit gab es etwa um das Theater von Mariupol. Ich hatte mal in ukrainischen Quellen nachrecherchiert und sehr widersprüchliche Angaben dazu gefunden, was dort wie mit welchen Folgen geschehen ist. Welche Version stimmt, kann ich nicht aus der Ferne beurteilen, aber das scheint nicht viele zu hindern, dies als herausragendes Beispiel für russische Kriegsverbrechen zu verwenden.

 

Möglicherweise sind die Äußerungen von Ukrainern, die aus Mariupol in die „Volksrepublik Donezk“ kamen – entführt, wie die ukrainische Regierung sagt – gestellt. Den Verdacht kann man immer äußern, wenn die Quelle nicht als wirklich unabhängig und vertrauenswürdig gelten kann, was im Krieg mit all der strategischen Kommunikation kaum der Fall sein kann. Und wenn es heißt, dass Russland nach Kiew aus Mariupol keine Evakuierung zulassen würde, dann liegt das etwa auch daran, dass die russischen Streitkräfte nicht die Kämpfer aus der Stadt fliehen lassen wollen. Die Konvois, die in die „Volksrepubliken“ kommen, werden kontrolliert, ob dort Kämpfer/Soldaten untergeschlüpft sind. Gesucht wird beispielsweise bei Männern nach Nazi-Tätowierungen.

Es gibt auch Berichte aus den USA. So hat beispielsweise ein Analyst des amerikanischen Militärgeheimdienstes Defense Intelligence Agency (DIA) erklärt, dass sich die russischen Streitkräfte im Gegensatz zu den Schilderungen der westlichen Politiker und Medien zurückhalten, was auch russische Repräsentanten behaupten: „Ich weiß, es ist schwer zu glauben, dass das Gemetzel und die Zerstörung noch viel schlimmer sein könnten, als sie sind. Aber das ist es, was die Fakten zeigen. Das deutet zumindest für mich darauf hin, dass Putin nicht absichtlich Zivilisten angreift, dass er vielleicht darauf bedacht ist, den Schaden zu begrenzen, um einen Ausweg für Verhandlungen zu finden.“

Zitiert wird auch ein Ex-Angehöriger Luftwaffenoffizier: „Ich bin frustriert über das derzeitige Narrativ, dass Russland absichtlich Zivilisten angreift, dass es Städte zerstört und dass es Putin egal ist. Eine solch verzerrte Sichtweise steht der Suche nach einem Ende im Wege, bevor es zu einer echten Katastrophe kommt oder der Krieg auf den Rest Europas übergreift. Ich weiß, dass in den Nachrichten immer wieder behauptet wird, dass Putin Zivilisten ins Visier nimmt, aber es gibt keinen Beweis dafür, dass Russland dies absichtlich tut. Ich würde sogar sagen, dass Russland Tausende von Zivilisten mehr töten könnte, wenn es das wollte.“

Aber solche Einsprüche stören das gepflegte und gut geschmierte Narrativ vom Kampf der Guten gegen die Bösen. Ich schreibe diesen Artikel, weil ich gestern über zwei Videos gestolpert bin, die, wenn sie authentisch sind, woran kaum gezweifelt werden kann, diejenigen aufrütteln sollten, die im Namen der Demokratie und des Guten unterschiedslos die Kämpfer in der Ukraine weiter aufrüsten wollen und in der Wahnwelt feststecken, dass Kriege nicht schmutzig sind, zumindest nicht auf der Seite des Guten. Dass Bilder von toten ukrainischen Soldaten, die angeblich festgekettet wurden, um nicht wegzulaufen, Fake sein könnten, ist unbestritten.

In einem Video haben sich ukrainische Soldaten gefilmt, wie sie russischen Gefangenen in die Füße schossen und sie dann misshandelten – gefangene russische Gefangene auch hier. Das soll in der Nähe von Charkiw geschehen sein. Dass das wohl kein russischer Fake war – die Aufnahme wirkt alles andere als gestellt -, machte Oleksiy Arestovych, der Berater des ukrainischen Präsidenten klar, der sagte, man werde das untersuchen und gleichzeitig behauptete: „Wir foltern keine Kriegsgefangenen.“ Allen Mitgliedern der Streitkräfte würde gesagt, dass ein solches Verhalten „absolut inakzeptabel“ ist. Dagegen versuchte Valeriy Zaluzhniy, der Kommandeur der ukrainischen Streitkräfte, unglaubwürdig zu versichern, dass sich alle regulären Soldaten, aber auch die Freiwilligenverbände strikt an das Kriegsrecht halten würden. Es seien die Russen, die solche Videos machen würden, um die ukrainischen Streitkräfte zu diskreditieren.

Und dann gab es einen Film aus Mariupol von einem unabhängigen, aber wohl parteiischen Journalisten aus einem von Russland bzw. den „Volksrepubliken“ eingenommenen Stadtteil. Zu sehen ist das Chaos mitsamt Gewehren und anderen Waffen in einem Keller unter einer Schule, die von ukrainischen Soldaten als Stützpunkt genutzt wurde. Das bestätigt russische Berichte, dass Schulen, Kindergärten und Krankenhäuser militärisch zum Schutz vor Angriffen und als Mittel genutzt werden, um Russland Kriegsverbrechen zu beschuldigen. Aber dann ist in einem Raum auch die Leiche einer Frau zu sehen, auf deren nackten Körper mit Blut eine Swastika aufgemalt wurde. Möglicherweise wurde sie gefoltert. Natürlich kann man fragen, ob es sich tatsächlich um die angebliche Schule Nr. 25 handelt und ob die Leiche nicht dorthin drapiert wurde.

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5 Kommentare

  1. Manchmal hilft Logik.

    In einer süddeutschen Zeitung kommentierte eine Journalistin die Frage nach humanitären Fluchtkorridoren wie folgt: für die eingeschlossenen Zivilisten sei dies eine gute Sache, aber für die dortigen Kämpfer nicht, weil sonst die russische Luftwaffe freie Bahn hätte. Gleiches gelte für die Journalisten, die Russland in ein schlechtes Bild rücken wollten, weil tote Zivilisten sich gut für Propaganda eignen.

    Wer hat also Interesse daran, dass Zivilisten heil aus den Städten kommen?

  2. Genau wegen dieser Bilder (Grausamkeiten gegenüber Kriegsgefangenen) und natürlich auch dem, was man als „Kollateralschäden“ bezeichnet, hätte es diesen Waffengang nicht geben dürfen. Ich war selbst Armeeoffizier und halte es für unmöglich, Unschuldige aus dem Waffengebrauch herauszuhalten. Zivilisten zu schonen gehört in den Bereich der Fantasie – völlig illusorisch. Ich bin für eine sofortige Beendigung aller Kampfhandlungen und die Umsetzung der aktuell genannten Bedingungen. Soweit hätte es erst gar nicht kommen dürfen – der Westen hat daran seinen Anteil, leider.

  3. Ich habe noch nie eine Waffe in der Hand gehabt und habe es auch nicht vor. Was ein Monat Krieg, Todesangst, Zerstörung in der eigenen Heimat mit einem Menschen machen, kann sich wahrscheinlich niemand hier vorstellen. Dass die Handlungsweise auf der Seite der Angegriffenen bei anhaltender Dauer der Bedrohung und anhaltender Aussichtslosigkeit nicht korrekt bleibt, ist zwar nicht hübsch anzusehen, aber absolut menschlich.
    Was erwartet man denn?
    Das gleiche gilt für die Angreifer, die ja nicht einmal wissen, was mit ihnen passiert. Aber von illegitimen Angreifern erwartet sowieso niemand „korrekte Vorgehensweise“.
    Selbst wenn der Krieg heute durch ein Wunder aufhören würde, gäbe es immer noch Millionen psychisch beeinträchtigter Opfer, die kein normales Leben mehr führen können. Und die sollen sich jetzt menschlich korrekt verhalten können?

  4. @Begehen Kriegsverbrechen nur die Russen?
    nein – Kriegsverbrechen begehen die, die sich gegen die Interessen der globalen Hochfinanz wenden.
    Für die anderen herrscht immer Verständnis, da sie ja die Guten sind und das höchstens in großer Not tun und außerdem die von den Finanzeliten ausgehaltenen Medien alles immer im Lichter der Interessen ihrer finanziellen Sugardadies sehen !

  5. In Butscha wurden russische Sympathisanten von Ukrainern ermordet. Den Leichen, die auf den Filmen gezeigt wurden, waren die Hände mit weißen Binden gefesselt. Solche Binden trugen ukrainische Sympathisanten der Russen. Es gibt Kurzfilme, wo man sieht, wie ukrainische Soldaten, Leichen hinter sich ziehen und am Straßenrand platzieren. Auch zu beachten, dass die Leichen, die man auf der Straßen von Butscha liegen sieht, haben keine Blutspur hinterlassen. Also sind es Tote, die woanders erschossen wurden. Es gibt auch Kurzfilme mit Aufzeichnung der Ermordung russischer Verletzten. Der ukrainische Mörder spricht: „Der bewegt sich noch“, zieht eine Pistole und erschießt ihn und ruft: Heil Ukraine.

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