USA: Jagd auf Steuerhinterzieher und Reichensteuer sind im Spiel

Mit Steuererhöhungen für die Reichen und Jagd auf Steuerhinterzieher will Joe Biden seine Sozial- und Investitionsprogramme finanzieren. BIld: Weißes Haus

Was unsere „Zukunftskoalition“ ausschließt, wird von den amerikanischen Demokraten weiter verfolgt: eine Reichensteuer. Das US-Finanzministerium macht darauf aufmerksam, dass die Reichen am meisten Steuern hinterziehen, jährlich 600 Milliarden US-Dollar.

Die Parteien der Ampelkoalition haben beschlossen, der FDP entgegenzukommen und keine neuen Substanzsteuern oder eine Reichensteuer einzuführen, um  die wegen der Corona-Pandemie gemachten Schuldenberge abzutragen, für mehr Gerechtigkeit durch den Abbau der Kluft zwischen Arm und Reich zu sorgen, was ein Mindestlohn von 12 Euro nicht macht, der schon durch die Inflation weggefressen wird, oder Klimaziele zu finanzieren. Eine nicht gerade neue Idee ist, Steuerschlupflöcher zu schließen und mehr Geld in die Staatskassen durch stärkere Bekämpfung von Steuerbetrug und Geldwäsche zu bringen. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans etwa erwartet davon zusätzliche 10 Milliarden Euro. In den USA wollen die Demokraten allerdings beides: eine Reichensteuer und Steuerumgeher jagen.

 

Das US-Finanzministerium berichtet, dass es eine gewaltige Kluft zwischen der Summe der zu zahlenden Steuer und der wirklichen Steuereinnahmen gibt. Jährlich würden etwa 600 Milliarden US-Dollar am Finanzamt vorbei geschafft. Das seien Steuermindereinnahmen von 7 Billionen US-Dollar in den nächsten 10 Jahren.

„Das Steuergefälle kann eine wichtige Quelle der Ungerechtigkeit sein. Das heutige Steuerrecht enthält zwei Regelwerke: eines für normale Lohn- und Gehaltsempfänger, die praktisch ihr gesamtes Einkommen versteuern, und ein anderes für wohlhabende Steuerzahler, die oft einen großen Teil der von ihnen geschuldeten Steuern vermeiden können.“

Allein 160 Milliarden gehen dem Staat an Steuern verloren, die das oberste 1 Prozent nicht zahlt. Die Superreichen sollen 28 Prozent nicht zahlen, bei den ärmsten 20 Prozent sind es 0,5 % oder weniger als 3 Milliarden. Ab den reichsten 80 Prozent steigt der Anteil der umgangenen Steuern. Je reicher die Amerikaner sind, desto besser können sie es vermeiden oder umgehen, Steuern auch tatsächlich zu zahlen. Bei den normalen Lohn- und Gehaltseinkünften entgeht den Finanzbehörden praktisch nicht, die Nichteinhaltungsquote liegt bei 1 Prozent. Sie kann dagegen „bei undurchsichtigen Einkommensquellen, die unverhältnismäßig häufig von Besserverdienenden erzielt werden, wie z. B. Einkommen aus Partnerschaften, Eigentum und Mieteinnahmen, bis zu 55 % betragen“.

Mit verantwortlich wird gemacht, dass die Finanzbehörde IRS personell nicht gut ausgestattet ist und mit veralteter Technik arbeitet. Die Steuerüberprüfungen seien zurückgegangen, in den letzten Jahren stärker bei den Reichen als bei den Angestellten. „Damit der IRS die Steuergesetze gegenüber Großverdienern und Großunternehmen angemessen durchsetzen kann, benötigt er Mittel für die Einstellung und Schulung von Steuerbeamten, die die Tausenden von Seiten ausgeklügelter Steuererklärungen entziffern können. Außerdem braucht er Zugang zu Informationen über undurchsichtige Einkommensströme wie das Einkommen von Eigentümern und Personengesellschaften, die unverhältnismäßig viel Geld an Großverdiener ausschütten.“

Das Finanzministerium geht davon aus, dass in den nächsten zusätzlich 320 Milliarden US-Dollar eingenommen werden können, wenn das Budget über 10 Jahre um 80 Milliarden aufgestockt wird. Mit dem Zugang zu bislang verschlossenen Daten kämen weitere 460 Milliarden dazu. Nach einer Reform kämen noch einmal 1,6 Billionen dazu, weil man besser Steuern einziehen kann. Überprüft müssten die Einkommen über 400.000 US-Dollar werden, d.h. das wäre eine überschaubare Zahl an Steuerzahlern bzw. Steuerumgehern. Die Mehreinnahmen können Milchmädchenrechnungen sein, weil die Heerscharen der Steuerberater, also der Steuervermeider, weiter nach Schlupflöchern suchen und sicher fündig werden und weil die Reichen Möglichkeiten finden werden, sich auch politisch durchzusetzen.

Milliardäre sollen zur Kasse gebeten werden

Ob die Jagd auf die Steuervermeider wirklich umgesetzt wird, muss man sehen. Jetzt haben nach längerem Zögern die demokratischen Senatoren einen Gesetzesvorschlag vorgelegt, um die Milliardäre zur Kasse zu bitten und einen Teil der geplanten Ausgaben von 1,75 Billionen US-Dollar abzudecken. Allerdings könnte der schon am Widerstand des demokratischen Senators Senator Joe Manchin scheitern – oderan Gerichten.

Das Weiße Haus hat auch aufgrund internen Widerstände schon zurückgesteckt, ursprünglich wollte man 3,5 Billionen für Sozial- und Gesundheitsprogramme, Infrastrukturausgaben und Klimaprojekte ausgeben. Die Reichensteuer würde nur wenige treffen, nämlich diejenigen, die mehr als eine Milliarde US-Dollar an Vermögen besitzen oder ein Einkommen von mehr als 100 Millionen im Jahr über drei aufeinander folgende Jahr hinweg erzielen. Das sollen gerade mal 700 Personen sein, aber viele Milliarden einbringen. Die haben seit Beginn der Pandemie ihr Vermögen angeblich um 70 Prozent oder 2,1 Billionen US-Dollar vermehrt. Die Reichensteuer würde so hoch sein wie die Kapitalertragssteuer, also 23,5 Prozent. Unternehmen sollen mindestens 15 Prozent zahlen.

Immerhin, in Capitalism own Country wird erwogen, was die FDP unbedingt verhindern will, die eigentlich in Trump-Manier die Steuern für die Reichen vermindern wollte, weil sie noch immer der alten neoliberalen Ideologie anhängt, dass dann, wenn die Reichen viel Geld haben, dies auch auf die ganze Gesellschaft heruntertröpfelt. Aber davon war noch nie etwas zu bemerken, seit Jahrzehnten geht die Schere zwischen den Reichen und Armen auseinander.

Der Senat hat allerdings schon den Besteuerungsvorschlag des Repräsentantenhauses unterboten. Der hat vorgesehen, die Einkommenssteuer von 37 auf 39,6 Prozent für diejenigen zu erhöhen, die mehr als 400.000 US-Dollar jährlich verdienen. 3 Prozent müssten diejenigen bezahlen, die ein Einkommen von mehr als 5 Millionen im Jahr haben. Die Unternehmenssteuer sollte von 21 Prozent auf 26,5 Prozent angehoben werden.

Aber es nützt vermutlich wenig, die Steuern zu erhöhen, wenn nicht gleichzeitig mehr und schärfere Steuerprüfungen bei den Reichen und den Unternehmen durchgeführt werden. Symbolisch ist die Reichensteuer allerdings schon. Sie setzt ein politisches Zeichen, die Kluft zwischen Arm und Superreich nicht weiter verstärken, sondern reduzieren zu wollen, auch wenn es vermutlich kaum etwas ändern wird. Aber in Deutschland hat die „Zukunftskoalition“ nicht einmal den Mut zu dieser Symbolik.

Wie stark Finanzminister Scholz die Steuerüberprüfung der Reichen verstärkt hat, ist fraglich. Im Wahlkampf wurde das dem Ministerium unterstehende Verhalten der Financial Intelligence Unit (FIU) bemängelt, zu wenig gegen Steuerbetrug und Geldwäsche vorzugehen. Ob das unter einem Kanzler Scholz und eventuell einem Finanzminister Lindner anders wird, kann bezweifelt werden. Allerdings erklärte die FIU kürzlich, dass die Verdachtsmeldungen 2021 eine Rekordhöhe erreichen werden, entscheidend wäre aber eher, welche Erfolge erzielt wurden.

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