US-Rüstungskonzern Raytheon angesichts Ukraine und anderen Konflikten: „Wir sehen Möglichkeiten für internationale Verkäufe“

C-17 Globemaster von Boeing. Bild: DoD

US-Rüstungskonzerne machen kein Hehl daraus, dass durch Konflikte die Profite fließen. Das war schon ein Hintergrund für die von Bill Clinton in den 1990er Jahren betriebene und auch damals von Joe Biden unterstützte Osterweiterung der Nato.

Konflikte zwischen Staaten werden nicht nur von Politikern und Militärs gelenkt, im Hintergrund steht auch der militärisch-industrielle Komplex mit Rüstungskonzernen, militärischen Dienstleistern, Sicherheitsunternehmen, Lobbygruppen (thinktanks) und Akademikern. Gerade haben die Chefs von amerikanischen Rüstungskonzernen in ihren Quartalsberichten für die Investoren deutlich gemacht, dass sie natürlich von Konflikten wie dem in der Ukraine zwischen der Nato und Russland gute Geschäfte erwarten.

Lockheed-Chef James Taiclet erklärte, wie Responsible Statecraft berichtet,  den Investoren, dass das Pentagonbudget von jetzt 740 Milliarden US-Dollar 2023 wegen der Konflikte weiter wachsen könnte. Bis zur Hälfte des Budgets geht mittlerweile an Rüstungskonzerne und Militärunternehmen, die von Steuergeldern wie staatliche Unternehmen leben, aber privat die Profite einstreichen..

„Wenn man sich das sich entwickelnde Bedrohungsniveau und die Vorgehensweise einiger Länder ansieht, einschließlich Nordkorea, Iran und durch einige seiner Stellvertreter im Jemen und anderswo, und besonders Russland heutzutage und China, dann gibt es einen erneuten Wettbewerb der Großmächte, der die nationale Verteidigung und deren Bedrohung einschließt. Und die Geschichte der Vereinigten Staaten zeigt, dass wir nicht tatenlos zusehen, wenn sich ein solches Umfeld entwickelt. Ich kann also keine Zahlen nennen, aber ich denke, und ich bin persönlich besorgt, dass die Bedrohung zunimmt, und wir müssen in der Lage sein, ihr zu begegnen.“

In der Lage zu sein, der Bedrohung zu begegnen, heißt Waffensysteme liefern und verkaufen zu können, aber auch Logistik, Versorgung und Personal, wie von den privaten Militärfirmen. Im Irak und in Afghanistan waren mitunter mehr Angestellte von Privatunternehmen (contractors) als militärisches Personal. Dass die USA nicht tatenlos zusehen, sondern schnell militärisch intervenieren, verdankt sich auch der intensiven Lobbyarbeit der Rüstungskonzerne und der Tatsache, dass die Türen zwischen den Rüstungskonzernen, der Regierung und dem Pentagon beidseits zum Vorteil der Personen und Unternehmen offenstehen. Überhöhte Preise und Korruption sind fast die Regel. Wie das funktioniert zeigt schon ein Beispiel: Vier der fünf letzten Verteidigungsminister kamen von den großen Rüstungskonzernen,  James Mattis (General Dynamics), Patrick Shanahan (Boeing),        Mark Esper (Raytheon)und der von Biden ernannte Lloyd Austin.

Nach einem Bericht des Costs of War Project gab das Pentagon seit 2001 um die 14 Billionen US-Dollar aus. Davon ging ein Drittel bis zur Hälfte an die Rüstungskonzerne, allen voran an Lockheed Martin, Boeing, General Dynamics, Raytheon und Northrop Grumman. Die fünf Konzerne nahmen in der Zeit 2,1 Billionen US-Dollar an Aufträgen ein. Allein Lockheed erhielt 2020 Verträge im Wert von 75 Milliarden US-Dollar.  Während der 20 Jahre gaben die Rüstungskonzerne 2,5 Milliarden für Lobbyarbeit aus und beschäftigen durchschnittlich 700 Lobbyisten, also mehr als einen für jeden Kongress-Abgeordneten. Die Top-50-Thinktanks wie das Center  for a New American Security (CNAS), das Center for Strategic and International Studies (CSIS) oder die Heritage Foundation erhielten eine Milliarde US-Dollar.

Waffensysteme fördern die „weltweite Verbreitung von Menschenrechten“(Northrop Grumman)

Raytheon CEO Greg Hayes macht die Sicht der Kriegsgewinner deutlicher, die ja ihre Produkte nicht nur dem Pentagon verkaufen, sondern vor allem auch Konfliktparteien – und wenn die Konflikte an Intensität zulegen, fließen die Gewinner besser:

„Wir sehen, würde ich sagen, Möglichkeiten für internationale Verkäufe. Wir müssen uns nur den Drohnenangriff in den Vereinigten Arabischen Emiraten in der letzten Woche ansehen, bei dem einige ihrer anderen Einrichtungen angegriffen wurden. Und natürlich üben die Spannungen in Osteuropa, die Spannungen im Südchinesischen Meer, all diese Dinge Druck auf die Verteidigungsausgaben dort aus. Ich gehe also fest davon aus, dass wir davon profitieren werden.“

 

Natürlich wird auch versucht, die Geschäfte reinzuwaschen. Markant war da die Chefin von Northrop Grumman, Kathy Warden, die Waffenverkäufe als Förderung der Menschenrechte verstanden wissen will. Das soll der Verzicht auf die verpönten Clusterbomben und giftige Munition mit abgereichertem Uran, der bei der Urananreicherung abfällt und durch die Verwendung als  Munition sozusagen entsorgt wird:

„Ich möchte mich klar ausdrücken. Wir sind ein Unternehmen der Verteidigungsindustrie. Wir unterstützen also globale Sicherheitsmissionen, vor allem im Bereich der Abschreckung, aber auch im Bereich der Waffensysteme. Und wir gehen davon aus, dass wir auch weiterhin in diesen Geschäftsbereichen tätig sein werden, da wir der Meinung sind, dass sie die weltweite Verbreitung von Menschenrechten fördern und nicht das Gegenteil. Dennoch haben wir einige Teile unseres Portfolios, über die ich in der Vergangenheit gesprochen habe, wie Streumunition, einer Bewertung unterzogen. Und heute haben wir bestätigt, dass wir aus dem Geschäft mit abgereicherter Uranmunition aussteigen wollen, da wir dieses Geschäft nicht mehr direkt unterstützen wollen.“

Schön auch der Ausdruck „Sicherheitsmissionen“, mit Kriegen hat man nichts zu tun. Ähnlich wie die Nato immer als Verteidigungsbündnis bezeichnet wird, das stets nur reagiert. Wobei es immer gut ist daran zu erinnern, was der erste Nato-Generalsekretär Lord Hastings Lionel Ismay als den Zweck der Nato angab: „Keep the Soviet Union out, the Americans in, and the Germans down.“

Nato-Osterweiterung eine Bonanza für die US-Rüstungskonzerne

Interessant im Zusammenhang mit dem aktuellen Ukraine-Konflikt ist der Artikel „Arms Makers See Bonanza In Selling NATO Expansion“ aus der New York Times aus dem Jahr 1997, als die Zeitung noch kritischer war und noch die Euphorie über das Ende des Kalten Kriegs herrschte, der aber schon Ende der 1990er Jahre mit der unter dem damaligen Präsidenten Bill Clinton und seiner Außenminister Madeleine Albright, gebürtige Tschechin, beginnenden und etwa vom U.S. Committee to Expand NATO propagierten Osterweiterung fortgesetzt wurde.1999 wurden Polen, Ungarn und Tschechien in die Nato aufgenommen, davor war mit dem Kosovo-Krieg bereits klar geworden, dass die Beziehungen mit Russland  mit der Osterweiterung schwierig werden. Das war vielen in den USA auch klar, die davon abrieten wie der Russland-Experte George Kennan. Dagegen war der damalige Senator und jetzige US-Präsident Joe Biden ein Vertreter der Osterweiterung.

1997 war der Präsident des U.S. Committee to Expand NATO Bruce L. Jackson, der auch passenderweise der Direktor für strategische Planung beim noch immer weltgrößten Rüstungskonzern Lockheed Martin war. Die Osterweiterung der Nato, daraus machte Jackson nach der NYT kein Hehl, war für die amerikanischen Rüstungskonzerne die Eröffnung eines riesigen neuen Marktes für ihre Produkte. Die NYT schreibt:

„Auf dem nächsten globalen Waffenbasar stehen Milliarden von Dollar auf dem Spiel: Waffenverkäufe an mitteleuropäische Staaten, die eingeladen sind, der Nordatlantikvertragsorganisation beizutreten. Die Aufnahme in die westliche Bruderschaft wird politisches Prestige mit sich bringen, aber zu einem Preis: die Einhaltung der NATO-Regeln, die westliche Waffen und Ausrüstung erfordern.“

Die Anwärterstaaten kauften schon gerne einmal für Milliarden Waffen, um sich anzubiedern. In den USA herrschte mitunter Zweifel, ob die aufgenommen Staaten wirklich weiter amerikanische Waffen kaufen würden, weil sie dann ja unter Nato-Schutz stehen. Zudem gab es die Sorge, dass die Staaten zu viel Geld in das Militär stecken könnten, was der wirtschaftlichen Entwicklung schaden könnte.

Aber die neu aufgenommenen Staaten hatten zugesagt, den Militärhaushalt weiter zu erhöhen. Hier wird von den USA auch aktuell Druck ausgeübt, denn je mehr Geld für Rüstung zur Verfügung steht, desto mehr geht auch an die USA. Mit der Osterweiterung hat man auch mit dem einseitigen Ausstieg aus dem ABM-Vertrag die Chance entdeckt, die Alliierten unter ein amerikanisches Raketenabwehrschild zu packen, das dann auch gegen Russland in Osteuropa positioniert wurde, und noch mehr abhängig zu machen, was allerdings trotz mancher Erfolge wie in Südkorea, Japan, Rumänien und Polen nicht wirklich gelungen ist, weil dies der Einstieg in eine Rüstungsspirale war und Russland, China und andere Staaten Kurz-, Mittel- und Langstreckenraketen entwickelten, die die amerikanische Abwehr austricksen können. Die letzte Technik sind lenkbare Hyperschallraketen.

Ähnliche Beiträge:

2 Kommentare

  1. Die Zahlen sind ans Obszönität nicht zu überbieten. Um z. B. die WHO zu alimentieren fehlt dann das Geld…

    Das Ganze ist ein Spiel mit dem Feuer. Treibt man es ein wenig zu weit, brennt die ganze Bude ab. Die heutigen Überwaffen dienen eigentlich nur dem Militärkeynesianismus, sie sind nicht zur Nutzung gedacht. Sie sollen ein gewisses Alter erreichen und durch noch ausgeklügeltere, mit noch mehr Technik vollgestopfte, daher noch kostspieligere ersetzt werden. Es sind moderne Pyramiden.

    Wobei der Militärkeynesianismus, der die usa schliesslich aus der Depression herausgeführt hat, ursprünglich nicht auf Dauer gestellt war. Es leuchtet ein, dass keine Wirtschaft es überlebt, wenn ein immer grösserer Anteil vollständig steril ist.

  2. Es geht nur um die Profite des militärisch industriellen Komplexe. Dafür müssen Menschenrechte, die ewige Gefahr aus dem Osten … herhalten. Die Zukunft unserer Kinder ist diesem Regime egal. Der Steuerzahler wird jeden Tag mit neuen Lügen konfrontiert. Die NATO als Verteidigungsbündnis ist der blanke Witz. Unsere öffentlich rechtlichen Hofnarren schüren täglich die Kriegshysterie. Ich bin kein Freund von Putin, aber ich sehe nicht ein, für die nimmersatten Rüstungsaktionäre zu verdampfen. Der Hort der Demokratie, welcher seine Ureinwohner für seine „Freiheit“ ausgerottet hat, kennt nur Kapitulation oder Krieg. Es ist nur traurig, dass der Mehrheit dies schlicht egal ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert