Havanna-Syndrom: US-Regierungsangestellte sehen sich durch Akustik- oder Mikrowellenwaffe bedroht

Das amerikanische Active Denial System (ADS), das mit Mikrowellen starke Schmerzempfindungen erzeugt. Bild: DoD

Die selbst erklärte Weltmacht USA schwächelt. Und während des Schwächelns scheint sie bedroht zu sein von einer geheimnisvollen Attacke auf ihre Mitarbeiter im Ausland, die seltsame Symptome entwickeln.

Während die USA selbst angeblich von Desinformationskampagnen heimgesucht wird, die die Stabilität des Landes und seiner demokratischen Institutionen untergraben würden, werden Amerikaner, die etwa in Botschaften im Ausland arbeiten, Geheimdienstmitarbeiter und Militärs zunehmend angegriffen – und ausgerechnet auch noch im Gehirn.

Es heißt das Havanna-Syndrom, weil zuerst Botschaftsangehörige in Kuba 2016 Krankheitssymptome berichteten, die sich nicht erklären ließen. Sie hörten seltsame Geräusche und hatten körperliche Probleme wie Kopfweh, stechende Ohrenschmerzen, Tinnitus, Sehstörungen, große Müdigkeit, Schwindel und Gehschwierigkeiten. Das FBI wurde eingeschaltet, vermutet wurde eine Akustik- oder Mikrowellenwaffe. Kuba wies die Anschuldigung zurück, aber es könnten ja auch die Russen sein, die ihre Desinformation- und Hack-Kampagnen nun mit einer mysteriösen Waffe fortsetzen, um Amerikaner zu vertreiben.  Vielleicht handelt es sich auch nur um eine Folge der Paranoia, wenn sich Amerikaner in Ländern unerwünscht fühlten, obwohl sie doch von God’s own country stammen und Botschafter des Guten sind.

Es gab Anhörungen im Kongress. Dann traten auch Vorkommnisse in China auf. Es wurden Theorien aufgestellt, dass die Symptome möglicherweise auf Ultraschall-Geräte zurückzuführen seien, die eingesetzt würden, um Botschaften abzuhören. Andere meinten, es würde sich um Mikrowellenwaffen handeln.

Bei Untersuchungen der Betroffenen kam eine in JAMA 2018 veröffentlichte  Studie zum Ergebnis, dass eine Schädigung von „weitläufigen Gehirnnetzwerken“ vorliege, was einer Gehirnerschütterung ähnlich sei. Ein Mitautor vermutete als Ursache Mikrowellen. Ein 2020 veröffentlichter Bericht der National Academies of Sciences, Engineering, and Medicine vermutete ebenfalls Mikrowellenwaffen (directed pulsed RF energy), es könne sich aber auch um einen persistierenden postural-perzeptiven Schwindel ( Persistent Postural-Perceptual Dizziness – PPPD) handeln.

Die Gesundheitsbehörde CDC kam in einem Bericht (2019), der unter Verschluss gehalten und an Medien durchgestochen wurde, zum Schluss, dass Symptome einer neuronalen Verhaltensstörung vorliegen, deren Ursache aber unbekannt ist: „The evaluations conducted thus far have not identified a mechanism of injury, process of exposure, effective treatment, or mitigating factor for the unexplained cluster of symptoms experienced by those stationed in Havana.“ Damit war die Bedrohung eigentlich auch von Seiten der USA in sich zusammengefallen, die Kubaner hatten bereits nach möglichen Ursachen in der Umgebung der Botschaft gesucht und nichts gefunden, die US-Regierung verweigerte aber eine Zusammenarbeit. Das US-Außenministerium zog die meisten Botschaftsmitarbeiter aus Kuba  ab und schob 15 kubanische Diplomaten aus den USA ab. Am ehesten wahrscheinlich ist eine Art Massenhysterie, von der Psychologen und Soziologen ausgingen.

Aber die Biden-Regierung setzt die Untersuchung fort, wie CNN berichtete, man vermutet nicht die Kubaner, sondern – wie auch anders? – die Russen dahinter und geht weiterhin von einem Angriff mit Mikrowellenwaffen aus. Die CIA stellte Ende 2020 eine Arbeitsgruppe zusammen, weil angeblich 2020 auch Mitarbeiter angegriffen wurden. Der CIA-Mitarbeiter Marc Polymeropoulos an der amerikanischen Botschaft in Moskau war 2017 erkrankt und erhielt Anfang 2021 die Diagnose „Gehirntrauma, Schlaf- und Angststörung“. Demokratische Kongressabgeordnete verdächtigen die Trump-Regierung, nicht entschieden gegen die Russen vorgegangen zu sein, Untersuchungen seien von Beginn an schlampig geführt worden.

Aber es waren auch Fälle auf US-Territorium eingetreten, die das Bild etwas schwieriger machen. Ein Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrats war vor dem Weißen Haus und eine Mitarbeiterin des Weißen Hauses in Virgina beim Ausführen ihres Hundes „angegriffen“ worden.

Inzwischen hat der Nationale Sicherheitsrat unter Joe Biden die Untersuchung übernommen, was auch heißt, man geht davon aus, dass es Angriffe mit noch unbekannten Waffen gegeben haben könnte. Man könnte ja auch zur Meinung kommen, dass sich Vertreter der amerikanischen Regierung unwohl fühlen konnten, ihre Regierung zu repräsentieren, vor allem unter Donald Trump, unter dem gegen Kuba nach Obamas Versöhnungskurs wieder ein harter Gang eingelegt wurde. Aber es handelt sich auch nur um die 130 Betroffene. Die eher paranoid anmutende Bedrohungskulisse wird dadurch verstärkt, wenn angeblich auch Regierungsmitglieder in den USA  angegriffen werden sollen. Soll den Regierungsangehörigen ihr Job vermiest werden?

Ein Anwalt, der an dem mysteriösen Syndrom Erkrankte vertritt, sagt, er habe NSA-Dokumente erhalten, nach denen ein „feindliches Land“ bereits Ende der 1990er Jahre eine Mikrowellenwaffe entwickelt habe, „um einen Feind über die Zeit zu schwächen, zu ängstigen und zu töten“. Suggeriert wird, dass es einen Gegner gibt – vornehmlich Russland -, der Regierungsmitarbeiter bedroht. Die Paranoia scheint unter Biden wieder aufzublühen.

Schützenhilfe kommt vom Guardian, der führende amerikanische Wissenschaftler zitiert, die sagen, China und Russland hätten wahrscheinlich  in ein Fahrzeug passende Mikrowellenwaffen entwickelt, die die Symptome des „Havanna-Syndroms“ verursachen könnte. In den USA sei zwar im Auftrag der Marine ein Prototyp einer solchen  Waffe hergestellt worden  (Medusa), mit der man Menschen zeitweise bewegungsunfähig machen kann. Das sei auch mit Tonimpressionen einhergegangen. Das Projekt sei aber wegen moralischer Bedenken eingestellt werden, die Amerikas Gegner, allen voran Russland und China, nicht hätten.

Allerdings wurde vom Pentagon auch das Active Denial System entwickelt, Raytheon bietet eine kleine Version als Silent Guardian an. Hier wird mit Mikrowellen heftiger Schmerz auf der Haut erzeugt, der Menschen zur Flucht zwingt. Und dann gibt es noch das Long Range Acoustic Device (LRAD), das auch als Akustikwaffe eingesetzt werden kann.

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